Monate: September 2009

Burka

 Wenn man über Religionsgrenzen hinaus Humor betreibt, muss der jeweilige Künstler auf Kritik nicht lange warten: Der Vorwurf der Missachtung der kulturellen Besonderheiten oder gar Blasphemie kann einem vorgeworfen werden. Wir erinnern uns, nur welchen politischen Aufruhr die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten erzeugt haben. Nun hat die freischaffende Künstlerin Eva Schwingenheuer in ihrem Buch mit dem schlichten Titel Burka den Versuch unternommen, sich der Bekleidung der vollverschleierten Muslima von außen zu nähern. Sie lädt die Leser nicht nur zum Rätseln ein, was sich da für Konturen unter dem „großen Schwarzen“ abzeichnen, sondern kritisiert – wenngleich auch etwas ungestüm – diese Form der Vollverschleierung.

Klezmer 2

Kauft man Comics von Joann Sfar, scheint das Geld stets gut angelegt zu sein. So auch bei seinem Werk Klezmer, eine gezeichnete, musikalische Folklore-Geschichte über eine jüdische Band. Thematisierte Sfar in Band 1 noch ausführlich die Zusammenkunft der eigenwilligen Klezmer-Kapelle, so kann man diese jetzt bei einem Auftritt begleiten. Im prunkvollen Haus der alten Dame Scylla wird Geburtstag gefeiert, entsprechend inszeniert Sfar die musikalische Untermalung, die durch seine illustren Figuren Ausdruck findet und  die die Gäste den ganzen Abend über begleitet. Die Story ist so hervorragend gelungen, weil sie ständig verschiedene Handlungsorte umkreist und an jedem dieser Orte eine neue Anekdote oder eine weitere intime Begegnung lauert. Dabei verbleibt alles Gesehene innerhalb der Wände der Gastgeberin, erzählt wird auch – zeitlich gesehen – ausschließlich im Rahmen der abendlichen Feier. Scheinbar mühelos jongliert der Künstler hier mit einer unstetigen Aquarelltechnik, bei der die schwarzen Vorzeichnungen großzügig übermalt werden. Im weitschweifigen Anhang, der Sfars Ausführungen zu dieser Thematik enthält, weist er explizit darauf hin, dass die Übergänge fließend sein müssen und dass die Farben nicht gemäß ihrem …

Calvin und Hobbes – Von Monstern, Mädchen und besten Freunden

 In den vergangen Jahren wurden viele beliebte Comicserien einer Frischzellenkur unterzogen. Die Ehre gebührte z. B. Charles M. Schulz' Peanuts: In einer speziellen 25-bändigen Reihe werden derzeit alle Comicstrips chronologisch gesammelt und bei Carlsen neu aufgelegt. Bei gleichem Umrechnungskurs hätte es Schulz' Freund und Kollege Bill Watterson mit seinem Strip Calvin and Hobbes auf nur fünf Bände gebracht (1985-1995). Obwohl es bei ihm dann nicht für die Sonderausgabe gereicht hat, bringt Carlsen nun eine neue Auflage auf dem Markt. „Von Monstern, Mädchen und besten Freunden“ lautet der Titel dieses Sammelbandes, einer Auslese, die sich auf die ersten beiden deutschen Einzelbände „Calvin und Hobbes“ und „Was sabbert da unterm Bett?“ stützt.

Tanatos 1 – Der Sohn des Todes

 Na also, nachdem einige der Comics, die für das „All in One“-Konzept von Ehapa ausgewählt wurden, von eher durchwachsener Qualität waren, bringt der Verlag mit Tanatos nun eine französische Albenreihe, die man schließlich beinahe ausnahmslos loben muss. Angesiedelt in Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts, handelt der erste abgeschlossene Zyklus „Der Sohn des Todes“ von dem sich entfaltenden Masterplan des französischen Superschurken Tanatos, der im Jahr 1914 die Politik der Nationalversammlung direkt beeinflusst und durch Anschläge und Attentate insgeheim zum kriegsauslösenden Faktor wird.

