Alle Artikel in: Kurzrezensionen

Officer Downe (US)

Die erste Textbox im ersten Panel auf der ersten Seite gibt uns eine Ortsangabe: „Motherfuckin' L.A.“ – und setzt damit ganz nebenbei auch noch den Ton für diesen Comic. In Officer Downe drehen Autor Joe Casey und Zeichner Chris Burnham alle Regler auf 11 und präsentieren eine völlig irrsinnige Story, in der ein Über-Polizist gegen mehrere Über-Verbrecher antritt und nur ein Ziel kennt: Aufräumen, aber richtig. Officer Terrence Downe ist der beste und härteste Cop, den das L.A.P.D. hat. Wenn er mal im Einsatz tödlich verletzt wird, kann er in kurzer Zeit zusammengeflickt und wiederbelebt werden (wie das funktioniert, wird auf nette Weise erklärt, tut aber eigentlich nichts zur Sache). In dieser Geschichte mit dem treffenden Titel „Tough Shit“ bekommt er es mit dem Schurken Zen Master Flash zu tun. Casey und Burnham wollen nicht viel mehr als einfach die Sau rauslassen und, vor allem in Sachen Gewalt, alle Geschmacks- und Jugendschutzgrenzen überschreiten. Das erinnert ein bisschen an den Punisher, vor allem aber an Hard Boiled von Frank Miller und Geoff Darrow, was wohl auch zeichnerisch …

Red Button Boy

Ein weißer Raum, mittendrin ein Telefon auf einem Podest und ein kleiner Junge mit einem roten Knopf auf die Brust geschnallt. Das ist die spartanische Kulisse, vor der Zeichner Timo Decker sein charmantes (Comic-) Schauspiel ablaufen lässt. Warum der junge den Knopf trägt, warum er einen Helm auf hat? Man erfährt es nicht. Der Red Button Boy hat ohnehin nur die eine Daseinsberechtigung: Er muss unbedingt herausfinden, wofür dieser verdammte Knopf gut ist. Aber soll er das Drücken des Knopfes tatsächlich riskieren? Mahnende Worte erhält der verzweifelte Junge von der unbekannten Stimme aus dem Telefon, die scheinbar über vieles Bescheid weiß, aber gemeinerweise nur in Rätseln spricht. Richtig süß ist Deckers Figur geworden, wie sie auf kindlich-naive Weise experimentiert und hinter das Geheimnis des Knopfes zu kommen versucht. Sensationell, wie dem Künstler dabei die trickreiche Variation von Mimik und Körperbewegung leicht von der Hand zu gehen scheinen. Gute Voraussetzungen für einen amüsanten, lustigen und einfallsreichen Comic. Red Button Boy ist all das, ein echter Geheimtipp also. Entstanden ist diese gelungene Mischung aus Mangaanleihen und humoristischem Cartoon …

Aliens: Nekropolis

Endlich gibts auch hierzulande neues Comicmaterial zu den bekanntesten Xenomorphen unserer Zeit. Diesmal, im Gegensatz zu den den drei bisherigen Aliens-Bänden von Cross Cult, in Farbe, im US-Format und neben der Hardcover-Version wahlweise auch als Softcover erhältlich. Leider kann der neue Einzelband „Nekropolis“ qualitativ nicht an den weitaus stylischeren Geschichten der Schwarz-Weiß-Reihe anknüpfen. Erzählt wird aus der Sicht des Wissenschaftlers David Sereda, der am Anfang des Comics über die Kultur der Aliens sinniert (als Prolog ist diese Szene auch Teil jenes Heftes, das Cross Cult zum Gratis-Comic-Tag besteuerte), bevor er sich an Bord des Raumschiffes Vidar in Richtung des Planeten Chione begibt. Dort haben Archäologen eine außerirdische Ruinenstadt ausgegraben. Welche tödliche Falle sich im Innern verbirgt, dürfte für den Leser kaum eine Überraschung darstellen. Verblüffender ist da schon die Verwandlung des unscheinbaren Sereda in einen coolen, schießwütigen Soldaten. Die ihm zur Seite stehende Gruppe Überlebender dezimiert sich freilich aufs Ende zu, der Rest ist Überlebenskampf und viel Ballerei. Natürlich ist das das vornehmliche Konzept des Franchise, einen über die Maßen anspruchsvollen Comic sollte man demnach …

Die Kosmonauten der Zukunft 3 – …sind schon wieder da!

