Alle Artikel in: Kurzrezensionen

Wäscher – Pionier der Comics

Hansrudi Wäscher kommt in hohem Alter zu seinen Ehren. Für sein Lebenswerk erhielt er letztes Jahr einen Max-und-Moritz-Preis und dieses Jahr mit mittlerweile 81 Jahren den PENG!-Preis auf dem Comicfestival München; beide nahm er persönlich entgegen. Aus Anlass der letzteren Auszeichnung hatte Festivalleiter Gerhard Schlegel 42 der momentan erfolgreichsten deutschsprachigen Zeichner versammelt, um dem „Pionier der Comics“ in Deutschland Tribut zu zollen. Der Katalog zur Ausstellung enthält neben den Exponaten Vorworte von Gerhard Schlegel und Gerhard Förster (Wäschers Laudator beim PENG!) sowie ein Nachwort von Wäschers neuem Verleger Hartmut Becker. Seine vielen großen Momente hat dieser Katalog, wenn sich die Zeichner von liebevoll über verspielt bis neckisch mit Wäschers Werk auseinandersetzen, seine Figuren neu interpretieren oder aber auf die Bedeutung eingehen, die seine Comics damals für die Kinder hatten. Dies führt jeweils zu sehr schönen und abwechslungsreichen Beiträgen. Des öfteren wurde auch das Konterfei oder gar komplett der Geehrte selber in die Zeichnungen eingebaut. Allerdings irritierten mich einige wenige Beiträge, die auf mich entweder uninspiriert oder für eine Hommage unpassend erschienen. Ein insgesamt aber wunderbares, …

DC Premium 60: Joker

Es ist ja in Zeiten, da Comicverfilmungen boomen, keine Seltenheit, dass etablierte Figuren quasi ein Neudesign erhalten und sich auch im Comic der Kinoversion anpassen. Meistens beschränkt sich dies jedoch auf das Äußere – man denke an die X-Men in schwarzen Latexkostümen oder den neuen Dr. Octopus ohne Topfschnittfrisur. Und meist wird solch eine Änderung auch schnell wieder rückgängig gemacht und das altbewährte Design kehrt schleichend zurück. Im Falle von Brian Azzarellos und Lee Bermejos Comic mit dem schlichten Titel Joker, für das der Erzfeind Batmans das aus The Dark Knight bekannte Aussehen erstmalig auch in Comicform verpasst bekommt, fragt man sich eher: Warum hat man im Comic nicht schon immer auch diesen Joker verwendet? Denn Azzarello gelingt es tatsächlich, den Wahnsinn des psychopathischen Verbrechers so in seine Geschichte zu transportieren, wie ihn Heath Ledger im Kino verkörpert hat. Die Story kommt fast komplett ohne Batman aus. Aus der Perspektive von Jokers neuestem Handlanger wird erzählt, wie der aus Arkham entlassene Clown sich seine Stadt zurückerobern will. Gestik, Mimik, die ganze unberechenbare Irrationalität der Figur …

100% Marvel 40: Die Zwölf 1

So muss eine gut erzählte Superheldenstory sein. J.M. Straczynski (Rising Stars, Thor) und Chris Weston (The Invisibles, The Filth) erwecken eine Gruppe von zwölf Superhelden des Golden Age erneut zum Leben und das gleich im wahrsten Sinne des Wortes, denn die unbekannten Kostümträger wurden von Nazis während des Zweiten Weltkrieges tiefgefroren und jetzt, 60 Jahre später werden sie von der US-Regierung aufgetaut und erneut in den Kampf um ihr Vaterland geschickt. Dass hierfür frische, unverbrauchte, teils skurrile Charaktere zu Tage gefördert wurden, tut dem Zwölfteiler, dessen erste Hälfte in diesem Band abgedruckt ist, durchaus gut, denn die Erforschung der einzelnen Gruppenmitglieder, ihrer Psychosen, Einstellungen und Hintergründe macht einfach Spaß und wird einem von Straczynski eindrucksvoll nähergebracht. Zudem zeichnen sich Westons Bilder sowohl durch Detailtreue als auch durch einen nostalgischen Charme aus. Alles in allem ein Zweiteiler, der aus der aktuellen Marvelschiene herausragt. Auf die Fortsetzung wird man allerdings noch warten müssen, da die Serie in den USA nach dem neunten Heft für unbestimmte Zeit pausieren musste. 100% Marvel 40: Die Zwölf 1 Panini Comics, Februar …

Charlatan Ball (US)

