Patrick Prugnes Pawnee ist die Fortsetzung zu Frenchman, wobei es nicht zwingend erforderlich ist, den anderen Band zu kennen, da die hier erzählte Geschichte auch eigenständig funktioniert. Einzig die Figuren werden beibehalten, und auch wenn keine Entwicklung stattfindet, darf man sich auf ein Wiedersehen freuen.
Angele reist in die neue Welt, um ihren Bruder Alban und ihren Liebsten Louis zu finden. Doch Louis ist verschwunden, und der vom Gesetz gesuchte Alban hat die Suche nach seinem Freund längst aufgegeben. Er sieht keinen Grund mehr, in Amerika zu bleiben, und macht sich auf den Weg zur Küste, um nach Europa zurückzukehren. Ahnungslos, dass seine Schwester bereits in den USA ist und die gefährlichen Weiten durchquert, schließt er sich einer Gruppe von Milizionären an, die allerdings von einem rachsüchtigen Indianer gejagt wird.
Das mit dem Wiedersehen ist auch das größte Manko des Bandes, um einmal mit den negativen Aspekten zu beginnen. Konsequent setzt Prugne die Parallelmontage ein und erzählt im ständigen Wechsel die Reisen der zwei Hauptfiguren. Ein wesentlicher Punkt der Spannung besteht nun einmal in der Frage, ob sie sich finden und begegnen werden, schließlich ist das der eigentliche Grund der Reise. Bei all den Gefahren, bei denen man ohnehin mit den Figuren mitfiebert, ist das der zentrale offene Punkt.
Und wie leichtfertig wird er am Ende verschenkt, indem Prugne überhaupt nicht darauf eingeht. Was wird da nur für ein emotionales und dramatisches Potenzial verschenkt. Hat Prugne sich nicht getraut? War er sich nicht sicher, ob das nicht zu kitschig werden würde? Aber das Wiedersehen überhaupt nicht zu erzählen, ist eine Art Betrug am Leser und entlässt ihn mit einem üblen Gefühl aus der Geschichte, was sie beileibe nicht verdient hat. Zum einen kann man nämlich von Prugnes Aquarellbildern nie genug bekommen. Wie er die Landschaft einfängt und ihr huldigt, wie seine Figuren sich in ihr verlieren und ein Teil von ihr werden, ist wunderschön und lässt einen von der damaligen Zeit träumen. Man fühlt sich unweigerlich in eine Kindheit voller Lederstrumpf-Romane versetzt und reitet mit. Zum anderen ist auch die Story spannend. Denn neben der Reiseerzählung ist Pawnee auch ein Actionkrimi, in dem einer nach dem anderen von einem Indianer ermordet wird und der Held sich in einer Verstrickung gefangen sieht, aus der er nicht entkommen kann. Leider wird er nicht aktiv und seine Erlösung kommt nur von außen.
Generell bleiben die Figuren eher blass und die Story ist zugegeben etwas dünn. Prugne hatte offenbar Mühe, in den Weiten des Westens eine Geschichte zu finden. Da waren ihm, wieder einmal, die Bilder wichtiger. Und die sind ein Fest fürs Auge, wenngleich seine Figuren sich dem Stil von Loisel immer mehr angleichen.
Wertung:
Auch wenn das Ende schon fast ein Betrug am Leser ist, ist die Reise dorthin wunderschön und spannend.
Pawnee
Splitter Verlag, Juli 2014
Text und Zeichnungen: Patrick Prugne
Übersetzung: Tanja Krämling
104 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 22,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-656-1
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag