Rezensionen

Donjon 6: Der verlorene Sohn

CoverVor mehr als zehn Jahren wurde in Frankreich die Idee eines äußerst ungewöhnlichen und dennoch sehr erfolgreichen Comics geboren, der in drei unterschiedlichen Epochen spielen sollte, der an seinem Ende über 300 Ausgaben zählen sollte und dessen Figuren als blutrünstige aber dämliche Monster und (un)heldenhafte Enten konzipiert waren. Seit diesem ursprünglichen Grundgedanken hat sich der Comic zu einer regelrechten Hydra entwickelt, der mit jeder neuen Veröffentlichung ein weiterer, grotesker Kopf wächst und so jeglicher Konzeption der Serie trotzt. Die Väter dieser Idee waren die französischen Comic-Künstler Lewis Trondheim und Joann Sfar und ihr Titel lautete Donjon. Im Hause Reprodukt erschien nun mit Donjon 6: „Der verlorene Sohn“ der neuste Spross in der Donjon-Familie.

Die Stadt VaucansonWährend sich die beiden ergänzenden Epochen, „Morgengrauen“ und „Abenddämmerung“, und die alternativen Einschübe der „Monster“-Reihe stets neuer Titel erfreuen durften, wartete man bei der „Zenith“-Reihe bereits seit Herbst 2007 auf die nächste deutsche Ausgabe. Diese Wartezeit hat nun ein Ende, denn mit „Der verlorene Sohn“ wächst der Donjon-Hydra ein neuer Kopf. Nachdem der letzte Band der Reihe etwas unglücklich für die Helden rund um den Protagonisten Herbert endete, macht sich die Gruppe auf den Weg nach Vaucanson, die Stadt der Enten und Heimat von Herbert. Der verstoßene Sohn sucht dort mit seinen Gefährten nach einer Möglichkeit den Donjon zurückzugewinnen.

Wie bereits bei seinem Vorgängerband, „Hochzeit mit Hindernissen“, hat auch diesmal wieder Boulet den Stift geschwungen. Im Gegensatz zu den vielen anderen französischen Zeichnern, die sich im Dienste der Monster und des Donjons verdingt haben, schafft es Boulet aber nicht, dem Comic seine ganz persönliche Note zu verleihen, wie er dies in anderen Comics, wie z.B. in La Rubrique scientifique, gemacht hat. Nur manchmal taucht ein wirklich expressives und explosives „Tong Deum“ aus dem Maul von Marvin auf, das den Leser aus der grafischen Monotonie herausreißen soll. Doch ansonsten hält sich Boulet an einen serienmäßigen Fahrplan, den es aber seit dem ersten Donjon-Band so nie gab.

In der ArenaDie Schuld an diesem nur mittelmäßigen Donjon-Album allein auf den Zeichner zu schieben, wäre aber nicht fair. Auch seine Schreiber-Kollegen, Lewis Trondheim und Joann Sfar, die ansonsten immer wieder durch schnelle Wechsel von Schauplätzen, philosophischen Diskursen im Schlachtgetümmel und verquerten Dialogen, die einen Quentin Tarantino beschämt zurücklassen würden, zu glänzen wussten, lassen ihren Einfallsreichtum hier missen. Bis auf ein kleines Logikspielchen zwischen den letzten beiden Automatenwesen,  die für den Ruhm von Vaucanson – benannt nach dem Erfinder der mechanischen Ente – bietet „Der verlorene Sohn“ nicht sonderlich viele neue Witze, Erkenntnisse oder Handlungsstränge. Die eigentliche Hauptplotline wird dabei sogar komplett in den Hintergrund gedrängt. So ist der sechste Band aus der Zenith-Reihe zwar Teil des Donjon-Universums, doch wirkt diese Episode zu sehr dem Gesetz der Serie angepasst. Die einzige Person, die wirklich etwas von dem Comic hat, ist der neue Nebencharakter, ein nach Abenteuer dürstender Postbeamter, der von den Erlebnissen der Protagonisten ganz überwältigt ist. Für den eingefleischten Leser ist jedoch nicht viel dabei, das ihn überraschen wird.

Donjon 6 „Der verlorene Sohn“
Reprodukt, Mai 2009
Text: Lewis Trondheim und Joann Sfar
Zeichnungen: Boulet

Softcover; 48 Seiten; 12,00 Euro

ISBN:3941099167

Leseprobe
Das Gesetz der Serie raubt den Spass

 

 

 

 

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Abbildungen: © Reprodukt