Rezensionen

Iron Man/Hulk 1

Cover Iron Man/Hulk 1Im Juli beginnen bei Panini fünf neue Marvel-Heftserien mit Comics, die in den USA unter dem Motto „Marvel NOW!“ mit neuen Kreativteams neu gestartet wurden. Das Ziel: attraktive Einstiegspunkte für neue oder zurückkehrende Leser zu bieten und ein wenig frischen Wind ins Marvel-Universum zu bringen. Ob das gelungen ist, wollen wir uns in kurzen Rezensionen zu den fünf neuen Reihen ansehen. Heute: Hightech-Rüstungen und lila Hosen.

 

Worum geht’s?
Wie schon in Wolverine/Deadpool wirft Panini auch hier wieder zwei US-Serien zusammen, die eigentlich völlig unabhängig voneinander sind:

Das Extremis-Projekt (bekannt aus dem aktuellen Film Iron Man 3), mit dem sich der menschliche Organismus verbessern lässt, ist wieder da und soll von der Firma A.I.M. lukrativ vermarktet werden. Tony Stark kennt die Risiken und Gefahren dieser Technologie genau und will unbedingt vermeiden, dass sie in die Hände von Leuten gerät, die nur an Profit denken.

In der ersten Ausgabe von Der unverwüstliche Hulk sehen wir S.H.I.E.L.D.-Agentin Maria Hill, die auf der Suche nach dem Wissenschaftler Bruce Banner bzw. nach dessen Alter Ego, dem Hulk, ist. Dieser taucht allerdings von selbst auf und bietet ihr seine Dienste an – sowohl als überdurchschnittlicher Forscher als auch, für die speziellen Notfälle, als großer grüner Grunzer. Und da der Mad Thinker gerade etwas im Schilde führt, kann Banners Eignung für den S.H.I.E.L.D.-Dienst gleich mal gestestet werden.

Wer schreibt?
Neuer Iron Man-Autor, nach einem langen und erfolgreichen Run von Matt Fraction, ist der Brite Kieron Gillen, der 2006 mit der Indie-Serie Phonogram einen ersten nachhaltigen Eindruck in der Comicszene hinterließ. Seit vier Jahren schreibt er auch regelmäßig für Marvel, neben Iron Man betreut er im Rahmen von „Marvel NOW!“ auch den Neustart der Young Avengers. Ein Blick auf sein Workblog zeigt, dass Gillen nicht einfach irgendwelche Stories wegschreibt, sondern sich intensive Gedanken macht. Das ist auch in seiner ersten Iron Man-Ausgabe zu spüren, wo es sehr viel inneren Monolog gibt, in dem Tony Stark über sich und seine Motivation nachdenkt.

Indestructible Hulk wird geschrieben von Mark Waid, einem alten Haudegen des Superheldencomics, seit vielen Jahren im Geschäft und zuletzt bei Marvel mit einer neuen Interpretation von Daredevil sehr erfolgreich. Waid ist eher ein solider Handwerker als ein genialer Künstler, aber das muss nichts Schlechtes sein.

Wer zeichnet?
Die Zeichnungen in Iron Man kommen von Greg Land, jenem Künstler, der den Fotorealismus so weit treibt, dass er seine digital erstellten Bilder gerne mal direkt von Fotovorlagen abpaust. Oder er kopiert von anderen Zeichnern oder gleich von sich selbst. Das wäre noch nicht allzu schlimm, wenn das Ergebnis wenigstens toll aussehen würde. Aber Lands Comics sind in ihrer auf Hochglanz getrimmten Art extrem  steril und plastikartig, die Gesichter völlig leblos und maskenhaft, und bei den weiblichen Figuren kaum zu unterscheiden. Das Bemühen von Kieron Gillon, etwas philosophische Tiefe in den Comic zu bringen, muss an Lands gelacktem Artwork zwangsläufig abperlen wie Wassertropfen an einer Lotospflanze.

Bei Hulk-Zeichner Leinil Francis Yu dagegen gibt es auch Ecken und Kanten und den ein oder anderen schroffen Strich zu sehen. Yu versieht den typischen Superheldenstil mit einer individuellen, klar erkennbaren Note. Leider hat er eine Schwäche für unkonventionelle Seitenlayouts und verliert sich allzu oft in unnötigen Spielereien. Fast auf jeder Seite ragt irgendetwas über Panelgrenzen hinaus, was dazu führt, dass es immer wieder mal unübersichtlich wird. Das gleiche gilt für die Actionszenen, in denen man als Leser leicht den Überblick verlieren kann.

Seite aus Iron Man/Hulk 1Was taugt’s?
Iron Man enthält eine Menge interessante ethische Gedanken: Gleich zu Beginn referiert Tony Stark, woran er eigentlich glaubt, und später geht es vor allem um die Frage, wie große technische Errungenschaften zu den richtigen Zwecken eingesetzt werden können – das alte Atombomben-Dilemma. Leider passt Greg Lands aalglattes Artwork überhaupt nicht zu diesem Ansatz und reißt mit dem Hintern ein, was Gillen vorne aufgebaut hat. Allerdings, und das macht es dann doch wieder interessant, macht sich Autor Gillen sogar selbst Gedanken zu Lands Zeichenstil und wie er zu seinem Comic passt. Gut möglich also, dass dieser Iron Man-Run insgesamt lesenswert wird.

Der Auftakt der neuen Hulk-Story ist nicht mehr und nicht weniger als eine Exposition: Bruce Banner will jetzt freiwillig bei S.H.I.E.L.D mitmachen. Ordentlich erzählt, mit der obligatorischen Klopperei auf ein paar Seiten und einer doppelseitigen Splashpage zum Platzschinden. Fertig ist der Superhelden-Durchschnittscomic. Liest sich als erstes Kapitel in einem Sammelband wahrscheinlich besser als als Einzelheft.

Was beiden Stories ein wenig abgeht, ist die Ironie. Wer die beiden Hauptfiguren vor allem aus Joss Whedons Avengers-Film kennt und auf ähnlich schöne Wortgefechte, Frotzeleien und sarkastische Bemerkungen hofft, wird hier eher enttäuscht.

Einsteiger-Faktor:
Kein Problem. Auch bei diesen Reihen gilt wieder: Wer die Filme gesehen hat, tut sich leicht. Überhaupt ist es auffällig, wie die „Marvel NOW!“-Titel offenbar gezielt bei den Marvel-Kinohits andocken, um deren Publikum abzuholen. Nicht, indem sie direkte Fortsetzungen der Filmhandlung erzählen, sondern indem sie das Personal so auswählen, dass Neuleser die wichtigsten Figuren und deren Eigenschaften bereits aus dem Kino kennen.

Bester Moment:
Iron Mans Verhörmethode auf der letzten Seite, in der sogar Greg Land mal einen etwas anderen Gesichtsausdruck zustande bringt.

 

Wertung: 4 von 10 Punkten

Superhelden-Durchschnittskost: kein Totalausfall, aber bei weitem kein Muss. Und ein Punkt Abzug für Greg Land.

 

Iron Man/Hulk 1
Panini Comics, Juli 2013 
Text: Kieron Gillen/Mark Waid
Zeichnungen: Greg Land/Leinl Francis Yu
Übersetzung: Alexander Rösch
52 Seiten, farbig, Heft 
Preis: 4,99 Euro
Leseprobe (PDF)

Abbildungen © Marvel, der dt. Ausgabe: Panini Comics