Sonnenfinsternis

 Mit dem 288 Seiten stolzen Gemeinschaftswerk von Fane und Jim erweitert der Splitter Verlag sein bisher eher von fantastischer und abenteuerlicher Genrekost geprägtes Programm um ein realistisches Personendrama. Fünf Männer und Frauen in ihren Dreißigern – einer von ihnen mit seinem neunzehnjährigen Internetdate im Schlepptau – kommen in einem abgelegenen Landhaus in Südfrankreich zusammen, um sich eine Sonnenfinsternis anzusehen und ihre Freundschaft aufleben zu lassen. Auch für die beiden Künstler bedeutet dieser Band weitgehend erzählerisches Neuland, machten sie doch bisher – unabhängig voneinander – eher mit anderer Art von Comickost auf sich aufmerksam.

 

Miller & Pynchon

 Miller & Pynchon stammt von dem österreichischen Leopold Maurer und ist im Literaturverlag Luftschaft erschienen, der vor allem Comiczeichner aus Österreich verlegt; man denke an den ebenfalls dort erschienenen Sammelband Perpetuum oder den Comic Molch.
Die beiden Hauptpersonen sind die holzschnittartig mit dem Wesentlichen charakterisierten Miller und Pynchon, die dem Comic auch seinen Titel geben. Der katholische Miller frönt dem Leben, flieht in die Arme vieler Zufallsbekanntschaften und versucht, seinem ihm entgleitenden Leben durch Zahlen und Messungen feste Orientierungspunkte zu geben. Der areligöse Pynchon dagegen versackt in seiner Depression über den tragischen Tod seiner Ehefrau und vergrault alle an ihm interessierten Frauen durch ausführliches Waten im morastigen Leid eines 10-jährigen Witwers, der sich vor aller Augen und Ohren nach seiner Helene zurücksehnt.

Horrorschocker 20

Hoch soll es leben, hoch soll es eben, dreimal hoch! Soeben erschien eine Jubiläumsausgabe der Hammerharte Horrorschocker, welche eine der zuverlässigsten und langlebigsten deutschen Comiceigenproduktionen dieser Tage ist. Allein dafür gebührt dem Weißblech-Verlag und -Mastermind Levin Kurio höchster Respekt. Vor allem, weil der Herr Verleger nicht nur verlegt, sondern auch jede Menge Eigenarbeit in HH reinsteckt. In diesem Fall hat er die komplette Titelstory sinniert und zu Papier gebracht. Zeichnerisch wird Levin immer besser, und die Geschichte hätte sogar Potenzial für eine Fortsetzung. Durch das Erzähltempo (erst zu langsam, dann zu schnell) verschenkt er aber einiges an Möglichkeiten.Die zweite Geschichte „Unschuldig!“ bietet einen interessanten Ansatz, bei dem der Leser die Unsicherheit des Protagonisten gut nachvollziehen kann. Autor Jo 84 hat prima Arbeit geleistet, nur am Ende wird zu viel erklärt. Mit Till Felix ist ein HH-Neuling am Zeichenbrett, der seinen Einstand gut besteht. Der letzte Beitrag „Die Moral von der Geschicht …“ von C. J. Walkin bietet einen tollen Twist, ist aber viel zu geschwätzig im Begleittext. Auch hier kann man an der zeichnerischen Umsetzung, …

Bunte Welt des Frohsinns 1

 Es gibt Zeichner und Autoren, von deren Werken man gar nicht genug bekommen kann und am liebsten sofort den nächsten Comic oder das nächste Buch lesen muss. Fernab von der Welt der Comics lässt sich dieses Phänomen sicherlich am besten bei J.K. Rowlings Harry Potter-Reihe wiederfinden. Mit großem Eifer  haben Horden von Jugendlichen und Erwachsenen die Bücher gelesen und gierig jeden neuen Band herbeigesehnt. Und dann gibt es da noch Eugen Egner, den Meister des grotesken Humors (entsprechende Auszeichnung wurde Egner 2003 in Kassel überreicht). Seine Comics, seine Bildergeschichten und auch seine Cartoons sind eher in geringen Dosen zu genießen und entwickeln so ihr größtmögliches Potential. Diese bestreitbare Tatsache hielt die Verleger von Monsenstein & Vannerdat aber nicht davon ab, mit die Bunte Welt des Frohsinns den ersten Band von Egners Gesamtwerk (exklusive seiner nicht bebilderten Texte) zu veröffentlichen.