Ping-Pong mit Mawil
Das im Frühjahr 2014 erschienene Kinderland des Berliner Zeichners Mawil gehört ohne Zweifel zu den Comics, die in diesem Jahr für das meiste Aufsehen gesorgt haben. Die Erzählung, die im Sommer und Herbst 1989 spielt und aus der Sicht von Kindern von der untergehenden DDR erzählt, fand großen Anklang sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik. Kinderland bekam den Max-und-Moritz-Preis für den besten deutschsprachigen Comic, der Verlag Reprodukt hat inzwischen die dritte Auflage gedruckt. Beim Comicsalon in Erlangen sprach Mawil mit Christian Muschweck über Kinderland, Unterschiede zwischen Ost- und West-Kindheiten und Mawils Arbeit mit Schülern und Studenten.


„I am a nasty piece of work. Ask anybody.“
Heilige Grammatik der Comics! Comics müssen heutzutage einfach einen Mehrwert haben. Stets müssen sie sich die Frage gefallen lassen, weshalb sie Comics sind und nicht als Buch auf die Welt gekommen sind. Und wehe dem Comic, der in Worten erklärt, was bereits im Bild zu erkennen ist.
Der Fluss Lethe fließt in der Unterwelt der griechischen Mythologie, sein Wasser schenkt den Verstorbenen gnädiges Vergessen und macht die Toten untereinander gleich und anspruchslos. So fristet man sein weiteres ewiges Dasein in ewiger wunschloser Lethargie, was nicht weiter schlimm ist. Wenn nur die Toten von außen betrachtet nicht so dement wirken würden …
1988 ereignete sich in Michel Kichkas Leben eine Familientragödie, als sich sein kleiner Bruder Charly im Alter von knapp 30 Jahren das Leben nahm. Ein Freund tröstete ihn und meinte, Charly sei „noch ein Opfer der Shoah“.
Annette Köhns Comic-Debut beginnt wie eine Liebeserklärung an die Macht der Fantasie: Die kleine, stets unter strenger Bewachung stehende Prinzessin Elly lässt sich während einer Operngala von einem kleinen Drachen entführen. In der Drachenhöhle angekommen erzählt der Drache mit dem Namen Leto der Prinzessin, dass ihre Begegnung früher sicher weniger sanft verlaufen wäre.
Drogen also wieder. Am Anfang des Comics packt eine junge Frau zwei Tütchen Stoff sachgerecht in ein Kondom, um es sich sogleich auf der Toilette heimlich vaginal einzuführen. Dann verabschiedet sie sich noch von ihrem Freund – „Vergiss nicht, die Pflanzen zu gießen“ – und verlässt die Wohnung in Richtung Flughafen für einen Kurzurlaub nach Krakau.
Gibt es in der deutschen Comic-Kritik zu wenige Verrisse? Diese Frage wurde auf einem Diskussionspanel während des Comic-Salons 2014 diskutiert und sie wurde unter anderem mit der Bemerkung gekontert, es sei weniger die Aufgabe von Rezensionen, zu verreißen, als vielmehr, zum Lesen zu verführen. Fast könnte man meinen, als hätte Frank Schäfer diese Diskussion mitbekommen (was nicht möglich ist), trägt sein erstes Buch über Comics doch den ebenso programmatischen wie zweideutigen Untertitel „Ein Comic(ver)führer“.
„Ihr modernen Menschen! Habt ihr geglaubt, ihr seid unsterblich? Ihr seid einzigartig? Außergewöhnlich? Was wisst ihr schon vom Leben?“ – Mit so viel Pathos muss man sich erst mal schreiben trauen. Holger Hofmann wagt es und holt im neuen Zyklus seiner Reihe Die Kolkas zum globalen Rundumschlag aus.