Rezensionen

Der schreckliche Papst 1 – Giuliano della Rovere


 Alexandro Jodorowsky, einer der ganz großen Comicautoren, meldet sich mit seiner neuen Serie Der schreckliche Papst zurück. Hatte sich Jodorowsky zunächst viel mit Science-Fiction beschäftigt (John Difool mit Moebius, Die Kaste der Meta-Barone mit Juan Giménez) und dann mit Western (Juan Solo und Bouncer) drückt er nun dem historischen Comic seinen Stempel auf. Die mit Milo Manara begonnene Serie Borgia (bei Kult Editionen) läuft noch und schon kommt quasi die Fortsetzung heraus.

Jodorowskys Interesse an der Mafia kam auch schon in seiner Serie über die erste „Mafiafamilie“ der Geschichte, den Borgias, zutage. Und gerade dieses Interesse verleitet ihn zu einer Fortsetzung. So ist es kaum zu vermeiden, dass sich die beiden Serien inhaltlich sehr ähneln und der Wiedererkennungsfaktor hoch ist. Zudem fängt Der schreckliche Papst da an, wo die Borgias enden (werden): mit dem Tod des Papstes Alexanders VI., Rodrigo Borgia. Der Kardinal Giuliano della Rovere, ein Erzfeind des toten Papstes, will selber Papst werden und unternimmt alles, um dieses Ziel zu erreichen: Erpressung (auch sexuelle), Bestechung, Mord, Intrigen und Drohungen. Alles genau so, wie sein Vorgänger, der Borgiapapst Alexander der VI, es getan hatte. Nur hatte Alexander seine Familie um sich, die Rovere nicht hat. Später versammelt jedoch auch er seine Verwandtschaft um sich und die Serien werden sich noch ähnlicher.

 Zwar ist das alles historisch interessant und übersichtlich gehalten und auch als Historienkrimi spannend zu lesen, aber die einzige wirkliche Neuerung gegenüber Borgia ist eine kleine Akzentverschiebung. War in der Vorgänger-Reihe schon viel Sex zu sehen (immerhin ist Manara, der Großmeister des erotischen Comics, der Zeichner), auch Inzucht, so ist der Sex in Der schreckliche Papst homosexueller Natur (ohne ins Pornographische abzugleiten). Und das ist wirklich neu und provokant: einen Papst bei homosexuellen Akten darzustellen – schließlich wird Giuliano della Rovere zum Papst gewählt und übernimmt als Julius II. das Pontifikat.

Dass der Zeichner Theo sich zehn Jahre lang auf Illustrationen spezialisiert hatte, merkt man dem Band stark an. Fast ausnahmslos werden große Panels verwandt, welche die ganze historische Wucht einzufangen vermögen. Erstaunlicherweise werden bei aller zeichnerischen Liebe zum Detail manche Hintergründe nicht weiter ausgestaltet. Gesichter werden komplett weggelassen und im perspektivischen Hintergrund (beim Fluchtpunkt) verschwimmen Farben und Formen etwas zu früh. Auch erstarren die Körperhaltungen gerade in dramatischen Szenen oft zu Posen und verlieren an Dynamik. Gerade das allerletzte Panel ist hier zu sehr auf Effekt ausgelegt. Die Orgie zu Beginn und die zeichnerische Darstellung des Charakters Aldosi sind eine deutliche Hommage an Manara, Theos zeichnerischem Vorgänger.

 Was aber wirklich beeindruckt und so manche Kleinigkeiten mehr als wettmacht, ist die meisterhafte Handhabung des Lichtes. Die Atmosphäre des sonnendurchfluteten Italiens ist zauberhaft, die Nutzung des natürlichen Lichtes durch die Sonne fabelhaft. Je nach Stimmung und Tageszeit der Handlung sind die Szenen unterschiedlich beleuchtet. Dadurch kommen fast nie einheitlich helle Panels vor. Man bekommt den Eindruck, dass die Bilder aus sich selber leuchten und die wirkliche Sonne die Story erhellt. Grandios.

Der schreckliche Papst 1 – Giuliano della Rovere
Splitter Verlag, Juli 2010
Text: Alexandro Jodorowsky
Zeichnungen: Theo
Hardcover, 56 Seiten, farbig; 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-161-0

Ganz okay

Historisch interessantes Album, fast deckungsgleich mit Borgia, aber durch Zeichnungen und Milieu überzeugend.

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Abbildungen © Splitter Verlag