Es ist nur folgerichtig, dass der Verlag Schreiber & Leser im Zuge des übergreifenden Trends zu Comic-Gesamtausgaben, versucht sich sein Stück vom Kuchen zu sichern. Dafür schickt er die größeren Zugpferde seines Programms nach und nach ins Rennen. Im Anschluss an den Start der Komplettausgabe von Largo Winch wird mit Benoit Sokals Canardo gleich der nächste Klassiker auf den Markt losgelassen.
Das Format ist das gleiche: Drei Alben pro Sammelband, in einem verkleinerten Hardcover-Buch (man könnte es inoffiziell als das häufig von Verlagen benutzte Format von Graphic Novels bezeichnen). Im Gegensatz zur realistischen Serie Largo Winch funktioniert Canardo im Kleinformat ganz gut und ohne erkennbare Abstriche in der zeichnerischen Darstellung.
Der erste Sammelband beinhaltet, in chronologischer Reihenfolge, die Alben 1 bis 3, „Der aufrechte Hund“, „Das Zeichen des Rasputin“ und „Ein schöner Tod“. Benoit Sokals Schöpfung, der passive, zynische Enterich, löst darin als schrulliger Inspektor die Fälle auf seine ganz eigene Art. Der belgische Künstler lässt dabei kein Klischee des Genres aus, angefangen von der dauerpräsenten Kippe im Mund über den braunen Trenchcoat bis zur Femme Fatale in Not, die einen Profi anheuert und damit nur Ärger verursacht.
Canardos erste, in diesem Band versammelte Geschichten sind vor gut 30 Jahren entstanden und noch sehr ungezähmt und knallig gezeichnet. Doch schon nach wenigen Seiten zieht einen die stoische Ruhe Canardos, sein melancholischer Blick, gar die völlig durchgeknallte Handlung in ihren Bann. Benoit Sokals Comic ist wie eine zynische, schwarzhumorige Variante einer Disney-Idee.
Enttäuscht darf man allerdings von der redaktionellen Begleitung des ersten Sammelbands sein: Keine einleitenden Worte zur Entstehungsgeschichte der Serie, kein Abdruck der Einzelcover und das Bonusmaterial am Ende des Buches besteht aus ganzen zwei Seiten mit einem knappen, überflüssigen Kommentar, der über einen Werbetext kaum hinausgeht. Da betreuen andere Verlage ihre Gesamtausgaben einfach wesentlich besser.
Wertung:
Eine gute Gelegenheit, in diese klassische Serie einzusteigen, leider fast ohne redaktionelle Begleitung
Schreiber & Leser, Oktober 2011
Text und Zeichnungen: Benoit Sokal
144 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 22,80 Euro
ISBN: 978-3-941239-69-2
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Schreiber & Leser