Im Juli beginnen bei Panini fünf neue Marvel-Heftserien mit Comics, die in den USA unter dem Motto „Marvel NOW!“ mit neuen Kreativteams neu gestartet wurden. Das Ziel: attraktive Einstiegspunkte für neue oder zurückkehrende Leser zu bieten und ein wenig frischen Wind ins Marvel-Universum zu bringen. Ob das gelungen ist, wollen wir uns in kurzen Rezensionen zu den fünf neuen Reihen ansehen. Heute: ein ungleiches Paar.
Worum geht’s?
In dieser neuen Heftreihe druckt Panini zwei US-Serien ab, die nur sehr entfernt miteinander zu tun haben: Neben Wolverine, der Solo-Serie mit dem aus diversen Hollywood-Filmen wohlbekannten X-Man mit den tollen Krallen, findet sich mit Deadpool ein waschechter Comedy-Comic, der sich in keinem Moment ernst nimmt.
Wolverine bekommt es mit einem kleinen Jungen zu tun, dem Sohn eines Amokläufers, der offenbar selber besondere Kräfte hat. Vor allem aber hat er die mächtige Waffe seines Vaters, und er ist es auf der Flucht. Da Wolverine in dem Jungen etwas Besonderes sieht, will er die Verfolgung nicht der Polizei überlassen.
Deadpool hingegen hat sich mit einer ganz anderen Bedrohung herumzuschlagen: Jemand hat sämtliche Ex-Präsidenten der USA wieder zum Leben erweckt und diese sind sehr schlecht gelaunt.
Wer schreibt?
Bei Wolverine ist Paul Cornell der neue Autor. Der Brite wurde durch Drehbücher fürs Fernsehen (u.a. Doctor Who) sowie mehrere Doctor Who-Romane und auch -Comics bekannt, eher er 2007 bei Marvel landete, wo er viel Lob für die Serie Captain Britain and MI: 13 bekam. Beim „New 52“-Relaunch von DC war er mit den Serien Demon Knights und Stormwatch vertreten, für Vertigo schrieb er die Reihe Saucer Country. Hier darf er sich nun erstmals um eine richtig bekannte Hauptfigur kümmern und muss wenig Angst haben, dass die Reihe schon bald wieder eingestellt wird.
Die Deadpool-Autoren Brian Posehn und Gerry Duggan sind ganz neu in der Comicwelt. Posehn ist eigentlich Schauspieler und Comedian und tritt regelmäßig in Shows wie The Sarah Silverman Program auf. Zusammen mit dem TV-Autor Duggan schreibt er nun eine Marvel-Serie, die immer schon eher eine Komödie war. Und die beiden versuchen gar nicht erst, eine ernsthafte Superheldenstory zu erzählen, sondern setzen voll auf Humor und gnadenlose Übertreibung.
Wer zeichnet?
Wolverine wird gezeichnet vom Briten Alan Davis, einem Zeichner, den man mit Fug und Recht als Veteran im Comicgeschäft bezeichnen kann. Anfang der 1980er Jahre zeichnete er Alan Moores Captain Britain, schuf mit ihm zusammen D.R. and Quinch und arbeitet seit drei Jahrzehnten immer wieder für Marvel und DC. Davis ist ein erstklassiger Handwerker, aber seinen Seiten fehlt das gewisse Etwas. Sie sind absolut solide, aber ein bisschen altmodisch. Sein Wolverine sieht toll aus, das Grobschlächtige und Wilde dieser Figur setzt Davis sehr gut um, doch die Nebenfiguren bleiben blass und optisch eher langweilig.
Den ersten Storybogen von Deadpool zeichnet Tony Moore, den man vor allem durch den ersten Band von The Walking Dead kennt. Sein Stil passt hier wie die Faust aufs Auge. Er hat ein Händchen für übergroße Action, liebt es, seine Panels mit vielen Details zu füllen und steigert mit seinen karikaturistischen Gesichtern noch den humorigen Ton des Comics.
Was taugt’s?
Im Fall von Wolverine lässt sich das nach den ersten 20 Seiten noch nicht recht sagen. Cornell liefert hier nur die Einleitung zur ersten von mehreren Geschichten, die aufeinander aufbauen und schließlich zu einem entscheidenen Einschnitt im Leben des Titelhelden führen sollen. Wo das genau hingeht, muss sich erst noch zeigen. Das erste Heft sorgt aber nicht unbedingt dafür, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht.
Deadpool ist in erster Linie ein großer Spaß, vollkommen albern und sehr überdreht. Das liest sich sehr gut weg, auch wenn nicht jede Pointe zündet und die deutsche Übersetzung mit manchem Gag zu kämpfen hat.
Eine Gemeinsamkeit haben die beiden Serien: Man kann sie lesen, aber man verpasst auch nicht viel, wenn man es lässt. Vom erzählerischen Ton her passen die beiden Reihen aber überhaupt nicht zusammen und man versteht nicht so recht, warum Panini diese beiden Comics zu einem Bündel schnürt. Zumal bei „Marvel NOW!“ auch noch eine zweite Wolverine-Serie gestartet wurde, die man hier statt Deadpool hätte verwenden können.
Einsteiger-Faktor:
Beide Comics lassen sich ohne viel Vorwissen lesen, die kurzen Basisinfos, die Panini im redaktionellen Material untergebracht hat, reichen locker aus. Man setzt natürlich auf bekannte Helden, erzählt aber neue Geschichten ohne Ballast aus der Vergangenheit. Und beide Serien führen neue weibliche Nebenfiguren ein, die noch eine interessante Rolle spielen könnten.
Bester Moment:
Ganz klar die Doppelseite, auf der ein riesiges Godzilla-Monster auf Zerstörungstour durch Manhattan ist, ehe Deadpool seinen ersten Auftritt hat: Er kommt, begleitet von allerlei blutigen Innereien, aus dem Bauch des Monsters zum Vorschein. Tony Moore zelebriert diese Szene mit sichtlicher Lust am Zerstören und am ironischen Splatter und gibt dem verdutzten Reptil einen unbezahlbaren Gesichtsausdruck.
Wertung:
Zwei Serien, die nicht zusammen passen: Witzige Superhelden-Gaudi mit Deadpool und ein eher mäßiger Auftakt für Wolverine.
Wolverine/Deadpool 1
Panini Comics, Juli 2013
Text: Paul Cornell / Gerry Duggan & Brian Posehn
Zeichnungen: Alan Davis / Tony Moore
Übersetzung: Jürgen Petz / Michael Strittmatter
Seiten, farbig, Heft
Preis: 4,99 Euro
Leseprobe (PDF)
Abbildungen © Marvel, der dt. Ausgabe: Panini Comics