Rezensionen

Das verbotene Manuskript

Cover Das verbotene Manuskript1951: In einem tibetischen Kloster erforscht der Anthropologieprofessor Egon Bauer ein brisantes Manuskript, welches beweisen könnte, das Jesus sich nach seiner Kreuzigung unter dem Namen Yus Asaf in Tibet aufgehalten hat. Doch das Kloster wird kurzerhand von der chinesischen Armee angegriffen und dem Erdboden gleich gemacht. Bauer und das Manuskript gelten als vermisst. In Los Angeles beschließt seine Tochter Ellen, sich in Begleitung des Privatdetektivs Kevin McBride auf den Weg nach Tibet zu machen, um ihren Vater zu suchen. Verfolgt werden sie dabei von einer Geheimorganisation, die den Inhalt des Manuskript mit allen Mitteln unter Verschluss halten will.

Das verbotene Manuskript ist im Original ursprünglich in drei Alben erschienen, Ehapa veröffentlicht die Geschichte komplett in einem Sammelband. Autor Roberto Dal Pra’s Ansatz war es, einen Verschwörungskrimi vor dem Hintergrund der 50er Jahre zu konzipieren: Mit Anspielungen auf Chandler und Hammett und dem coolen, jungen Privatdetektiv McBride im Mittelpunkt, der seiner Reisegefährtin schöne Augen macht und seinen Feinden immer einen Schritt voraus ist, wird das Hard-Boiled-Genre bedient; das Jesus-Manuskript und die mystische Erfahrung des Professors verweisen auf das in Medien oft benutzte Motiv der klerikalen Konspiration und dank der Thematisierung des Konfliktes zwischen Tibet und China, sowie den Anspielungen auf die McCarthy-Ära wird ein beklemmend-bedrohliches Szenario aufgespannt, welches die politische Einordnung erleichtern soll.

Seite aus Das verbotene ManuskriptÜber all diesen einzelnen Punkten hat Dal Pra‘ nur leider vergessen, eine wirklich tiefgehende, homogene Story zu entwickeln. Die Figuren handeln sehr schematisch und vorhersehbar, das große Geheimnis um den Inhalt des Manuskriptes ist eigentlich gar keines, da es schon ganz früh vorweggenommen wird (und enttäuschenderweise gar nichts weiter dahintersteckt), und die Story pendelt mit all ihren Klischees zwischen den beiden Handlungsorten und zwischen den genannten Genres.

Dal Pra‘ schafft es nicht, seine vielen Ansätze zu einem großen Ganzen zu verschmelzen. Zudem wirken die Dialoge zuweilen sehr oberflächlich und unauthentisch. Überhaupt ist es ein Kernproblem dieses Comics, dass er nicht sehr durchdacht erscheint, dass ihm schlichtweg die erzählerische Tiefe fehlt. Ganz nett ist z.B., um nur einen Punkt zu nennen, der Gastauftritt von Humphrey Bogart (Egon Bauers Bruder arbeitet in der Filmbranche Hollywoods), der aber bezeichnenderweise keine Relevanz für die Story an sich hat. Der Autor versucht hier, wie an vielen weiteren Stellen, die Aufmerksamkeit des Leser mit Gewalt auf eine bestimmte Tatsache zu lenken.

Überzeugend sind hingegen die malerischen Bilder von Paolo Grella. Seine erdigen Pinselstriche passen ausgezeichnet zum Ambiente der 1950er Jahre, können jedoch die dünne Handlung nicht überdecken.

 

Wertung: 4 von 10 Punkten

Ambitionierter Stilmix, der an seinem eigenen Anspruch scheitert. Übrig bleibt die schöne Bebilderung

 

Das verbotene Manuskript
Ehapa Comic Collection, Juni 2012
Text: Roberto dal Pra‘
Zeichnungen: Paolo Grella
Übersetzung: Uwe Löhmann
176 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 39,99 Euro
ISBN: 978-3-7704-3548-7
Leseprobe (PDF)

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Ehapa Comic Collection