Die falschen Gesichter
David B. gilt als einer der größten Neuerer des Comics. Jetzt liegt mit Die falschen Gesichter ein Band vor, der schon rein konzeptuell etwas überrascht. Schließlich ist er eine reine Kriminalgeschichte, ein „Neo Noir“, wie auf der Buchrückseite behauptet wird. Das schürt natürlich die Neugier, denn ein Erneuerer, der sich eines klassischen Genres annimmt, zusammen mit einem Zeichner, der gerne absurde Ideen einbringt, verspricht einen etwas anderen Zugang.

Christian de Metter hat ja mit Romanbearbeitungen schon einige Erfahrungen sammeln können. So setzte er bereits Shutter Island und Swinging London in Bilder um. Mit Scarface nimmt er sich nun eines Klassikers des Gangsterromans an, der schon sehr bald nach seinem Erscheinen in den 1920ern sehr einflussreich geworden ist.
Eine „Retro-Utopie voller Blut und Liebreiz“ kündigt der Untertitel auf dem Cover an, und der Schmutztitel beschwört „Eine Fantasie“: Ist Grandville von Bryan Talbot also ein ganz und gar ungewöhnlicher Comic? Eigentlich nicht, diese Untertitel sind vielmehr Teil der akribischen Buchgestaltung, mit der der britische Comicveteran dieses Album zu einem Objekt machen möchte, das selbst aus der retro-futuristischen Steampunkwelt stammen könnte, in der die Geschichte spielt.
Vampire tragen ihren Beinamen „die Untoten“ mit Recht. Richtig verschwunden waren sie in der Popkultur nie, aber gerade in den letzten Jahren haben sie nun wahrlich einen enormen Boom erlebt. Sei es in Romanen, in Filmen oder in Comics: Vampire sind wieder en vogue, nicht zuletzt durch verkitschte Romantisierungen à la Twilight. Angesichts dessen und der langen, nicht nur popkulturellen, Tradition dieses Themas fragt man sich, ob es überhaupt noch möglich ist, den Blutsaugern noch neue Facetten abzuringen. Doch dem Franzosen Georges Bess gelingt das in seiner Alben-Trilogie durchaus.
Die Werkausgabe des modernen Klassikers Jessica Blandy geht in die nächste Runde. Kaum vorstellbar, dass beim ersten Anlauf nur ein einziger Band der frankobelgischen Serie als Einzelabenteuer in Deutschland erschienen ist, und zwar „Enola Gay“ 1992 im Ehapa Verlag. Wie schön, dass sich Schreiber & Leser mit seinem Label Alles Gute einen langen Atem bewahrt hat. Diesmal sind drei Abenteuer enthalten, bei denen jedes für sich gelesen werden kann.
Zugegeben, das Cover der neuen Serie Ravermoon erinnert zunächst an die übliche Heroic Fantasy, von der der Markt doch ziemlich überlaufen ist und die nach einem recht einfachen Prinzip funktioniert: Ein waffenstarker Held oder Heldin wird in Abenteuer verstrickt. Der muskelbepackte Held oder die wohlproportionierte Heldin sind im Grunde ein Äquivalent des einsamen Westernhelden. Clint Eastwood hat mal in einem Interview in schöner Selbstironie auf die Frage geantwortet, wie er seine Western plant: „Ich reite in eine Stadt. Der Rest ergibt sich.“
Es ist nur folgerichtig, dass der Verlag Schreiber & Leser im Zuge des übergreifenden Trends zu Comic-Gesamtausgaben, versucht sich sein Stück vom Kuchen zu sichern. Dafür schickt er die größeren Zugpferde seines Programms nach und nach ins Rennen. Im Anschluss an den Start der Komplettausgabe von Largo Winch wird mit Benoit Sokals Canardo gleich der nächste Klassiker auf den Markt losgelassen.
Nachdem Band 1 und 2 der Indie-Krimiserie um einen mit ganz speziellen Geschmacksfähigkeiten „gesegneten“ Sonderermittler der US-Lebensmittelaufsicht FDA so rundum überzeugen konnten, machten sich vor Band 3 leichte Zweifel beim Rezensenten bemerkbar. Würde Autor John Layman das hohe Erzählniveau halten können, das er für die ersten Folgen etabliert hatte? Würde die Geschichte nach dem (gefühlten) vorläufigen Höhepunkt auf der Südseeinsel Yamapalü in Band 2 merklich an Fahrt verlieren? Könnte bereits der Zeitpunkt erreicht sein, an dem das Konzept langweilig wird?
Die Story des aktuellen Bandes der Noir-Reihe von Schreiber & Leser ist ein veritabler Medienhopper: Ursprünglich Anfang der Siebziger von Schriftteller Donald Westlake als Roman zur Papier gebracht, wurde der Stoff bereits 1972 unter dem Titel Vier schräge Vögel mit Robert Redford in der Hauptrolle verfilmt. Jetzt hat sich der französische Künstler Lax (alias Christian Lacroix) der Ganovengeschichte angenommen und sie als Comic adaptiert.