Mit US-Autor Joe Casey und mir ist das so eine Sache. Ich mag seine Comics sehr, aber ich bin auch der erste, der zugibt, dass diese oft nicht besonders gut und manchmal sogar schlecht sind. Charlatan Ball, gezeichnet von Andy Suriano, ist auch wieder so ein schwieriger Fall. Qualitativ liegt der Comic insgesamt im oberen Mittelmaß, aber ich finde ihn trotzdem klasse. Die Hauptfigur ist Chuck Amok, ein glückloser Zauberkünstler, der durch mysteriöse Umstände plötzlich von einer kosmischen Instanz auf eine Reise über mehrere Dimensionen geschickt wird. Grund: Chuck, der es bisher nicht einmal fertig bringt, ein ordentliches Karnickel aus dem Hut zu ziehen, soll an einem Wettstreit der Zauberer teilnehmen. Stilistisch ist das ganze Gødland, einer weiteren Casey-Eigenschöpfung die zurzeit bei Image erscheint, nicht unähnlich: Auch Surianos Zeichnungen erinnern stark an die Jack Kirbys. Und die Erzählweise steht der von Gødland in Sachen Wahnwitz in nichts nach. Charlatan Ball, könnte man sagen, ist sowas Steve Ditkos „Doctor Strange“ auf Anabolika, gemischt mit Alice im Wunderland auf LSD, oder umgekehrt. Ein übergroßer, gebildeter aber latent gewalttätiger …

Der Schimpansenkomplex 3 – Zivilisation

Was könnte ich noch über den Abschlussband dieser hochwertigen, dreiteiligen Reihe sagen, was ich nicht bereits erwähnt habe (Rezension Band 1, Band 2)? Nun, vielleicht soviel: Das Mysterium, das Astronautin Helen Freeman in den Weiten des Weltalls aufzudecken versucht, wird auch zum Ende hin nicht gänzlich fassbar. So viel Spannung wie dieser Comic aus seinem Mystery-Charakter bezieht, so verwirrt lässt er den Leser dann zurück. Darüber kann man aber auch nicht wirklich traurig sein, denn alle drei Bände verfolgen jeweils eine leichte veränderte Ausrichtung, so dass es einem selbst überbleibt, wie man die Teile zusammenfügt. Lieber einige offen Fragen nach der Lektüre als eine enttäuschende Auflösung, das scheint durchaus Sinn zu ergeben. Das Szenario von Richard Marazano und die Zeichnungen von Jean-Michel Ponzio sind schlichtweg brillant. Jetzt, da alle drei Bände vorliegen, kann ich wirklich sagen, dass Der Schimpansenkomplex eine der wenigen Comicreihen in den letzten Jahren ist, bei deren Lesen ich von Anfang bis Ende begeistert und gespannt die nächste Seite aufgeschlagen habe. Ist es nicht die beklemmende Weltraumatmosphäre, dann sind es spätestens die …

Star Trek – Countdown

Im Zuge der aktuellen Neuinterpretation des Star-Trek-Franchises veröffentlicht Cross Cult rechtzeitig den passenden Comic. „Countdown“ präsentiert die exklusive Vorgeschichte des neuesten Kinostreifens und erzählt, wie Bösewicht Nero zu dem Schurken wurde, der er im Film ist, was ihn antreibt und wie er in die Vergangenheit reisen konnte. Eigentlich also ein spannendes Vorhaben, dem man sich hier verschrieben hat. Zudem ist die Handlung acht Jahre in die Zukunft verlagert (vom letzten Film aus gesehen), was zusätzlich Potenzial bietet: Es kommt zu einem Wiedersehen mit der alten Next-Generation-Crew; Picard ist jetzt Botschafter, Data ist Captain der Enterprise und auch Worf und La Forge bekommt man bei neuen Aufgaben zu sehen. Leider krankt der Versuch, damit die Brücke zum aktuellen Streifen zu schlagen, zum einen genau an diesen oftmals nicht nachvollziehbaren Auftritten, zum anderen an der schlecht konzipierten Hintergrundgeschichte Neros. Dabei ist es schon fast eine Kunst, die Story trotz spektakulärer Verwicklungen so verzichtbar zu gestalten. Beliebig erscheinen dann auch die Bilder des italienischen Zeichners David Messina, der deutliche Perspektiv- und Ausdrucksprobleme besitzt. Was bleibt, ist der Eindruck, dass …

Zebra 17

Zebra, „das anspruchsvolle deutsche Comic-Magazin“, galoppiert nun seit mehr als unglaublichen 25 Jahren durch die lokale Comicsavanne, was es neben (dem häufiger erscheinenden) Plop zum langlebigsten deutschen Fanzine macht. Dieses Durchhaltevermögen verlangt natürlich erstmal eine Runde Respekt ab. Für die 52 Seiten der Jubiläumsausgabe, die letztes Jahr erschien, haben neben dem gesammelten Zebra-Gründungsteam Ludwig Kreutzner, Georg W. Berres, Bill GoGer und Rudolph Perez auch eine ganze Reihe anderer Zebra-erprobter Zeichner wie Haggi und Haimo Kinzler Comics beigesteuert. Die Comicbeiträge sind routiniert mit wenigen Ausreißern nach oben (Oliver Ferreiras Dreiseiter!) und unten (Martin Frei, zwei Seiten für diese Pointe?); das Fleißkärtchen gibt es für den umtriebigen Rudolph Perez, der mehr als ein Drittel der Comicseiten beigesteuert hat – mit ein paar wirklich schön abstrusen Einfällen, die aber auf den teils arg textlastigen und mit Mini-Panels überfüllten Seiten manchmal etwas unterzugehen drohen. Der Mann braucht offenbar noch mehr Platz zum Austoben. Optisch kommt das Heft, abgesehen vom neuerdings farbigen Cover, auch heute noch in gewohnt gewollter Schlichtheit daher, was langjährige Fans wahrscheinlich erfreut. Doch angesichts der Tatsache, …

