Christophe Bec hat sich innerhalb weniger Jahre einen Namen gemacht und kann eine treue Fanschar an sich binden. Dabei beschränkt er sich nicht allein darauf, Szenarien zu schreiben, sondern zeichnet auch Comics. Und so schreibt er mal jene Serie und lässt sie von einem anderen Zeichner gestalten, mal verzichtet er auf die Autorenschaft und illustriert die Skripts anderer. Aber seine Vorliebe für bestimmte Sujets, Settings und Themen ist sehr offensichtlich, was dazu führt, dass seine Comics einerseits einen großen Wiedererkennungswert haben, aber andererseits manchmal Überraschungen vermissen lassen.
Ein gewisser Widerspruch, denn seine Serien wie etwa Bunker, Carthago, Prometheus und Heiligtum leben ja eben vom Geheimnisvollen. Stets wird eine faszinierende, mysteriöse Stimmung geschaffen und ein sehr spannendes Handlungsgerüst aufgebaut. Das sind Becs positive Markenzeichen. Negativ fällt durchaus auf, dass oft schon die Fortsetzungsbände etwas nachlassen (wie etwa bei Prometheus), da sie mit dem fulminanten Einstieg nicht mehr mithalten können und die Auflösung anhand des komplexen Rätsels oft enttäuscht. Dabei bleibt sich Bec immer treu und das ist es, was die Überraschungen vermindert.
Ob es nun Siberia 56 ähnlich gehen mag, bleibt noch abzuwarten. Jedenfalls hebt sich die neue Serie etwas von Becs übrigem Oeuvre ab, da die Ausgangssituation diesmal sehr klar ist und kein großes Mysterium entworfen wird. Die eigentliche Handlung passt auf einen Bierdeckel, aber da man mit den Protagonisten einen fremden Planeten erforscht und reichlich Action vorherrscht, ist es dennoch sehr spannend ausgefallen.
Nach einer Reise von 80 Millionen Lichtjahren ist eine Gruppe von Wissenschaftlern fast am Ziel angelangt: ein Basislager auf dem Eisplaneten Siberia 56, welches die Lebensumstände untersucht und herauszufinden hofft, ob man den Planeten kolonisieren kann. Doch das Raumschiff stürzt ab und die fünf Neuankömmlinge müssen sich zu Fuß auf den Weg zum Lager machen. Durch diese Reiseart lernen sie den Planeten näher kennen als ihnen lieb sein wird.
Trotz aller Spannung und Survival-Action gibt es leider keinerlei richtige Dramatik bei den Charakteren. Demzufolge leidet auch die Dynamik zwischen den Figuren. Bei Windgeschwindigkeiten über 300 km/h und Temperaturen bis zu minus 200 Grad müssten angesichts der Bedrohung die Nerven der Charaktere eigentlich blank liegen. In Katastrophenfilmen oder Survivalabenteuern führt so eine Situation in der Regel zu persönlichen Spannungen und Konflikten, welche es dem Zuschauer oder Leser erlauben, die Figuren näher kennenzulernen und sich mit einem Teil von ihnen zu identifizieren und sich somit emotional einzubringen. Bec verzichtet hier völlig darauf, seine Protagonisten bleiben äußerst blass und sind nur optisch mit Konturen versehen. Das ist schon recht verwunderlich – und sehr enttäuschend.
Hier steht deutlich das Optische im Zentrum des Geschehens. Die Story wird nur als Gerüst genutzt, um eine fremde Welt zu entwerfen und sich zeichnerisch auszutoben. Das ist durchaus beeindruckend ausgefallen. In großem Detailreichtum entwirft Alexis Sentenac einen kalten, lebensfeindlichen Planeten, bei dessen Anblick man schon frösteln muss. Der Zeichner macht es sich dabei nicht einfach, indem er den Raum etwa mit vielen Panoramapanels ausfüllt, sondern nutzt viele kleine Panels und Einschübe, um eine optische Dynamik herzustellen, die der Story an sich teilweise fehlt. Auf diese Art und Weise werden sehr geschickt die Schwächen der Handlung übertüncht und man fühlt sich doch ordentlich unterhalten.
Wertung:
Für Bec erstaunlich ist die Story bislang sehr schwach, was aber durch Setting und Zeichnungen halbwegs wettgemacht wird.
Siberia 56 1 – Die dreizehnte Mission
Splitter Verlag, September 2014
Text: Christophe Bec
Zeichnungen: Alexis Sentenac
Übersetzung: Tanja Krämling
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-737-7
Euro: 13,80
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag
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