Peter Mennigen ist im Comicbereich schon ein alter Hase, auch wenn der Name nur wenigen bekannt sein dürfte. Aber er hat für einen Großteil der Heftreihen des Bastei-Verlages geschrieben. So gehen etwa viele der Gespenster Geschichten oder auch Arsat auf sein Konto. Als die Gespenster Geschichten vor nicht allzu langer Zeit neu gestartet wurden, wollte der Verlag ein Gimmick und ließ ein Hörspiel produzieren. Mennigen entwickelte dafür Malcom Max, den Detektiv für das Paranormale, mitsamt seinem weiblichen Sidekick, der Halbvampirin Charisma (was für ein Name!). Die Titelfigur dürfte manchem Leser also schon bekannt vorkommen.
Und sowohl die Figur des Malcolm Max als auch das Setting sind sehr vielversprechend. Max arbeitet für einen Geheimorden als Detektiv, der sich vor allem mit paranormalen Fällen beschäftigt. Dabei hat er selber keine besonderen Fähigkeiten, abgesehen von Mut, Charme und Körperkraft. Begleitet wird er von der Halbvampirin Charisma, die weitab von jeglicher Zivilisation aufgewachsen und demnach recht naiv ist. In London werden sie mit Fällen von Leichendiebstahl konfrontiert, zudem macht ein Serienmörder die Stadt unsicher. Malcom weiß relativ schnell um die Identität des Mörders, doch dieser wurde vor einiger Zeit hingerichtet. Langsam erkennt das ungleiche Gespann, dass die Ereignisse zusammenhängen könnten und begeben sich in große Gefahr.
Ein Privatdetektiv im viktorianischen London ist auch in der Kombination mit Horror beileibe nicht neu. Schließlich hatte schon Sherlock Holmes Begegnungen mit dem Übersinnlichen. Nicht bei seinem Schöpfer Arthur Conan Doyle, aber bei dessen Epigonen. Wenn man nun aber ein Faible sowohl für Krimis als auch für Horror und Historienstoffe hat, kann man hier nichts falsch machen. Vor allem, da Malcolm Max nicht nur von der Konzeption her ganz in der Tradition der ehrwürdigen Gothic Novel steht. So war die viktorianische Epoche geprägt vom Beharren auf Traditionen (vor allem bezüglich der Werte) und vom Aufbruch in das technische Zeitalter, wobei diese Diskrepanz (heute noch zentral im Steampunk zu finden) zu kulturellen Blüten führte. So gibt es im ersten Teil der Serie, „Body Snatchers“, Anspielungen und Zitate am laufenden Band. Da wären vor allem die Leichendiebe, denen schon Robert Louis Stevenson eine Novelle widmete, und die tatsächlich ihr Unwesen trieben. Aber auch auf Holmes, Dracula, Frankenstein, Roboter im Sinne von H.G. Wells und Jack the Ripper wird mal mehr, mal weniger deutlich angespielt. Wer daran Gefallen findet, dem dürfte schon jetzt das Comicwasser im Mund zusammenlaufen.
Und in der Tat ist der Auftakt sehr gelungen. Gut, der Comic ist arg dialoglastig ausgefallen und vieles wird nur durch den Text vorangetrieben. Das liegt daran, dass Autor Mennigen auch sprachlich die Tradition der Gothic Novel aufgegriffen hat. Allerdings ist der Off-Text durchaus kontrastierend zu den Bildern, was schon sehr amüsant ist. Und vor allem die Dialoge sind köstlich und extrem lustig, wie schon das Beispiel des Gesprächs der beiden Helden auf dem Friedhof zeigt, das man in der Leseprobe finden kann.
Leider fängt Mennigen bislang nichts mit den Vampirkräften der Heldin an, doch dafür wird die unterschwellige, verbotene Erotik zwischen den Hauptakteuren sehr schön herausgestellt und Charismas Unzivilisiertheit scheint immer wieder durch. Trotz der Erotik- und Humorelemente kommt der Horror nicht zu kurz; der Band ist wirklich spannend. Vor allem ist auch das Setting stimmig und trotz aller Anspielungen wirkt das Album mit seinen vielen verschiedenen Figuren und Handlungssträngen niemals überladen und bringt auch Zeithistorisches wie die frühe Frauenbewegung mit ein.
Ingo Römlings Zeichungen schwelgen in zeitgenössischen Dekors. Seine übersichtlich angeordneten Panels tragen zur Ordnung bei, sind aber dennoch wirkungsvoll und ziehen den Leser in die Abgründe der Geschichte. Die Perspektivenwahl ist abwechslungsreich und immer gelungen. Und so ist der Auftakt zu dieser neuen Serie trotz einiger kleiner Schwächen sehr überzeugend und macht von der ersten Seite an süchtig.
Wertung:
Sehr gelungener Serienauftakt, der trotz leichter Schwächen von der ersten Seite an süchtig macht.
Malcolm Max 1 – Body Snatchers
Splitter Verlag, April 2013
Text: Peter Mennigen
Zeichnungen: Ingo Römling
72 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 15,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-546-5
Leseprobe
Abbildungen: © Römling/Mennigen/Splitter Verlag
Pingback: Rezension | Malcolm Max 01 – Body Snatchers – Letterheart