Monate: August 2009

Black Orchid

Black Orchid wird wahrscheinlich so ein Comic sein, der im Laufe der Zeit immer wieder vergessen wird. Denn spricht man über Neil Gaiman, den Autoren des Comics, wird wohl meistens sein Hauptwerk The Sandman genannt. Spricht man über den Zeichner Dave McKean, redet man plötzlich über dessen Hauptwerk, Cages, meinetwegen auch über Arkham Asylum oder seine Mitarbeit an The Sandman. Aber selten über Black Orchid. Black Orchid wird vergessen, vielleicht nicht ohne Grund, schließlich ist die Hauptfigur, eine Superheldin, halb Mensch, halb Pflanze, nicht besonders zugkräftig. Und dennoch: Für Gaiman und McKean war Black Orchid ein wichtiger Comic. Denn als der Dreiteiler 1989 erstmals bei DC Comics erschien, waren Gaiman und McKean noch nicht die Comic-Größen, die sie in den Neunzigern werden sollten. An Black Orchid kann man heute noch sehen, was für ein großes kreatives Potential da noch unentdeckt schlummerte. Und wohin sich der Superhelden-Comic hätte bewegen können. Der Kampf zwischen Lex Luthor und Black Orchid ist da kaum mehr als ein Gerüst, das eine Geschichte über Einsamkeit, Erinnerung, Liebe und Verzweiflung trägt. Manchmal …

Thorinth 1: Der Narr ohne Namen

 Nicolas Fructus legt mit Thorinth, bei dem er sowohl die textliche als auch die zeichnerische Arbeit übernimmt, seine erste Comicreihe überhaupt vor. Herausgekommen ist, wie Band 1 bereits zu belegen weiß, ein reichlich verschrobenes Werk, das keine ungewöhnlichen Themen scheut. Aber kann diese Debutserie auch überzeugen? Letztlich nicht ganz. Der Hauptgrund dafür ist das sich steigernde Verstricken in eine wirr erscheinende Handlung.

Northlanders 1 – Sven, der Verräter

Brian Wood (DMZ, Demo) startet mit Northlanders ein neues Comicprojekt für das Vertigo-Label. Glücklicherweise gelingt es ihm auch diesmal, die spezielle Thematik eindrucksvoll als Autor zu gestalten. Angesiedelt ist die Serie im Zeitalter der Wikinger, Band 1 (im Jahr 980 spielend) erzählt in acht Kapiteln von Krieg, Verrat und Ehre: Sven, der in Konstantinopel zum Krieger ausgebildet wurde, kehrt nach dem Tod seines Vaters in seine Heimat zurück, um dort die Thronfolge anzutreten. Doch sein Onkel Gorm macht ihm dieses Erbe streitig, was Sven zu einem langen Rachefeldzug veranlasst. Was sich auf dem Backcover noch reißerisch mit den Worten „Härter als Conan und blutiger als 300“ ankündigt, ist im ersten Sammelband tatsächlich ein martialisches und gewaltiges Kampfspektakel. Dazwischen herrschen aber auch die leisen, besinnlichen Töne vor, mit denen Brian Wood die Hauptfigur Sven umfassend und vielschichtig zu charakterisieren weiß. Damit beginnt die Vertigo-Reihe Northlanders als unterhaltsames und kluges Werk vor historischem Hintergrund. Richtig gut gefallen haben mir auch die Zeichnungen des italienischen Künstlers Davide Gianfelice, der in einem mattierten Grundton sowohl Blutspritzer im Gefecht als …

Interview mit Fritz Saalfeld

 Einer der größten US-Comicverlage, DC Comics, hat seit geraumer Zeit eine Online-Präsenz, die sich Zuda Comics nennt. Unter anderem wird dort ein monatlicher Wettbewerb veranstaltet, an dessen Ende dem Sieger mit den meisten Leser-Stimmen die bezahlte Veröffentlichung seines Webcomics winkt.
Comicgate-Mitgründer Fritz Saalfeld hat die Auswahlrunde durch die Zuda-Redakteure bestanden und präsentiert momentan den Anfang seiner Geschichte If You See The Hills im August-Wettbewerb.
Im Interview erzählt uns Fritz vom Wettbewerb und seinem Comic, und wir sprechen allgemein über Webcomics.

Marvel Max 29: Legion of Monsters

Ganz schön gruselig, dieser Band, der allen möglichen Horrorfiguren Marvels eine neue Plattform bietet. Enthalten sind alle vier One-Shots (jeweils mit zwei Geschichten) des Projektes Legion of Monsters aus dem Jahre 2007, sowie ein Nachdruck von Marvel Premiere #28 von 1976, das thematisch perfekt in das Horrorschema passt.Eine ganze Riege Zeichner und Autoren hat sich dafür zusammengefunden, darunter auch etliche bekannte Namen. So machen allein schon Zeichnungen von z.B. David Finch, Michael Gaydos, Ted McKeever oder Skottie Young so manche Erzählung zu einem echten Kleinod. Abgesehen davon bietet sich einem in den acht Stories (plus Classic-Story) ein bunter Mix quer durch alle möglichen Zeichenstile, der einfach nur Spaß macht. Inhaltlich lässt sich nur so viel verraten, als dass sämtliche namhaften Monster des Marvel-Kosmos ihre eigene Episode gewidmet bekamen, es gibt also ein Wiedersehen mit Morbius, Man-Thing, Dracula, Werewolf by Night oder Frankensteins Monster, um nur einige zu nennen. Herrlich nostalgisch dagegen ist die erwähnte Classic-Story aus den 70ern. Die abgedrehte Handlung bezieht sich auf ein frühes Team-Up von Morbius, Man-Thing, Werewolf und dem Ghost Rider, …

Helden ohne Skrupel 9: Östlich von Roswell

 Finix, der Verlag, der sich eingestellter bzw. nicht abgeschlossener Comicserien annimmt und diese zu Ende bringt, hat sich mit Helden ohne Skrupel mal wieder einen Titel ausgesucht, der viele Fans der vorherigen Alben freuen dürfte. Bislang sind von dieser Reihe zwischen 2001 und 2003 elf Alben im Carlsen Verlag erschienen, neben den regulären Nummern 1-8 gibt es eine Nullnummer sowie die Ausgabe 5 in drei Varianten (5a – 5c weisen nicht nur unterschiedliche Covermotive auf, sondern bieten auch alternative Enden). Erwähnenswert ist darüber hinaus auch der Comic Die Weiße Tigerin vom selben Kreativteam, von dem bei Schreiber&Leser seit 2008 vier Alben veröffentlicht wurden. Sie behandeln die Vorgeschichte von Alix Yin Fu, einer Geheimagentin, die in Helden ohne Skrupel eine wichtige Rolle spielt.

Aufzeichnungen aus Birma

 Aufzeichnungen aus Birma ist der dritte Teil der Trilogie von Guy Delisle, die mit autobiografischen Berichten aus dem chinesischen Shenzhen und dem nordkoreanischen Pjöngjang begann. Und es scheint mir das Dickste und Beste der Drei zu sein! Von daher meine empfohlene Lesereihenfolge 1. Birma, 2. Pjöngjang, 3. Shenzhen.

Gustav und Albo vom Aldebaran

 Kein Comic, sondern ein klassisches Bilderbuch für kleinere Kinder, aber für uns trotzdem interessant, denn Autor und Zeichner sind im Comicland keine Unbekannten: Die Story stammt von Haimo Kinzler (Herr Wüttner, Krigstein), die Zeichnungen von Leo Leowald (Zwarwald). Gemeinsam erzählen die beiden eine liebevoll-schräge Geschichte von einem außerirdischen Besucher.

Unter dem Hakenkreuz 1: Der letzte Frühling

 Das erste Comicalbum der Reihe Unter dem Hakenkreuz porträtiert das Leben der Menschen in einer rheinischen Kleinstadt zu Zeiten der sich in der Endphase befindlichen Weimarer Republik. Im Mittelpunkt der 1932 einsetzenden Handlung steht der Jugendliche Martin Mahner, der im Gegensatz zu seinem Vater dem Aufstieg der Nationalsozialisten skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. Dann gibt es da noch Gunther, seinen besten Freund und eigentlich eine politisch wenig interessierte Persönlichkeit. Martin, der kulturbegeisterte Schüler, bekommt aber spätestens ab der Machtübernahme Hitlers 1933 hautnah mit, dass sich die Windrichtung auch in seinem Heimatort gedreht hat: ein Boykott jüdischer Geschäfte wird ausgerufen, SA-Männer kontrollieren die Straßen und auch Gunther scheint an der Nazi-Ideologie zunehmend Gefallen zu finden. Am meisten trifft ihn aber sicherlich die Tatsache, dass Katharina, die Tochter der neuen Nachbarn, auf die Martin ein Auge geworfen hat, jüdischer Herkunft ist und deswegen entsprechend in Gefahr lebt.

Paralleluniversum 2 – Quantenschaum

Ivo Kircheis veröffentlicht bereits seit über drei Jahren – früher täglich, nun wöchentlich – auf paralleluniversum.net  Comicstrips, aktuell sind es 447 an der Zahl. Oft stehen die einzelnen Folgen im Zusammenhang und es tauchen immer mal wieder etablierte Nebenfiguren auf. In den Paralleluniversum-Alben werden die Folgen dann gesammelt und gedruckt. Der zweite Band „Quantenschaum“ (nach „Urknall“, für den es eine lobende Erwähnung im Rahmen des ICOM Independent Comic Preises 2009 gab) ist im Frühjahr erschienen und wieder absolut lesenswert. Vom Format und dem autobiografischen Ansatz her wird hier zwar nicht das Rad neu erfunden, aber Ivos gnadenlose Selbstdarstellung, die ihm nicht immer zu seinem Vorteil gereicht, ist wahnsinnig sympathisch. Das Besondere an seiner Arbeit machen aber für mich zwei Dinge aus: erstens die für Comicstrips zum Teil sehr detaillierten und schön getuschten, schraffierten Zeichnungen. Und zweitens eine Achterbahnfahrt, was die Themen und vor allem den Tenor der einzelnen Folgen betrifft. Denn nicht nur von seinen Leben und seinem Familienalltag mit zwei Kindern erzählt Ivo, sondern zwischendrin auch gerne mal vom Welttoilettentag, von der fliegenden Kuh …