Rezensionen

Kick-Ass 2

Cover Kick-Ass 2Man kann über die erste Kick-Ass-Serie von Mark Millar aus den Jahren 2008 bis 2010 mit Fug und Recht viel Schlechtes sagen. Was man ihr aber kaum absprechen kann, ist ein irgendwie mitreißender Punch: Die Story um den jugendlichen Möchtegern-Superhelden Dave Lizewski hat Frische und Drive, ist flott erzählt und bringt einigen satirischen Biss mit. Mit anderen Worten, ich habe Kick-Ass 1, obwohl mir auch dessen Schwächen ins Auge fielen, gerne gelesen. Von der Fortsetzung kann ich das leider nicht sagen.

Nachdem sich der erste Kick-Ass um die Frage drehte, wie es einem Teenie-Superhelden in unserer echten Welt ergehen würde, wiederholt Mark Millar nun das gleiche Konzept für Superheldenteams à la Avengers oder JLA. Nach den Erfolgen des Selfmade-Superhelden im Taucheranzug und seinem Sidekick Hit-Girl wollen noch mehr idealistische Bürger in bunten Kostümen für das Gute kämpfen, und so entsteht ein Team namens Justice Forever. Doch wo ein Heldenteam ist, gibt es auch ein Schurkenteam – das wird angeführt von Daves ehemaligem Mitstreiter Chris alias Red Mist, dem Sohn des Mafioso, der im ersten Teil von Kick-Ass und Hit-Girl besiegt wird. Nun will er sich rächen, als richtig übler Bösewicht, der sich den Namen „The Motherfucker“ gibt und eine Truppe kostümierter Schläger um sich schart, mit der er eine große Schlacht auf dem Times Square anzetteln möchte. Seine schärfste Waffe dabei ist Mother Russia, eine in jeder Hinsicht monströse Auftragskillerin, die keine Skrupel kennt.

Natürlich sind sie alle wieder da, die typischen Mark-Millar-Stilmittel, von denen er nicht lassen kann (und die in Björns Artikel zu Kick-Ass 1 ausgiebig seziert wurden): Die nervigen Popkultur-Anspielungen, die Homophobie, der Männlichkeitswahn, das unangenehme Frauenbild, die platten Klischees. Alles zu finden in Kick-Ass 2, zum Teil aber in schwächerer Ausprägung als im Vorgänger. Ganz im Gegensatz zum Stilmittel der exzessiven Gewalt, die hier noch einmal eine Gangart härter und krasser daherkommt als im ersten Teil: Da werden Knochen gebrochen, Tiere geköpft, Kinder erschossen und natürlich – ein klassisches Millar-Motiv – Männer per Hundebiss kastriert.

Erzählerisch ist das alles nicht besonders sinnvoll, geschweige denn notwendig. Es geht Millar einzig und allein um den Schockeffekt, um sich und seinem Zielpublikum (Männer in verschiedenen Stadien der Pubertät) zu zeigen, was für eine harte Sau man ist. Das ist für sich genommen schon ziemlich ekelhaft, wird aber noch gesteigert durch ein Vorwort von Joe Carnahan, Regisseur des A-Team-Films und einer der vielen Hollywood-Kumpels, mit denen sich Millar so gerne brüstet. In einem völlig missglückten Versuch, irgendwie ironisch-witzig zu sein, spricht Carnahan den Leser direkt an: „Hey, du Arschloch, wir wissen genau, dass das hier total perverses Zeug ist, an dem du dich aufgeilst, aber es macht einfach so verdammten Spaß.“ (Wortlaut ähnlich)

Seite aus Kick-Ass 2Dass sich Millar wirklich keine tieferen Gedanken darüber macht, was er in seinen Comics eigentlich erzählt, bewies er jüngst durch eine Interviewäußerung im Magazin New Republic. Angesprochen auf die Kritik an einer Vergewaltigungsszene in Kick-Ass 2 antwortet der Autor: „I don’t really think it matters. It’s the same as, like, a decapitation. It’s just a horrible act to show that somebody’s a bad guy.“ So läuft das halt bei Mark Millar: Wir brauchen krasse Gewalt, um zu zeigen, dass die Bösen richtige Monster sind (und damit es okay ist, wenn sie am Schluss von den Guten niedergemetzelt werden). Die Gewalttaten an sich sind dann austauschbar, die schlimmsten Vergehen sind gerade gut genug – Kopf ab oder Vergewaltigung, wurscht, Hauptsache es ist schön krass.

Solche Entgleisungen wären vielleicht noch halbwegs verzeihlich, wenn der Comic denn wenigstens etwas zu erzählen hätte (was in Teil 1 für mich noch der Fall war). Kick-Ass 2 dagegen ist an keiner Stelle originell oder überraschend. Es ist im Grunde kaum mehr als ein erneutes Aufwärmen einer bereits erzählten Geschichte. Das Nachwürzen dieses Eintopfs erfolgt bei Millar schlicht, indem er alles noch einmal steigert. Mehr „Helden“, mehr Schurken, mehr Gewalt – lauter, fieser und derber. Aber eben auch: dümmer, plumper und langweiliger. Wie es besser geht, hat der Filmemacher James Gunn in Super gezeigt, wo er das Konzept vom Möchtegern-Superhelden im realen Leben auf boshaft-witzige Weise weiterdrehte bis hin zu einem sehr bitteren Ende. Mit Super hat Gunn diesen Seitenzweig des Genres zu einem Höhe- und Schlusspunkt geführt, der eigentlich jede Fortsetzung von Kick-Ass überflüssig macht.

Konstant gut bleibt immerhin das Artwork von John Romita Jr., dessen dynamischer Stil gerade in den Kampfsequenzen wirklich toll anzusehen ist. Sein Strich ist nicht so cartoonig wie bei einer Zeichentrickserie für Kinder, aber doch weit genug weg von jenem Realismus, der im Superheldenmainstream den Ton angibt. Romitas Zeichnungen sind „comic-haft“ im besten Sinne, und nur dadurch ist es – nebenbei bemerkt – für den Leser überhaupt möglich, das heftige Gewaltpensum zu ertragen, ohne direkt einen Kotzeimer neben den Lesesessel zu stellen.

Bei Panini erschien Kick-Ass 2 zunächst aufgeteilt in zwei Bänden und kurz vor dem Kinostart der Verfilmung nochmal als dicker Sammelband, der die gesamte Geschichte enthält. Ebenfalls erschienen ist das Spin-Off Hit-Girl, das sich noch einmal um den heimlichen Star der Serie dreht. Damit läge eigentlich genug Material vor, um endlich den Deckel auf das überstrapazierte Konzept drauf zu machen. Aber da kennt man Mark Millar schlecht: In den USA sind schon die ersten zwei Hefte von Kick-Ass 3 erschienen …


Wertung
2 von 10 Punkten

Das große MEHR: lauter, fieser und derber als der erste Teil. Aber auch dümmer, plumper und langweiliger.

 

Kick-Ass 2 
Panini Comics, 2013 
Text: Mark Millar
Zeichnungen: John Romita Jr.
Übersetzung: Bernd Kronsbein
212 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 19,95 Euro
ISBN: 978-3-86201-504-7
Leseprobe

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Panini Comics