Dr. Grordborts glorreicher Wegweiser zum Triumph dürfte wohl eine der skurrilsten Publikationen des Jahres sein. Der Hardcover-Band im Albenformat beinhaltet alles bislang verfügbare Material rund um das Leben und Wirken des erfindungsreichen Dr. Grordbort, das der neuseeländische Künstler Greg Broadmore aufgezeichnet hat.
Broadmores Arbeit kann man letztlich nur als Gesamtkunstwerk im breiteren Zusammenhang begreifen. Sein kontrapulatronisches Dings-Verzeichnis illustriert in Form eines Bestellkataloges diverse Errungenschaften einer fiktiven Retro-Zukunft, einer Art futuristisch-viktorianischen Melange aus Sci-Fi und Steampunk. Darunter so irrwitzige Konstruktionen Grordborts wie den Trengtington Terrestrialen Terrorköter, der, laut Anzeige, einen Sandwichmaker bereithält, Feinde mit künstlicher Befruchtung in die Flucht schlägt und auf Kommando „sitz“ machen kann. Oder z.B. der Goliathon 800 Mondhasser Todesstrahl, für den Vergeltungsschlag gegen den „großen, weißen Weltraumidioten“. Die Reihe an aberwitzigen Erfindungen ist schier unendlich. Dass Broadmore diese bis ins allerkleinste Detail ausarbeitet, wunderbar präzise abbildet und sie mit urkomischen Werbetexten begleitet, macht die Angelegenheit für den Leser ungemein plastisch und in der konsequent hochgehaltenen Irrationalität beinahe schon wieder authentisch.
Doch darin erschöpft sich Broadmores Ideenreichtum noch lange nicht. Dazu muss man erwähnen, dass Lord Cockswain sowas wie der Titelheld des Bandes ist. Der britische Adelige kämpft an vorderster Front im Krieg um extraterrestrische Kolonien. Insofern ist Grordborts Wegweiser in Wahrheit ein Kompendium zur Kriegsverklärung. Soldaten werden glorifiziert, Außerirdische brutal ausgemerzt und Tötungsmaschinen frei Haus geliefert. Zynischer könnte man mit dem heiklen Thema Krieg und Kolonisierung fremder Planeten kaum umgehen. Gut, dass der neuseeländische Zeichner dabei dermaßen augenzwinkernd und satirisch vorgeht, dass man beim Lesen einfach nur seinen Spaß hat.
Und von dem bekommt man reichlich: Verzeichnisse von Fahrzeugen, der Fauna von Mars und Venus und den Alien-Gegnern erweitern das Hintergrundwissen in ähnlicher Weise wie der eingangs geschilderte Katalog der Waffen. Dazwischen sind immer wieder herrlich altmodisch anmutende Propagandaplakate und Filmposter abgedruckt. Und als Kern des Ganzen ist der Band ebenfalls durchsetzt von relativ kurzen Comicerzählungen, die von Lord Cockswains neuesten, heldenhaften Abenteuern berichten. Für sich genommen sind diese Episoden nicht überragend, aber sie sind zum einen mit ihrer gemäldeartigen Optik sehr aufwändig gestaltet und machen andererseits in der Gesamtschau aller vielfältigen Komponenten des Bandes mehr als Sinn.
Insofern sollte man Dr. Grordborts glorreichen Wegweiser zum Triumph, nicht nur wegen des recht hohen Anteils an Nicht-Comicseiten, nicht als Comicalbum bewerten, sondern ihn als Gesamtwerk begreifen, das einen mit verschiedenen Stilmitteln in seine eigentümliche Welt zieht.
Ein großes Lob geht dabei auch an die deutsche Übersetzung von Maria Morlock. Broadmores Texte leben von ihrem Sprachwitz, der sich aus einer Mischung aus technischen, fiktiven Fachbegriffen, schwarzem Humor und einer flapsigen, direkten Ansprache speist. Dass die Übertragung ins Deutsche in diesem Fall so gut geglückt ist, dass das Lesen einfach nur Freude macht, ist sicherlich nicht selbstverständlich.
Wertung:
Ein einmaliges Meisterwerk, das man in keine Schublade stecken kann
Dr. Grordborts glorreicher Wegweiser zum Triumph
Cross Cult, September 2013
Text und Zeichnungen: Greg Broadmore
Übersetzung: Maria Morlock
160 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 39,80 Euro
ISBN: 978-3-86425-186-3
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Cross Cult