Alle Artikel in: Kurzrezensionen

Die Ruhmreichen Rächer 5

Langsam steuert die „Secret Invasion“ der Skrulls auf der Erde dem Höhepunkt zu, und während sich die Marvel-Heroen mit den außeriridischen Gestaltwandlern, welche die Superheldengemeinschaft in einer perfiden Geheimaktion infiltriert haben, herumschlagen, gibt es auch unter den Skrull-Agenten interessante Entwicklungen. Wer die Rächer in diesem Band erwartet, wird enttäuscht sein. Die vier hier gesammelten Geschichten sind eher eine Ergänzung zur Haupthandlung, die sich in der „Secret Invasion“-Miniserie abspielt. Es wird enthüllt, wie Elektra durch einen Skrull ersetzt wurde, wie der untergetauchte Nick Fury mit einem Team von NachwuchsheldInnen namens „Secret Warriors“ Guerilla-Krieg gegen die Invasoren führt und was für unerwartete Probleme die Doppelgänger von Hank Pym und dem Kree-Krieger Mar-Vell für ihre Genossen darstellen. Die Helden-Kopien verdanken ihre Perfektion nämlich dem Umstand, dass ihre DNA jeweils mit der des zu verkörpernden Helden verschmolzen wurde. Was dabei von den Skrull-Wissenschaftlern nicht eingeplant wurde, ist, dass die Kopien somit auch die Persönlichkeit der jeweiligen Person entwickeln. Das alles ist kurzweilig und ansprechend erzählt – solide Brian-Michael-Bendis-Szenarien plus durchweg gute (zuweilen vielleicht etwas unebene) grafische Umsetzung durch Khoi …

Längen und Kürzen

Nicolas Mahler, Max-und-Moritz-Preisträger 2008 für den besten Comicstrip (Flaschko – der Mann in der Heizdecke), hat mit einem recht dünnen Büchlein, schöner Haptik und Lesebändchen „Das schriftstellerische Gesamtwerk“ Band 1 herausgebracht. Der Gegensatz zwischen Titel, der einen Mammutwälzer vermuten lässt, und äußerer Form ist programmatisch für sein Schaffen. Auch diese Publikation wird wieder ein Lächeln auf die Gesichter der Freunde des feinen, absurden Humors zaubern. Für „Längen und Kürzen“ hat Mahler einen Schriftsteller erschaffen, der sein Gesamtwerk veröffentlichen möchte. Die Diskussionen mit seinem Verleger um den Umfang des Werks sind die einzigen Comicszenen, der Rest sind kurze Prosastücke wie Briefe, Postkarten und Faxe (!). Das Büchlein selber wird zum Thema, denn was wir bereits in Händen halten, das wird in ihm noch geplant. Geschickt werden Inhalt, Überlegungen, Ergebnis und Aufmachung miteinander verflochten und das Ego von sich zu Schriftstellern berufenen Personen sowie die Autorenszene an sich subtil durch den Kakao gezogen. Eine kurzweilige, feingeistige Unterhaltung mit konsequenter Planung des kompletten Produkts. Und wer das Büchlein schon gelesen und noch nicht den Schutzumschlag gelupft hat, der …

Strange Tales 1 (US)

Wie wir bereits an anderer Stelle berichtet haben, hat sich Marvel nach langem Hin und Her nun endlich dazu entschlossen, seine heißgeliebten Helden in die Hände von Zeichnern zu geben, die ansonsten nur selten das „House of Ideas“ betreten. Die künstlerischen Ergüsse von den Größen der Independent-Szene wie Paul Pope, Jason, James Kochalka, Peter Bagge oder auch Dash Shaw sind nun in der ersten Ausgabe von Strange Tales zu bewundern, der noch zwei weitere Ausgaben folgen werden (bisher gibt es noch keine Ankündigung für den deutschen Markt). Man darf diesen Comic nicht mit den, für Marvel so typischen, schlechten Kompromissen vergleichen, bei denen Zeichner eine Geschichte vorgesetzt bekommen oder ein ergänzendes „Whaf if …?“ den Plot in eine Parallelwelt zerrt. Die Lektüre von Strange Tales lässt sich am besten folgendermaßen beschreiben: Wer als kleiner Junge über Jahre hinweg eine innige Beziehung zu seinen He-Man-Action-Figuren aufgebaut hat, wird das Gefühl nachvollziehen können. Da hat man alle großen Schlachten gegen Skeletor detailgetreut nachgespielt und plötzlich sind sie alle weg: Men-at-Arms nicht mehr da, Ram-Man verschwunden und auch …

The Goon 3

Ein kleines Stück der recht frühen Vergangenheit des Goon ließ Autor/Zeichner Eric Powell ja bereits in vorherigen Kapiteln durchscheinen (Rezension Band 1, Band 2), im dritten Sammelband steht die Kindheit des groben Mafiososchlägers nun vollends im Mittelpunkt. Dass die nicht voll eitler Sonnenschein ist, kann man sich denken. Powell verpackt die Jugendjahre seiner Figur geschickt um eine Fotostory; eine Metaebene, die sich abermals zwischen Zombiekloppereien und absurder Gangstergeschichten verbirgt. Dazu beinhaltet der Band eine von Kyle Hotz gezeichnete Kurzepisode um einen entflohenen Skunkaffen. Auch das passt irgendwie perfekt ins Konzept und ist somit  weiterer Grund, um sich diese Ausgabe zu besorgen. Powells wirre Art zu erzählen und seine wandelbare Zeichentechnik machen seine Comics zu echten Highlights. Und obwohl er dies schon von Beginn an unter Beweis stellte, scheint sich seine Reihe sogar von Mal zu Mal zu steigern. Gerade nach dem Lesen der deutschen Sammelbände, durch die man die ganze Palette der kranken Einfälle abbekommt, läuft man Gefahr, für die kommenden Stunden erst mal völlig verstört zu sein. Das ist gut so, ist The Goon …

MOME 15

Traurig, besorgt und zugleich erstaunt. So schauen die Augen vom Cover der neuesten Ausgabe von MOME herab. Was im Sommer 2005 als ambitionierter Schaukasten für junge Comic-Künstler im vierteljährlichen Turnus startete, mutiert seit den letzten Ausgaben zu einer Sammlung von einzelnen Comic-Schnipseln. Obwohl die Liste der Künstler neben vielen Unbekannten auch Namen wie Gilbert Shelton (Freakbrothers) und Paul Hornschemeier (Die drei Paradoxien) aufweist, überzeugt die Präsentation des Projekts einfach nicht mehr. Fast alle Geschichten werden ausschließlich in Segmenten veröffentlicht. Was bei DCs Wednesday Comic gerade durch den geringen Preis und die wöchentliche Veröffentlichung funktionieren mag, ist bei Fantagraphics zum Scheitern verurteilt, da der Veröffentlichungsrhythmus einer Qual gleichkommt; vom Preis ganz zu schweigen. Bestes Beispiel ist die schöne schwarz-weiße Erzählung „Steller“ um den gleichnamigen deutschen Biologen von T. Edward Bak. Mittels einer Reihe von Bildern mit geringfügigen Veränderungen erzählt Bak vom Unglück Stellers, der mit seiner Expedition im Nirgendwo verschollen ist. Bak gibt der Geschichte das richtige Tempo und ergänzt sie geschickt durch teils enigmatisch, teils erläuternde Texteinschübe. Auf die Fortsetzung dieser Episode muss man nun …

Klezmer 2

Kauft man Comics von Joann Sfar, scheint das Geld stets gut angelegt zu sein. So auch bei seinem Werk Klezmer, eine gezeichnete, musikalische Folklore-Geschichte über eine jüdische Band. Thematisierte Sfar in Band 1 noch ausführlich die Zusammenkunft der eigenwilligen Klezmer-Kapelle, so kann man diese jetzt bei einem Auftritt begleiten. Im prunkvollen Haus der alten Dame Scylla wird Geburtstag gefeiert, entsprechend inszeniert Sfar die musikalische Untermalung, die durch seine illustren Figuren Ausdruck findet und  die die Gäste den ganzen Abend über begleitet. Die Story ist so hervorragend gelungen, weil sie ständig verschiedene Handlungsorte umkreist und an jedem dieser Orte eine neue Anekdote oder eine weitere intime Begegnung lauert. Dabei verbleibt alles Gesehene innerhalb der Wände der Gastgeberin, erzählt wird auch – zeitlich gesehen – ausschließlich im Rahmen der abendlichen Feier. Scheinbar mühelos jongliert der Künstler hier mit einer unstetigen Aquarelltechnik, bei der die schwarzen Vorzeichnungen großzügig übermalt werden. Im weitschweifigen Anhang, der Sfars Ausführungen zu dieser Thematik enthält, weist er explizit darauf hin, dass die Übergänge fließend sein müssen und dass die Farben nicht gemäß ihrem …

Horrorschocker 20

Hoch soll es leben, hoch soll es eben, dreimal hoch! Soeben erschien eine Jubiläumsausgabe der Hammerharte Horrorschocker, welche eine der zuverlässigsten und langlebigsten deutschen Comiceigenproduktionen dieser Tage ist. Allein dafür gebührt dem Weißblech-Verlag und -Mastermind Levin Kurio höchster Respekt. Vor allem, weil der Herr Verleger nicht nur verlegt, sondern auch jede Menge Eigenarbeit in HH reinsteckt. In diesem Fall hat er die komplette Titelstory sinniert und zu Papier gebracht. Zeichnerisch wird Levin immer besser, und die Geschichte hätte sogar Potenzial für eine Fortsetzung. Durch das Erzähltempo (erst zu langsam, dann zu schnell) verschenkt er aber einiges an Möglichkeiten.Die zweite Geschichte „Unschuldig!“ bietet einen interessanten Ansatz, bei dem der Leser die Unsicherheit des Protagonisten gut nachvollziehen kann. Autor Jo 84 hat prima Arbeit geleistet, nur am Ende wird zu viel erklärt. Mit Till Felix ist ein HH-Neuling am Zeichenbrett, der seinen Einstand gut besteht. Der letzte Beitrag „Die Moral von der Geschicht …“ von C. J. Walkin bietet einen tollen Twist, ist aber viel zu geschwätzig im Begleittext. Auch hier kann man an der zeichnerischen Umsetzung, …

