Rezensionen

Donjon Monster 1 und 2

 Seit im Jahr 1998 der erste Donjon-Band erschien, ist aus der kleinen Fantasy-Parodie von Joann Sfar und Lewis Trondheim ein wild wucherndes Universum geworden. Aufgesplittet in diverse Unterreihen, die von verschiedenen Zeichnern umgesetzt werden, wird die Geschichte des Donjon, der Heimat unzähliger Monster, aus verschiedenen Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt.

Neben den drei Hauptreihen Morgengrauen, Zenit und Abenddämmerung schufen Sfar und Trondheim auch noch die Nebenserien Parade und Monster. Von letzterer sind die ersten beiden Bände frisch auf deutsch erschienen. Donjon Monster hat keinen Stammzeichner – hier wird jeder Band von einem anderen Künstler umgesetzt, und so bekommt jedes Album seinen ganz eigenen Charakter. Band 1 und 2, die gleichzeitig erschienen sind, machen dies sehr deutlich, denn die beiden Geschichten sind so verschieden wie Tag und Nacht.

Band 1, Hans-Hans der Schreckliche, erzählt von einem kuriosen Monster-Quintett, das in einer einsamen Gegend ein Gasthaus betreibt, deren Besucher selbst auf der Speisekarte landen. Weil aber kaum jemand vorbeikommt, sind unsere Monster hungrig und frustriert. Das ändert sich, als Guillaume de la Cour an ihre Tür klopft, ein Plappermaul und Geschäftemacher, dem es gelingt, einen Deal mit den Monstern zu machen. Wenn sie ihn nicht fressen, will er sie zum sagenumwobenen Donjon führen, dem Paradies für Monster.

Damit beginnt eine herrlich-schräge Reise, auf der gebrandschatzt und gemordet, gekämpft und gefressen wird, die aber immer unheimlich komisch bleibt. Die gastronomischen Monster sind nämlich sehr verschrobene und naive Typen, die sich ziemlich blöd anstellen. Sie neigen zur Brutalität, sind aber sehr liebenswürdig. Obwohl hier und da mal ein Kopf fliegt oder Blut spritzt, bleibt Hans-Hans der Schreckliche immer harmlos und witzig. Ein großer Spaß, der von Zeichner Mazan in ähnlicher Weise umgesetzt wurde, wie man sie von Trondheim und Sfar kennt.

 

 Ganz anders dagegen Band 2: Die Armeen der Tiefe schlägt einen vollkommen anderen Ton an. Die Geschichte spielt fast durchgehend unter Wasser, in einer surrealen Welt, die von bizarren Wesen der Tiefsee bevölkert wird. Hier herrscht Krieg zwischen verfeindeten Clans. Ein junges Mädchen namens Flossine erlebt mit, wie ihre Eltern von feindlichen Soldaten getötet werden. Ein Zufall hilft ihr, sich in die Reihen der Gegner zu schmuggeln, und ohne es zu wollen, macht sie dort Karriere.

Während Hans-Hans der Schreckliche stets leichtgewichtig und komisch bleibt, ist Die Armeen der Tiefe meist düster und beklemmend. Hier wird gemetzelt und vergewaltigt, gefoltert und gequält, Blut fließt in Strömen, ein Happy End gibt es nicht. Nur selten blitzt ein wenig Humor auf. Dass dieses Album trotzdem nicht abstoßend, sondern sehr faszinierend ist, liegt zum einen am zutiefst menschlichen, simplen Kern der Geschichte: Flossine ist eine von uns, für sie ist diese Welt fast so fremd und unheimlich wie für den Leser. Und sie bewahrt ein gutes Herz in all der Düsternis, die sie umgibt.

Was diesen Band aber besonders stark prägt, sind die Zeichnungen von Killoffer. Er bringt eine submarine Welt zu Papier, deren Detailreichtum und Wildwuchs fast die Seiten sprengt. Bizarre Wesen in bizarrer Umgebung, ein wildes Spiel mit Farben und Formen, so etwas war in dieser Form bisher nicht zu sehen. Diese Zusammenarbeit von Killoffer mit Trondheim und Sfar ergibt ein Treffen von Mainstream und Avantgarde, von Unterhaltung und Kunst, wie es nur ganz selten gelingt. Verstörend und faszinierend zugleich.

Dass diese beiden so unterschiedlichen Comics innerhalb der gleichen Reihe erschienen sind, zeigt, wie gut es Trondheim, Sfar und Konsorten gelingt, Grenzen zu sprengen und Konventionen zu brechen, und dabei ihre Leser immer wieder zu überraschen und perfekt zu unterhalten. Ob lustige Monster-Comedy wie in Hans-Hans, oder psychedelische Horrormärchen wie Die Armeen der Tiefe: Im Donjon ist alles möglich.

Donjon Monster 1: Hans-Hans der Schreckliche
Reprodukt, 2006  
Text: Joann Sfar und Lewis Trondheim
Zeichnungen: Mazan
48 Seiten, farbig, Softcover; 12 Euro
ISBN: 3938511761

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Donjon Monster 2: Die Armeen der Tiefe
Reprodukt, 2006  
Text: Joann Sfar und Lewis Trondheim
Zeichnungen: Killoffer
48 Seiten, farbig, Softcover; 12 Euro
ISBN: 3938511680

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