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Blam! Blam! Blam! – Ein Comic(ver)führer

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Cover Blam! Blam! Blam!Gibt es in der deutschen Comic-Kritik zu wenige Verrisse? Diese Frage wurde auf einem Diskussionspanel während des Comic-Salons 2014 diskutiert und sie wurde unter anderem mit der Bemerkung gekontert, es sei weniger die Aufgabe von Rezensionen, zu verreißen, als vielmehr, zum Lesen zu verführen. Fast könnte man meinen, als hätte Frank Schäfer diese Diskussion mitbekommen (was nicht möglich ist), trägt sein erstes Buch über Comics doch den ebenso programmatischen wie zweideutigen Untertitel „Ein Comic(ver)führer“.

Unkritisch ist Herr Dr. phil. Schäfer, der als Musik- und Literaturkritiker unter anderem auch für den Rolling Stone, die taz oder Zeit Online schreibt, dabei allerdings keineswegs. Ulli Lusts jüngstem Werk, der überaus gelungenen Adaption von Marcel Beyers makabrem Roman Flughunde, beispielsweise attestiert er, mit der Häufung des Stilmittels der Onomatopoesie „hilflos-infantil und der existenziellen Grundsituation formal nicht annähernd gewachsen“ zu sein. Dennoch lobt er Ulli Lusts visuellen Einfallsreichtum und findet ihre Stärken beispielsweise in der „Visualisierung des Unaussprechlichen“ oder darin, wie sie „ganz unmittelbar, mit ein paar wenigen Strichen“ die Atmosphäre der Orte auf den Punkt genau darstellen kann und damit auf artifizielle Weise das Erzählte kommentiert.

An anderer Stelle bezeichnet er Will Eisners Spirit-Comics als „manchmal abstrus, unmotiviert, trivial“ und mit einer „allzu entschiedene[n] Richtung ins Volkspädagogische“. Dennoch erkennt Schäfer die Virtuosität, die Originalität und die Innovationskraft Eisners und bezeichnet Eckart Schotts Gesamtausgabe als „liebevoll[…], splendid[…], nicht genug zu loben[…]“.

Mit diesen Beispielen sollte die Haltung Frank Schäfers ausreichend dargelegt sein: Ein Gegenstand muss in seinen Augen nicht perfekt oder makellos sein, es reicht vollends, wenn er aufrichtig, faszinierend, vielleicht auch einzigartig ist. Die Dinge mit all ihren Stärken und Schwächen zu lieben, das zeichnet den wahren Fan aus, und Frank Schäfer ist dies durch und durch und zeigt uns das auch. Er hat uns mit seinem kleinen Büchlein ein schönes Spektrum an wirklich interessanten Comics zusammengestellt und umschifft dabei gekonnt das allzu Offensichtliche und Abgegriffene. Nach einem kurzen Abriss über amerikanische Superheldencomics und Zeitungsstrips, der ein klein wenig wie eine Pflichtübung wirkt, nimmt uns der Autor in immer wieder neue Nischen des modernen Comics mit. Er lässt uns teilhaben an seiner Faszination für Künstler wie Charles M. Schulz, Robert Crumb, Mawil, Reinhard Kleist, Gipi, Chester Brown, Sascha Hommer, Jiro Taniguchi oder Tardi und stellt so unterschiedliche Schlüsselwerke wie Stuck Rubber Baby, Blankets oder auch The Walking Dead vor, dass man sofort mit dem Lesen beginnen möchte.

  

Wertung: 8 von 10 Punkten

Verführung gelungen, Befriedigung garantiert. Mit dem Comicverführer von Frank Schäfer macht man sicher keinen Fehlgriff.

 

Blam! Blam! Blam! – Ein Comic(ver)führer
Andreas Reiffer Verlag, Juni 2014
Text: Frank Schäfer
128 Seiten, Kurzessays mit Bildbeispielen, Softcover
Preis: 9,90 €
ISBN: 978-3-934896-76-5
Leseprobe

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Abbildungen: © Andreas Reiffer Verlag