Black Orchid

Black Orchid wird wahrscheinlich so ein Comic sein, der im Laufe der Zeit immer wieder vergessen wird. Denn spricht man über Neil Gaiman, den Autoren des Comics, wird wohl meistens sein Hauptwerk The Sandman genannt. Spricht man über den Zeichner Dave McKean, redet man plötzlich über dessen Hauptwerk, Cages, meinetwegen auch über Arkham Asylum oder seine Mitarbeit an The Sandman. Aber selten über Black Orchid. Black Orchid wird vergessen, vielleicht nicht ohne Grund, schließlich ist die Hauptfigur, eine Superheldin, halb Mensch, halb Pflanze, nicht besonders zugkräftig. Und dennoch: Für Gaiman und McKean war Black Orchid ein wichtiger Comic. Denn als der Dreiteiler 1989 erstmals bei DC Comics erschien, waren Gaiman und McKean noch nicht die Comic-Größen, die sie in den Neunzigern werden sollten. An Black Orchid kann man heute noch sehen, was für ein großes kreatives Potential da noch unentdeckt schlummerte. Und wohin sich der Superhelden-Comic hätte bewegen können. Der Kampf zwischen Lex Luthor und Black Orchid ist da kaum mehr als ein Gerüst, das eine Geschichte über Einsamkeit, Erinnerung, Liebe und Verzweiflung trägt. Manchmal …

Northlanders 1 – Sven, der Verräter

Brian Wood (DMZ, Demo) startet mit Northlanders ein neues Comicprojekt für das Vertigo-Label. Glücklicherweise gelingt es ihm auch diesmal, die spezielle Thematik eindrucksvoll als Autor zu gestalten. Angesiedelt ist die Serie im Zeitalter der Wikinger, Band 1 (im Jahr 980 spielend) erzählt in acht Kapiteln von Krieg, Verrat und Ehre: Sven, der in Konstantinopel zum Krieger ausgebildet wurde, kehrt nach dem Tod seines Vaters in seine Heimat zurück, um dort die Thronfolge anzutreten. Doch sein Onkel Gorm macht ihm dieses Erbe streitig, was Sven zu einem langen Rachefeldzug veranlasst. Was sich auf dem Backcover noch reißerisch mit den Worten „Härter als Conan und blutiger als 300“ ankündigt, ist im ersten Sammelband tatsächlich ein martialisches und gewaltiges Kampfspektakel. Dazwischen herrschen aber auch die leisen, besinnlichen Töne vor, mit denen Brian Wood die Hauptfigur Sven umfassend und vielschichtig zu charakterisieren weiß. Damit beginnt die Vertigo-Reihe Northlanders als unterhaltsames und kluges Werk vor historischem Hintergrund. Richtig gut gefallen haben mir auch die Zeichnungen des italienischen Künstlers Davide Gianfelice, der in einem mattierten Grundton sowohl Blutspritzer im Gefecht als …

Marvel Max 29: Legion of Monsters

Ganz schön gruselig, dieser Band, der allen möglichen Horrorfiguren Marvels eine neue Plattform bietet. Enthalten sind alle vier One-Shots (jeweils mit zwei Geschichten) des Projektes Legion of Monsters aus dem Jahre 2007, sowie ein Nachdruck von Marvel Premiere #28 von 1976, das thematisch perfekt in das Horrorschema passt.Eine ganze Riege Zeichner und Autoren hat sich dafür zusammengefunden, darunter auch etliche bekannte Namen. So machen allein schon Zeichnungen von z.B. David Finch, Michael Gaydos, Ted McKeever oder Skottie Young so manche Erzählung zu einem echten Kleinod. Abgesehen davon bietet sich einem in den acht Stories (plus Classic-Story) ein bunter Mix quer durch alle möglichen Zeichenstile, der einfach nur Spaß macht. Inhaltlich lässt sich nur so viel verraten, als dass sämtliche namhaften Monster des Marvel-Kosmos ihre eigene Episode gewidmet bekamen, es gibt also ein Wiedersehen mit Morbius, Man-Thing, Dracula, Werewolf by Night oder Frankensteins Monster, um nur einige zu nennen. Herrlich nostalgisch dagegen ist die erwähnte Classic-Story aus den 70ern. Die abgedrehte Handlung bezieht sich auf ein frühes Team-Up von Morbius, Man-Thing, Werewolf und dem Ghost Rider, …