Zuletzt machte der französische Künstler Joann Sfar ja weniger als Comicschaffender denn durch den von ihm als Drehbuchschreiber und Regisseur inszenierten Film Gainsbourg (über den Chanson-Sänger Serge Gainsbourg) von sich reden. Und da der begleitende, von Sfar gezeichnete Comicband, im Gegensatz zum Streifen selbst, bis dato nicht als deutsche Fassung vorliegt, muss man sich einstweilen eben einem der anderen Sfar-Projekte widmen.
Die Serie Klezmer zählt dabei zweifelsohne zu den engagiertesten und anspruchsvollsten. Vor kurzem ist der mittlerweile dritte Band „Diebe, alles Diebe!“ auf Deutsch erschienen. In Odessa zur Zarenzeit nistet sich die bunt gemischte Klezmer-Band, die sich zu Beginn der Serie gefunden hat, in einem schicken Haus ein und beendet damit ihr Vagabundendasein. Doch der Frieden wird jäh gestört, als der Gruppe unfreiwillig eine Kiste Waffen in die Hände fällt und sie es daraufhin mit Gangstern zu tun bekommt.
Es ist auch für den Leser genau so, wie Sfar es auf Seite 1 formuliert: „Da sind sie wieder“. Er beschreibt damit die Freude, die es ihm macht, immer wieder zu den Figuren aus Klezmer zurückzukehren. In der Tat macht das Lesen der Serie mit jedem weiteren Band immer noch mehr Spaß, weil man langsam ein besseres Gefühl für die Charaktere, für ihre Eigenarten, aber auch für die Klezmer-eigene Art des Erzählens erhält. Sfar verbleibt nie zu lange an einem Thema, er pendelt eher episodenhaft zwischen den einzelnen Geschehnissen, zwischen dem, was die Mitglieder der Band erleben. Das können mal ruhige Dialoge sein, mal melodische Musikeinlagen, die sich einfach hin und wieder dazwischendrängen.
Man merkt Klezmer an, wieviel Spaß Joann Sfar beim Zeichnen hatte. Wie aus einem Guss wirkt seine Geschichte, so als ob er den Zeichenstift bis zur letzten Seite nicht ein einziges mal absetzen würde. Bedenkt man seine allgemeine Produktivität in Sachen Comics, könnte man das sogar fast glauben.
Einen klaren, einheitlichen Grafikstil sucht man hingegen vergebens. Jedes neue Kapitel, manchmal gar jedes neue Panel überrascht mit einer ureigenen Interpretation von Sfars bewährter Aquarellkolorierung, die er über seine zittrigen Outlines legt. Dabei bleibt keine denkbare Farbnuance verschont, völlig unabhängig davon, ob sie der Realität entspringt. Es herrscht stets der Farbton vor, mit dem sich der Künstler atmosphärisch in dem Augenblick des Entstehungsprozesses verbunden fühlt. Das Ergebnis ist eine bunte, aber nie aufdringliche Untermalung, die schlichtweg einzigartig ist.
Der in jedweder Hinsicht fesselnde Comicband schließt mit einigen persönlichen Ausführungen von Joann Sfar. Er erzählt von eigenen Erlebnissen, von Odessa und hält einen Exkurs über den Staat Israel. Das hat mit der Klezmergruppe aus dem Comicanteil nur am Rande zu tun, liest sich aber durchaus ansprechend.
Wertung:
Exzellente Fortsetzung einer niveauvollen, grafisch hervorragenden Reihe
Klezmer 3 – Diebe, alles Diebe!
Avant-Verlag, Dezember 2010
Text und Zeichnungen: Joann Sfar
160 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 19,95 Euro
ISBN: 978-3-939080-47-3
Abbildungen © Joann Sfar, der dt. Ausgabe: Avant-Verlag