Monate: August 2010

Sun Village

 Eine Wohnsiedlung in den Berghang gebaut, so angelegt, dass auch jeder gleich viel Sonne bekommt, eine Ansammlung von Wohnmaschinen mit allen Extras – vom Flachbildschirm bis hin zur Hypothek von 35 Jahren – das ist Sun Village. Die traurige Wirklichkeit der einzelnen Existenzen, die sich hinter dieser musterhaften Fassade verbirgt, ist beispielhaft für unsere moderne Welt. Der gefeierte Mangaka Inio Asano zeichnet in seinem neuen Manga Sun Village ein einfühlsames und poetisches Bild dieser Welt, ohne dabei ihre Brutalität und ihre Trostlosigkeit außen vor zu lassen.

Marvel 1602

 Aufgrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 wollte Erfolgsautor Neil Gaiman (Sandman) kein Szenario zwischen Wolkenkratzern schreiben. So vollzog er die literarische Flucht „nach hinten“. Also ab in die Vergangenheit! Bei Panini Comics ist im Frühjahr eine weitere (Softcover-)Gesamtausgabe der von Kritikern und Publikum gleichermaßen gefeierten Serie erschienen. Offensichtlich traf er mit seinem eskapistischen Rückzug den Nerv der Zeit. Jedenfalls hat sich Gaiman mit Andy Kubert (Wolverine – Origin) zusammengetan, um das vertraute Marvel-Universum in das Jahr 1602 zurückzuverlegen.

The Warlord 1 – Skartaris

 Während eines Erkundungsfluges kommt US-Airforce-Pilot Travis Morgan vom Kurs ab und entdeckt eine abgeschottete Welt im Erdinneren. Skartaris heißt das archaische Negativ zu der uns bekannten Außenwelt. Mit Schwert und Pistole kämpft er sich fortan durch ein Reich voller Dinosaurier, Ungeheuer, Sklaventreiber und Despoten. Zeit scheint irrelevant, denn die verläuft in Skartaris mal rasend schnell, mal scheint sie still zu stehen. Kein Wunder also, dass dem Krieger aus der vermeintlich fortschrittlicheren Zivilisation über Nacht auf dem Kopf und im Gesicht eine weiße Haarpracht wächst.

Buddy Longway 20 – Legende

Der Start des Western-Epos Buddy Longway liegt nun mittlerweile gut 30 Jahre zurück (Band 1 erschien 1981 bei Carlsen). Die Geschichte um einen Trapper in den Rocky Mountains, der sich in eine Squaw verliebt, findet im 20. Album schließlich seinen Abschluss. Ein von vornherein geplantes Ende, wie Derib selbst sagt. Und in eben jenem wird nochmal die ganze Gefühlspalette bedient. In der Tat halten sich im Finale schöne und traurige Momente die Waage, zusätzlich sorgt ein mit rohen Bleistftilinien gezeichneter und durch seichte Aquarellfarben unterlegter Epilog  dafür, dass der große Zyklus um Buddy Longway als runde Sache erscheint. Ein großes Lob gebührt den Jungs von Finix Comics, dem als vierter deutscher Verlag im Bunde die Ehre zuteil wurde, die Erzählung über die Jahre hinweg fortzusetzen. Neben dem überraschenden Finale, das wohl nicht jedem langjährigen Leser gefallen wird, lassen sich im Extrateil des Hardcoverbandes noch weitere Highlights entdecken: Sowohl ein mehrseitiges Portrait des verantwortlichen Künstlers Derib als auch ein Interview mit diesem findet man im Anhang. Da spürt man einfach den redaktionellen Aufwand für eine Serie, …

RIA – Die Lichtclan-Chroniken 1

 DOPPELREZENSION
Die Überraschung beim Comic-Salon war RIA Die Lichtclan-Chroniken. Da taucht aus dem Nichts ein Album auf, das einen erstmal umhaut und begeistert. Stilistisch erinnert es an einen Trickfilm; aufwendige, gemalte Hintergründe und Figuren in einem klaren Strich ohne Schraffuren oder Schwarzflächen. Die Panels sind bis ins Detail liebevoll ausgezeichnet, eine tolle Farbgebung und pointiert eingesetzte Computereffekte. Höchstes zeichnerisches Niveau, das an Barbucci erinnert, begeistert und zum Spontankauf verleitet. Freudig beginnt man zu lesen – und ist schnell ernüchtert.

Die Plastikmadonna

 Die französischen Künstler Pascal Rabaté und David Prudhomme sind spätestens seit diesem Jahr dem deutschsprachigen Comicleser nicht mehr unbekannt. Von beiden wurde unlängst je ein Werk bei Reprodukt veröffentlicht, zum einen Rabatés Bäche und Flüsse, zum anderen Prudhommes Rembetiko. Die Plastikmadonna, eine Kollaboration, erschien nun bei Carlsen unter dem großzügig bedientem Graphic-Novel-Label.

Die Reise mit Bill

 Wie aus dem Nichts meldet sich nach langer Comicabstinenz einer der, auch international, renommiertesten deutschen Comicschaffenden eindrucksvoll zurück. Die Rede ist von Matthias Schultheiss, der vor allen in den 80ern seine große Zeit hatte und mit Alben wie Trucker, Die Haie von Lagos oder Die Wahrheit über Shelby für Furore sorgte. Sein fast 300 Seiten starkes Comeback, das als Splitter Book erschienene Album Die Reise mit Bill, wirkt wie ein Paukenschlag.

Predators

 Gerade erst startete der dritte Predator-Streifen in den deutschen Kinos, schon gibt es bereits die „offizielle Vorgeschichte“ exklusiv in Comicform. Eine in den letzten Monaten und Jahren bei US-Verlagen beliebte Praxis, wie auch ein Rückblick auf die die ebenfalls hierzulande veröffentlichten Comicprologe zu den Filmen Star Trek, 28 Days Later oder The Hills Have Eyes beweist. Im Gegensatz zu den aufgezählten Beispielen versucht der zweigeteilte Predators-Prolog nicht, krampfhaft die filmische Kontinuität mit wichtigen Fakten zu erweitern oder auszuschmücken.

Der Planwagen des Thespis 2

 Bei Der Planwagen des Thespis handelt es sich um eine Western-Reihe aus dem Frühwerk Christian Rossis. Über zwanzig Jahre hat die Serie inzwischen auf dem Buckel. Was die Serie durch eine altbackene Grafik eingebüßt hat, kann sie mühelos durch den für das Western-Genre anspruchsvollen Inhalt wieder wettmachen. Frei von Pathos und Klischees vermag Rossi dieses Genre um einige Facetten zu erweitern. Und das schafft der Comickünstler, der in den ersten beiden Bänden noch selbst für das Szenario verantwortlich ist, indem er mehrdimensionale Figuren beschreibt, die durch differenzierte Haltungen und philosophische Dialoge auffallen.