Für die beiden Schüler Guido Falter und Martina Höhne ist das Leben irgendwie auch nicht mehr so einfach wie es mal war. Begann der erste Band dieser Serie noch damit, dass die beiden auf infantil-verzückende Weise über eine allumfassende Alien- und/oder Roboterverschwörung plauderten, sind sie jetzt mittendrin. Band 3 führt die beiden Kosmonauten der Zukunft, die bereits zuvor schockierende Wahrheiten über sich selbst erfahren mussten, ins große galaktische Abenteuer. Zwischen Mawisianern, Rebellenarmeen und unzähligen Klonen kämpfen sie um ihr Schicksal. Wenn sich die französischen Künstler Lewis Trondheim und Manu Larcenet zusammentun, um einen spacigen Science-Fiction-Comic zu fabrizieren, kann man sich bereits ungefähr ausmalen, was dabei herauskommt. Die Kosmonauten der Zukunft ist eine sehr empfehlenswerte Funnyserie, die gespickt ist mit absurden Situationen und brillantem Humor. Bereits die beiden im Jahr 2002 bei Ehapa veröffentlichten ersten Alben haben äußerst viel Spaß bereitet. Und dafür steht auch der abschließende dritte Band ein, auch wenn dieser für mich persönlich nicht an die Brillianz der ersten beiden heranreicht. Dass das Ende übrigens bei Finix erscheint und nicht bei Reprodukt, sozusagen …

Das Große Spiel 1 – Ultima Thule

1945, der Zweite Weltkrieg ist gerade vorbei, ansonsten ist alles anders. Frankreich und Großbritannien gingen als Sieger aus dem Krieg hervor, aber Deutschland und die Sowjetunion stehen weiterhin im Konflikt miteinander. Nestor Serge, ein französischer Journalist, soll den Absturz des Zeppelins „Charles de Gaulle“ untersuchen und gerät dabei in eine mysteriöse Verschwörung. Bis hierhin ist dieser Comic vom Kreativteam Jean-Pierre Pécau und Leo Pilipovi ein historischer Thriller in einem fiktiven Europa. Die beiden haben etwas verworrene zeitgeschichtliche Veränderungen vorgenommen, was sicherlich legitim ist. Sehr seltsam wird es, als der deutsche Comicheld und Kostümträger „Streitaxt“ sich als reale tödliche Person herausstellt und Serge von Nazi-Werwölfen verfolgt wird. Wie derlei Dinge nun in den geschichtlichen Kontext der Serie passen, bleibt erstmal offen. Angedeutet wird in Band 1 lediglich, dass in der Welt von Das Große Spiel Magie zu existieren scheint.  Zugegeben, die übernatürlichen Elemente in diesem Comic wirken beim ersten Lesen völlig deplatziert und extrem idiotisch in ihrer Ausführung. Andererseits weiß man bislang so gut wie gar nichts über deren Herkunft oder Gewichtung für die übergeordnete Handlung. …

Reisende im Wind 6.2 – Das Mädchen vom Bois-Caiman

Nun also das Finale des großen und großartigen Comicromans der Reisenden im Wind. USA 1862. Der amerikanische Bürgerkrieg spaltet das Land. Die junge Zabo muss New Orleans verlassen und trifft nach einer abenteuerlichen Reise auf einer abgelegenen Plantage erstmals ihre Urgroßmutter Isabeau de Marnaye, die ihrer Nachkommin ihre Lebensgeschichte erzählt, wie man schon in den ersten Bänden der Serie lesen konnte. Der Faden wird wieder aufgenommen und verknüpft verschiedene Schicksale in Amerika miteinander. Im zweiten Band setzt Isabeau den Bericht aus ihrer Familiengeschichte fort.  So wird auch deutlich, wer nun das titelgebende Mädchen ist. Diese Auflösung wird manchen Leser überraschen, denkt man doch zunächst an jemand anderes. In den filigranen Naturzeichnungen offenbart sich wieder einmal die Meisterschaft von Francois Bourgeon und versetzt damit den Leser direkt in die Zeit und in die Örtlichkeiten. Besonders beeindruckend ist es, wie er es schafft, mit einigen wenigen, kaum wahrnehmbaren Strichen, das Älterwerden seiner Hauptfigur aufzuzeigen. Generell muss man aber leider feststellen, dass richtig herausragende graphische Einfälle fehlen. Es gibt zwar einige gute Montagen, aber eine richtige dynamische Zeichnung …

Hellblazer 8 – Bei den Toten

Langsam fragt man sich, wie das mit dem Dämonenjäger John Constantine weitergehen mag. Schließlich sind in den letzten Bänden die Reihen seiner Freunde und Kollegen arg dezimiert worden. Auch in diesem Band verlassen einige sehr wichtige Personen die Reihe. Hoffentlich verkommt Constantine nicht bald wieder zu einem Helden, der von einem Abenteuer in das nächste strauchelt. Kurze abgeschlossene Gruselgeschichten haben zwar auch ihren Reiz, aber gerade die zwischenmenschlichen Töne und das Leid von John Constantine machen einen sehr großen Teil der Serie aus. Es braucht dringend einige neue Figuren, quasi frisches Blut. Dabei sollten sie langsam eingeführt und nicht direkt verheizt werden. Eine neue Gruppe würde nicht nur den Charakter des Helden stützen, sondern auch neue Aspekte einbringen. Das alles soll aber nicht heißen, dass dieser Band schlecht sei. Ganz im Gegenteil. Er ist sehr packend und schließt einige lose Handlungsfäden zu einem ordentlichen Paket zusammen. Manche der Fäden reichen noch bis in die Zeit zurück, in der Garth Ennis die Serie schrieb. Die Zeichnungen sind sehr phantasievoll, spielt doch ein Großteil der Handlung in …