Sleeper 2: Die Schlinge zieht sich zu

Holden Carver, der gestrandete Agent, der nach dem Tod seines einzigen Kontaktmannes John Lynch im Verbrechersyndikat des Superschurken Tao festsitzt, erhält eine Botschaft von einer Person, die möglicherweise die Fahrkarte aus seiner Misere bereithält. Doch kann er dieser Person trauen? Und was passiert, wenn Tao herausfindet, dass einer seiner besten Männer ein Spion ist? Die Luft für Carver wird immer dünner, bis er sich im Finale schließlich seinem gerissenen Boss und seinem eigenen Gewissen stellen muss. Ed Brubaker setzt seinen Wildstorm-Thriller so rasant fort, wie er Band 1 beendete. Seit langem fand ich keine vergleichbare Reihe so spannend wie Sleeper. Das liegt zum einen an Brubakers Plot, der reich an Wendungen und Cliffhangern ist, aber auch an Sean Phillips (ein Interview mit ihm ist diesem Band enthalten), dessen düsterer Zeichenstil der Atmosphäre vollends gerecht wird. Rückblenden von Tao und Carvers Kollegen Genocide erweitern ein überraschendes Gesamtbild und vertiefen die Beziehung, die der Leser empfindet. Sleeper bleibt eine fast perfekte Comicserie, auf deren weitere zwei Fortsetzungen man sich freuen kann. Sleeper 2: Die Schlinge zieht sich …

Sleeper 2: Die Schlinge zieht sich zu

Irgendwie ist Ed Brubaker da angekommen, wo er hingehört: Auf der Erfolgswelle. Vom Talent des Autors zeugt auf Deutsch neben der fabelhaften Serie Criminal im Augenblick die Sleeper-Reihe bei Cross Cult. Obwohl Brubaker auch Superhelden macht (Welcher erfolgreiche US-Szenarist eigentlich nicht?), schlägt sein Herz schon immer für Kriminalstories. Schnörkellos und ohne Pathos geht es da zur Sache, so auch in Die Schlinge zieht sich zu. Hauptfigur Holden Carver ist es gelungen, sich in die Verbrecherorganisation des Superschurken Tao einzuschleusen. Als Doppelagent spielt er ein gefährliches Spiel, das noch gefährlicher wird, als er versucht auszusteigen. Dabei muss er sich auf fremde Ermittler verlassen, die bestochen worden sein könnten. Denn sein ehemaliger Kontaktmann Lynch hat das Zeitliche gesegnet und kann ihm nicht mehr helfen. Gewürzt mit einer Prise Sex und Superpower kreist Die Schlinge zieht sich zu um die Frage nach der persönlichen Identität, ein altbekanntes Thema in Verbindung mit Doppelagenten. Wer bin ich, wenn alle sagen, ich sei ein Verbrecher? Eine Top-Story, nicht überästhetisiert wie Sin City, sondern realistisch, rau und glaubwürdig. Am besten zu lesen …

Ultimates 3

Vor dem Erscheinen so mancher Comics hat man zwar seine Zweifel, ob sich eine Anschaffung lohnen wird, aber greift dann doch zu, weil man auf ein zufriedenstellendes Leseerlebnis hofft. Im Falle von Ultimates 3 wurden meine ohnehin schon geringen Erwartungen noch unterboten. Der Band ist nicht das dritte deutsche Paperback der Ultimates (die Rächer-Version des „Ultimativen Universums“ von Marvel, die zuvor Die Ultimativen genannt wurden), sondern versammelt das komplette Volume 3 der US-Reihe und steht damit eigenständig. Jeph Loeb und Joe Madureira beerben hierbei als neues Kreativduo die kongenialen Mark Millar und Bryan Hitch, sie können aber qualitativ in keinster Weise an die beiden heranreichen. Loeb, der ohnehin seit längerer Zeit eher unterdurchschnittliche Superheldenkost abliefert, ersann eine grausige Story um vermeintliche Spannungselemente wie einen sinnlos wütenden Venom, Geschwisterliebe, ein Sex-Video und Auftritte von Wolverine und Spider-Man. Was den Leser aber ohnehin wenig kümmert, weil die fadenscheinige Handlung neben den ausufernden Bildern des wiedergekehrten Joe Madureira (Battle Chasers) zum Beiwerk verkommt und so mehr Platz für die actionlastigen Szenen in Halb-Mangaoptik herrscht. So empfehlenswert Vol.1+2 von …