Alle Artikel mit dem Schlagwort: Anspruch

Die drei Paradoxien

 Paul Hornschemeier dokumentiert einen Besuch bei seinen Eltern, während dessen er an einem Comic zeichnet, der ihm einfach nicht gelingen will. Immer wieder verwirft er die Seiten und sieht sich mit der Frage konfrontiert, wohin seine Geschichte um einen Jungen, der ebenfalls Paul heißt und einen Zauberbleistift besitzt, eigentlich führen soll. Während seines Aufenthaltes schweifen Hornschemeiers Gedanken aber auch immer wieder in seine Jugend ab.

Das Selbstexperiment

 Matthias Gnehms neuester Comicband ist ganz und gar nicht einfach zu goutieren, und noch schwerer ist es dann, das darin Enthaltene angemessen zu beschreiben. Denn der Züricher Autor und Zeichner hat sich mit Das Selbstexperiment ein immens vielschichtiges Verwirrspiel erdacht, mit dem er die Konzentration des Lesers aufs höchste fordert.

Muchacho

 Um es gleich vorweg zu sagen: Eine erstklassige Graphic Novel! Emmanuel Lepage hat nicht nur ein außergewöhnliches Thema aufgegriffen, sondern auch eine fantastische Erzählweise gefunden. Muchacho erzählt die Geschichte des jungen angehenden Priesters Gabriel im revolutionären Nicaragua von 1976, kurz vor dem Umsturz der Diktatur des Familienclans der Somozas und dem Sieg der Sandinisten 1979. Gabriel de la Serna stammt selber aus einer der Familien, die dem Somoza-Regime nahe stehen. In ein Dorf geschickt, um in der dortigen Kirche ein Wandbild zu malen, wird er mit dem prallen Leben der einfachen Menschen konfrontiert: verführerische Frauen, Träume und Hoffnungen der Dorfbewohner, Repression durch die Guardia Somozas und die heimliche Organisation des gewaltsamen Widerstands.

Blutspuren

 Mit ihrer Graphic Novel Exit Wounds (so der Originaltitel) hat die Isralin Rutu Modan international etliche Preise eingeheimst. Nun ist bei der Edition Moderne eine deutsche Ausgabe erschienen. Blutspuren ist eine Geschichte aus dem Israel von heute, in der der Nahostkonflikt als Hintergrundrauschen mitschwingt, aber niemals in den Mittelpunkt der Handlung tritt.

Glamourpuss & Judenhass (US)

 Nach einer fast vierjährigen Absenz hat der Herr der Erdferkel, Dave Sim, dieses Jahr gleich zwei neue Comics auf den Markt gebracht, Glamourpuss und Judenhass, die wie sein Comic-Epos Cerebus nur als Teil des Gesamtkunstwerks „Sim“ zu lesen sind. Zwei Comichefte, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Da ist zum ersten die fortlaufende Serie Glamourpuss, eine „high fashion comic book“-Parodie, und zum anderen der Comic Judenhass, in dem Sim aus ausgewählten Zitaten und fotorealistischen Reproduktionen eine Geschichte der Ressentiments gegen Juden und deren Vernichtung im Holocaust beschreibt. Erst wenn man beide Comics Seite an Seite stellt und deren Gemeinsamkeiten aus der Nähe betrachtet, wird deutlich, dass Sim nicht einfach nur zwei Comics gezeichnet hat, sondern nach Cerebus das Gesamtkunstwerk „Sim“ durch zwei neue Titel erweitert hat.

Komm zurück, Mutter

 Thomas Tennant ist 7 Jahre alt, als seine Mutter stirbt. Als selbsternannter Hüter des Reiches (verlassene Orte, die ihn an die Mutter erinnern) sieht er sich in der Pflicht, mit Umhang und Löwenmaske ihr Andenken zu wahren. Thomas will stark sein, auch für seinen Vater, den der Tod in emotionale Starre versetzt hat und der den Verlust einfach nicht verarbeiten kann. Er entfernt sich vom normalen Leben und bürdet Thomas damit unwissentlich große Verantwortung auf. Zu große für einen 7-jährigen Jungen.

Mundkopf

teaser_mundkopfNachdem ich Katrin Baumgärtners Mundkopf zum ersten Mal gelesen hatte, fühlte ich mich nicht in der Lage, sofort eine Rezension zu schreiben. Der ganze Comic ließ mich mit einem extrem starken „What the fuck?“-Gefühl zurück, das dafür sorgte, dass ich beschloss den Comic nicht zu rezensieren, ehe ich ihn nicht ein zweites Mal gelesen hatte.

Nun also.

Das kurze Hallo und das lange Machsgut

Quasi im Eigenverlag legt Frank „Spong“ Plein hier den Auftakt zu einem kleinen Epos vor, in dem die Hauptfigur Steffen eher mit dem Leben – und vor allem der Liebe – hadert, als es frohgemut zu durchwandern. Damit hat Spong einerseits das Rad nicht neu erfunden, aber der Comic kommt andererseits so frisch und authentisch, so komisch und doch tragisch rüber, dass er was ganz Besonders ist.

Cherry Blossom Girl

In der Welt der Comics werden Frauen meistens aus der Phantasie von Männern geschaffen. Angesichts des prekären Standes von Comics in der Kulturindustrie wäre es aber falsch, wenn man das gesamte Medium als Vehikel für regressive Männerphantasien bezeichnet.
Cherry Blossom Girl von Jule K. ist eine Geschichte, die von dem bewegten Alltag einer neunundzwanzigjährigen Frau erzählt. Als Teenager hieß sie Nele, doch mit dem Verzehr von halb vergorenen Kirschen mutierte sie zum extrem cool aussehenden Cherry Blossom Girl, das Frauen davor rettet, mit Liebeskummer, Eifersucht, dummen Anmachen oder peinlichen Situationen konfrontiert zu werden.

Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit

“Seminarkabarett-Comic“ steht auf dem Umschlag. Drei Begriffe, die auf den ersten Blick unvereinbar scheinen. Dass „Seminar“ und „Kabarett“ zusammengehen können, beweist der Steyrer Bernhard Ludwig seit 1992 auf diversen Bühnen. Der gelernte Psychologe machte aus einem sexualtherapeutischen Seminar ein erfolgreiches Kabarettprogramm, das inzwischen auch als Kinofilm gezeigt wird. Kann der Transfer ins Medium Comic ebenso gut gelingen?