The Goon 5: Über die schrecklichen Konsequenzen von Tugend

Er hat es schon wieder getan: Eric Powell schickt seine Figur, den berüchtigten Mafiaschläger Goon, erneut in eine Handvoll kruder Geschichten. Der fünfte Sammelband mit dem leicht sperrigen Titel „Über die schrecklichen Konsequenzen von Tugend“ erzählt u.a. von Goons Karriere in einem Footballteam, seiner Konfrontation mit einem verrückten Wissenschaftler und seinem Gefängnisaufenthalt. Und als wäre das nicht schon fesselnd genug, hält der Band auch noch eine illustrierte Kurzgeschichte von Thomas Lennon bereit, sowie eine spezielle (erwartungsgemäß reichlich abgedrehte) Goon-Version von Charles Dickens' Eine Weihnachtsgeschichte. Eric Powells Serie hält sich auch weitehin auf dem auch an dieser Stelle bereits des öfteren attestierten, hohen Niveau. Kaum eine andere US-Serie ist auf jeder neuen Seite derart unvorhersehbar und kompromisslos. Die Zeichnungen sind zudem einfach grandios, Powell zeigt sich als einer der flexibelsten Künstler seiner Zunft und lässt sich auch dadurch irgendwie in keine Schublade so richtig stecken. The Goon ist Mystery, Horror, Pulp, Crime. Bei all dem ist The Goon aber auf seine schräge Weise auch unheimlich lustig. Und das liebe ich an der Serie. Wer sie noch …

Das Einhorn 3 – Die schwarzen Wasser von Venedig

Die faszinierende Geschichte geht weiter: Die verschiedenen Ärzte unternehmen zusammen mit den Fabelwesen eine Suche nach denjenigen, die andere Mediziner umbringen lassen. Anscheinend hat die Kirche ihre Finger im Spiel. Eine gewisse Essenz scheint den menschlichen Körper dauerhaft zu verändern, nur warum und wie, ist den Ärzten schleierhaft. Zudem werden sie auch noch gejagt und geraten ein ums andere Mal in Lebensgefahr. Im dritten Band wird die Story nun auch etwas klarer. Vor allem die Absichten der Kirche werden erläutert. Dennoch bleibt noch genug im Trüben, um die Spannung bis zum letzten Band aufrechtzuerhalten. Auch wenn das Gefühl bleibt, dass die Handlung unnötig gestreckt wird, aber die Mischung aus Historie, Medizingeschichte und Fantasy hält den Leser gut bei der Stange. Wobei es schon interessant ist, dass gerade die Mediziner mit den, aus heutiger Sicht, reaktionären Auffassungen die Helden sind. Aber es geht hier vielmehr darum, wie sich das Menschenbild an sich in der Renaissance wandelte. In der Abkehr von dem alleinigen Wahrheitsanspruch der Kirche gingen vor allem die Mediziner neue Wege und forcierten die junge …

Arawn 1 – Bran der Verdammte

Der Beginn einer klassischen Fantasysaga, optisch irgendwo angesiedelt zwischen Spawn – The Dark Ages, Conan und den Schöpfungen von H. R. Giger – so kann man „Bran der Verdammte“ wohl zusammenfassen. Band 1 und 2 werden den Auftakt zu dieser Serie bilden, die keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass sie epochal werden will. Die Bilder von Sébastien Grenier sind opulent, detailliert und von beeindruckender Plastizität, des öfteren sieht man sogar die Leinwand durchschimmern oder glaubt für einen kurzen Moment, die verschiedenen Farbschichten berühren zu können. Die gedeckten Farben passen zu der düsteren Stimmung, die  Autor Ronan Le Breton mit seiner Geschichte erzeugt. Der missgelaunte Arawn, Gott der Toten, sinniert über seine sterbliche Herkunft, das Aufwachsen unter seinen Brüdern, Mutproben und wie er laut einer Prophezeiung zu dem werden sollte, was er nun ist. Wie es sich für eine zünftige klischeebehaftete Abenteuererzählung gehört, hat natürlich auch eine Frau ihre Finger im Spiel, aber das wird in diesem ersten Band nur kurz angedeutet. Sowieso passiert hier im Band viel, und doch hat man am Ende das Gefühl, …