Outcault: Die Erfindung des Comic
Den Urcomic, die Geburtsstunde dieser Kunstform festzulegen, ist der heilige Gral der Comicforschung; jeder würde ihn gerne anfassen, doch ist die fortwährende Suche nach ihm das eigentliche Ziel. Auf diese Reise haben sich nun auch Jens Balzer und Lambert Wiesing in Outcault: Die Erfindung des Comic gemacht. Sie haben den Comicstrip The Yellow Kid eingehend studiert und erzählen von der „stehenden Figur“, vom Großstadt-Flaneur und vom besonderen Status der Sprechblase in diesem Comicstrip. Dabei bringt der dritte Band der yellow-Serie einen frischen gelben Wind in die deutsche Comicforschung.

Selten hat es ein Cover geschafft, die Essenz eines Buches so gut einzufangen, wie das Titelbild von Erotische Comics. Unser voyeuristischer Blick gleitet von den roten High Heels langsam über die Strapse nach oben. Er umspielt einen kleinen Augenblick zu lange das wohlgeformte Hinterteil; erst dann führt er uns weiter über das adrette weiße Kleidchen und über die süße Schleife hin zu einem wilden Rotschopf. Gelenkt von unserer male gaze nehmen wir Stück für Stück wahr, wie sich die einzelnen Details zu einer kompletten Frau zusammenfügen, die ihrerseits jemanden durch ein Schlüsselloch beobachtet. Obwohl nicht wir das Objekt ihrer Begierde sind, wird uns schlagartig klar, dass wir sie mit unseren Augen ausgezogen haben. Ein Gefühl der Scham setzt ein. Dieses ständige Spiel zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Betrachten und betrachtet werden, verfolgt Autor Tim Pilcher über zwei Jahrhunderte und gibt dem geneigten Leser dabei einen interessanten Einblick in das stets wechselnde Verhältnis von Kultur und Sexualität.
Ein Buch über Comics zu verfassen, ist ein genauso großer Drahtseilakt wie die Adaption einer literarischen Vorlage für die große Leinwand. Ständig wird man zwischen künstlerischer Eigenständigkeit und Werktreue balancieren müssen, um sich selbst, dem Publikum und dem Markt gerecht zu werden. Obwohl die perfekte Besänftigung all dieser Gruppen einem Wunschtraum gleichkommt, hat sich Comicredakteur Klaus Schikowski mit Die großen Künstler des Comics (im Edel Verlag erschienen) einer solchen Aufgabe gestellt. Als Gegenstand und auch als Unterstützung für das Projekt hat sich Schikowski 34 große Comic-Künstler von Rudolph Dirks bis hin zu Marjane Satrapi mit aufs Drahtseil geholt.
Seit mehr als einem Jahr nun färben sich die Träume von deutschen Comicwissenschaftlern in sattem Gelb, denn im Januar 2008 gründete der wissenschaftliche Mitarbeiter der Ruhr-Universität Bochum, Christian A. Bachmann, seinen gleichnamigen Verlag. Bachmann setzt dabei mit seiner gelben Reihe „yellow: Schriften zur Comicforschung“ genau auf die Nische, die bisher von der deutschen Verlagsgemeinde vernachlässigt wurde, auf die Comic-Wissenschaft. Das Gelb, so Bachmann im Vorwort zum ersten Band der Reihe, soll an den gelben Schlafrock von Mickey Dugan erinnern, aus Outcaults cartoon strip The Yellow Kid, der für viele Wissenschaftler die Geburtsstunde des Comics markiert. Der zweite Band Ingenieur der Träume – Medienreflexive Komik bei Marc-Antoine Mathieu von Dr. Rolf Lohse ist nun in der zweiten Auflage erschienen.
Für den Sonderband „Comics, Mangas, Graphic Novels“ der Reihe
Zum 25. Jubiläum feiert die Reddition, Deutschlands Zeitschrift für Graphische Literatur, sich selbst und das Medium „Comic“ mit einer fast hundert Seiten starken Doppelausgabe (Band 49 und 50) und dem Titelthema „Comics und Literatur“. Seit 1984 liefert dieses ambitionierte Projekt ausführliche Porträts und Dossiers über europäische, amerikanische und auch japanische Comics und deren Künstler. Dabei lag der Schwerpunkt der Publikation stets auf der exakt aufgearbeiteten Präsentation von historischen Fakten über Comics, interessanten Hintergrundinformationen über Künstler und original Bildmaterial der entsprechenden Publikationen. Zum Jubiläum versuchte man in gewohnter Qualität nachzulegen und auch endlich dem Untertitel der Zeitschrift für Graphische Literatur mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Die 101 wichtigsten Fragen heißt eine Taschenbuchreihe beim Verlag C.H. Beck, die sich auf populäre Art umfassend mit Themengebieten aus Geschichte, Wissenschaft und Kultur beschäftigt, und das mit einer großen Bandbreite. So gibt es u.a. Ausgaben zu Thomas Mann, dem Islam, den Germanen und zur Mathematik. Und seit letztem Herbst auch einen Band über Comics und Manga. Autor ist Andreas Platthaus, der als Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Allgemeinen regelmäßig über Comics schreibt und auch schon diverse Fachbücher veröffentlicht hat.
Im ostwestfälischen Bielefeld gastiert noch bis zum 5.April 2009 die Ausstellung Jahrhundert der Comics – Die Zeitungs-Strip-Jahre. Dabei zeigt das Museum Huelsmann, unter Leitung von Kurator Dr. Alexander Braun, frühe amerikanische Zeitungs-Strips, die so bisher in Deutschland noch nicht zu sehen waren. Die Sammlung, die fast ausschließlich aus dem Privatbesitz des Kurators selbst stammt, führt den deutschen Leser in eine Welt der Zeitungscomics ein, die eigentlich als Wegwerfkultur gedacht war. Ein gern gesehener Begleiter jeder Museumsausstellung – hat man selbige nun besucht oder auch nicht – ist immer der entsprechende Katalog zur Ausstellung. Auf den bebilderten Seiten des stattlichen Folianten findet der Leser neben Reproduktionen der Exponate einen unerlässlichen Fundus an Informationen über die frühen Strips und deren geschichtlichen Kontext. Im Fall dieses begleitenden Katalogs geht jedoch das gedruckte Wort in all seiner Fülle über die Kraft der ausgestellten Bilder hinaus.