Rezensionen

Der schreckliche Papst 3 – Gefährliche Tugend

Cover Der schreckliche Papst 3 Nach einer längeren Wartezeit setzt Starautor und Filmregisseur Alejandro Jodorowsky seine Serie um den „schrecklichen Papst“ fort. Dabei ist diese ja selbst schon die Fortsetzung seiner Kollaboration mit Milo Manara über die Borgia (siehe auch CG Rezensionen zu Band 1 und Band 2). Der Kardinal Della Rovere, ein erbitterterer Gegner der Borgias, kann nach dem Tod des Papstes Alexander VI. den Petrusthron ersteigen und lebt seine Lust und seine Grausamkeit nun voll aus. Julius II. ist dabei, seine Macht zu festigen und möchte das in einzelne Königreiche und Fürstentümer zersplitterte Italien einen – natürlich unter seiner Herrschaft. Für diese Ziel scheut er vor keinem Mittel zurück und verliert mehr und mehr die ursprünglichen Belange der Kirche aus den Augen.

Spätestens seit den erfolgreichen TV-Serien über die Borgias, welche schon immer in den unterschiedlichsten Medien die Fantasie des Publikums anzuheizen wussten, ist Kardinal Della Rovere wieder im Bewusstsein der Masse angelangt. Ähnlich wie in den Serien, wo er als schmieriger Gegner der Borgias gezeichnet wird und kaum Schattierungen erhält, sondern einfach nur als monströser Feind einer monströsen Sippschaft geschildert wird, ist er auch in seiner eigenen Comicserie ein einziger Unhold. Grauschattierungen sind hier nicht zu finden. Seine Motive, gegen die Borgias vorzugehen, haben keine moralische Grundlage mehr, sondern beruhen einfach nur auf seinem Machtwillen und dem Drang, seinen eigenen Trieben und Wünschen hemmungslos nachzugehen.

Seite aus Der schreckliche Papst 3 Als Historiencomic gerät das dann natürlich extrem zwiespältig. Die zeitlichen Abläufe und Figuren mögen zwar den Tatsachen entsprechen, doch Übertreibungen und verzerrende Elemente verschieben die Erzählung in ein Zwischenreich zwischen historischer Realität und Fantasie. Anstatt aus der tatsächlichen Geschichte Spannung zu ziehen, etwa indem Intrigen gesponnen und Kriege geführt werden, setzt Jodorowsky auf teils groteske Elemente, auch auf graphischer Ebene, welches alles ad absurdum führen und einen etwas hilflos zurücklassen. Wenn überdimensional voluminöse Frauen gezeigt werden, so kann man das als satirische Hommage an Rubens sehen, aber es ist eben meist nur grotesk und dient dazu, die Skrupellosigkeit des Papstes darzustellen.

Generell liegt der Fokus der Erzählung hier auf den charakterlichen Absonderlichkeiten des Titelhelden. Was auch bezüglich der anderen Figuren gilt: Michelangelo, Raphael oder Machiavelli werden nicht in ihren Leistungen gewürdigt, sondern fast nur anhand ihrer Schwächen und, naja, Perversionen charakterisiert. Das geht manchmal hart an die Grenze des guten Geschmacks. So verkommt der Comic weniger zu einem Sittengemälde der Renaissance, sondern zu einem Panoptikum moralischer Verwerfungen und Ausschweifungen. Statt einem Geschichtsdiorama bekommt man eine Freakshow.

Alles ist rein auf Spektakel ausgerichtet und so passen auch die explizit brutalen Bilder von Zeichner Theo sehr gut in diese Richtung. Diese gehen eine merkwürdige Mischung ein: einerseits Splatter, andererseits eine detailfreudige Wiederauferstehung der Renaissance. Wobei eben die grotesken Einfälle immer wieder zu Brüchen führen. Eine klare Linie fehlt und man rast durch den Band, ohne so recht zu wissen, was man denn davon hatte. Eine bestimmte Szene bleibt jedoch dauerhaft im Gedächtnis, wenn, zugegeben in einer platten Symbolik, der Papst in einem Fiebertraum gegen die Kirche kämpft.

 

Wertung6 von 10 Punkten

Statt aus historischen Gegebenheiten bezieht der Band seine Spannung einzig und allein aus dem Spektakel.

 

Der schreckliche Papst 3 – Gefährliche Tugend
Splitter Verlag, Februar 2014
Text: Alejandro Jodorowsky
Zeichnungen: Theo
Übersetzung: Tanja Krämling
64 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-461-1
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag