„Change“, Veränderung, ist das grundlegende Thema dieser neuen Serie aus dem Hause PlemPlem Productions, dem kleinen Verlag aus dem süddeutschen Wörth.
Veränderung bezieht sich natürlich vorrangig auf den Inhalt dieser neuen Heftserie, denn wir begegnen direkt auf der ersten Seite Jacob Dillon, der seine große Liebe kennenlernt und sie direkt auf der zweiten Seite schon wieder durch einen Unfall verliert. Dadurch gerät sein Leben etwas in Schieflage. Durch einen mysteriösen Meteoritenschauer kriegt er aber Kräfte, die ihn selbst in die Lage versetzen, Dinge zu ändern. Viel mehr möchte ich nicht verraten, denn der eigentliche Clou der Geschichte würde allein durch seine Erwähnung hier schon zu viel verraten.
Veränderung bezieht sich aber auch auf vieles um das Heft herum. Es markiert zum Beispiel einen echten Wendepunkt in der Veröffentlichungshistorie des Verlags PlemPlem Productions. Dieser machte sich bisher mit Veröffentlichungen in der Tradition ganz früher Weissblech-Comics einen Namen: Die Geschichten waren krude gezeichnete Erzählungen von drogenabhängigen Katern, Walrossen und bekloppten Robotern, die in Serien wie Whoa Comics oder Dopey und Horst erschienen. 2011 ging man dann erste Schritte in Sachen Superhelden, als das bisher einzige Heft der Serie Teenage Superfreaks herauskam, das aber auch keine ganz großen Wellen schlug. In meinen Augen zu Recht, denn die Zeichnungen waren immer noch unbeholfen, die Farben ein einziger Brei und die Geschichte holprig.
The Changer jetzt ist das erste Heft, das sich nicht mehr sofort auf den ersten Blick als Hobbyprodukt zu erkennen gibt.
Das liegt zum einen an den beiden Männern, die für die grafische Gestaltung des Hefts verantwortlich waren: Thomas Wagner, Zeichner, und Dennis „Bouncie D.“ Lehmann, Kolorist.
Bei Thomas Wagner, der Bleistift- und Tuschezeichnungen in Personalunion beiträgt, fragt man sich, wo der Junge plötzlich herkommt, denn er überzeugt von Beginn an mit einem sehr sicher wirkenden, ausdrucksstarken Strich. Man sieht eindeutig einen gewissen US-amerikanischen Einfluss, aber nie wirkt etwas abgezeichnet. Den Hintergründen seiner Zeichnungen bemisst er nicht die ganz große Bedeutung zu; das meiste ist, wenn überhaupt, aus dem Kopf gezeichnet. Das ist per se nicht schlimm, man erkennt Hochhäuser als Hochhäuser und eine Kommode als Kommode … doch hier würde es nicht schaden, wenn zumindest ein IKEA-Katalog als Referenz für Inneneinrichtungen herhalten würde, um nicht alles so beliebig aussehen zu lassen.
Auch bei den Zeichnungen setzt sich das Motto der Veränderung fort, wenn auch sicher nicht beabsichtigt, sondern einfach aus dem Arbeitsvolumen heraus: Man sieht sehr deutlich, wie sowohl Thomas Wagner als auch Dennis Lehmann im Laufe der 36 Seiten besser werden. Die Figuren wirken am Ende der Geschichte deutlich aufgeräumter und gekonnter. Die Farben von Lehmann, die schon zu Beginn der Geschichte angenehm zurückhaltend bleiben, unterstützen die Zeichnung zunehmend durch intelligente Effekte, ohne aber in den Vordergrund zu drängen.
Zum anderen erweckt den Eindruck, dass hier nicht nur Hobbyarbeit geleistet wird, aber die Geschichte von PlemPlem-Mastermind Christopher Kloiber.
Die oben angesprochenen Veränderungen innerhalb der Geschichte, die auch von den Helden und Nebendarstellern direkt herbeigeführt werden, sind bisweilen überraschend intelligent geschrieben. Hier muss man dem Autor ein großes Kompliment aussprechen: Er bricht häufig mit den Erwartungen des Lesers, indem er zum Beispiel die Protagonisten der Geschichte nicht chaotisch losrennen lässt, sondern alles sehr überlegt wirkt. Diese sind nicht nur skizzenhaft angelegt, sondern überzeugen mit Eigenleben. So hat man beim Lesen schon in der zweiten Hälfte dieses ersten Heftes das Gefühl, dass die Figuren die Geschichte vorantreiben, nicht der Plot.
Was ich bis jetzt nicht verstehe, ist die elendige Verenglischung der Namen und wohl auch des Schauplatzes. Das hat, zumindest bisher, keinerlei Mehrwert für die Geschichte, wäre umgekehrt sogar noch ein bisschen schöner, weil es ja eine Erzählung aus Deutschland ist. Warum also nicht explizit in Deutschland spielen lassen? Und hier und da hakt dann die Geschichte auch noch ein bisschen, wenn beispielsweise auf einer Seite geschrieben steht „Deine Reise hat begonnen“ und auf der darauffolgenden Seite „Deine Reise ist hier zu Ende“.
Aber der Gesamteindruck überzeugt, daher bin ich, vor allem in einer Premierenausgabe, sehr gewillt, über noch nicht so ganz runde Kleinigkeiten hinwegzusehen und mich stattdessen auf die zweite Ausgabe zu freuen. Die leider erst nächstes Jahr erscheint.
Wertung:
Überzeugender Start in eine interessant anmutende Serie, an der vor allem Fans von amerikanischen Superhelden-Comics und Science-Fiction Spaß haben dürften
The Changer 1
PlemPlem Productions, September 2013
Text: Christopher Kloiber
Zeichnungen: Thomas Wagner
Farben: Dennis „Bouncie D.“ Lehmann
36 Seiten, farbig, Heft
Preis: 4,90 Euro
Bestellbar über Verlags-Onlineshop
Abbildungen © Thomas Wagner