Rezensionen

Auf den Spuren Rogers

rogers1Der Zeichner Florent Silloray hat sich in einem sehr persönlichen Comic mit der Kriegsgefangenschaft französischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Ein bislang eher wenig beleuchtetes Thema, dessen historische Aufarbeitung nun umso wichtiger ist. Parallel zu Silloray legte inzwischen auch Jacques Tardi mit Ich, René Tardi, Kriegsgefangener im Stalag IIB eine Erzählung über die Kriegsgefangenschaft seines Vaters vor.

Auf den Spuren Rogers geht jedoch im Vergleich zu Tardi einen anderen stilistischen Weg und verfolgt das Schicksal von Sillorays Großvater vor Ort. Im Jahr 2002, nachdem dieser gestorben ist, entdeckt seine Familie auf dem Dachboden ein Notizbuch, in dem er seine Erlebnisse sehr detailiert festgehalten hat. 1939 wurde Roger Brelet zum Kriegsdienst eingezogen und musste Frau und Hof zurücklassen. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutschen Truppen kam er zusammen mit vielen anderen Franzosen in ein deutsches Arbeitslager. Nach dem Weltkrieg hat der Großvater von dieser Zeit nie wirklich gesprochen. Das hat seinen Enkel Florent Silloray wohl schlussendlich dazu bewogen, die ausführlichen Notizen in einem Comic aufzubereiten. Silloray beginnt zu recherchieren, vergleicht Fotos, möchte die damalige Zeit nacherleben. Dazu reist er sogar nach Deutschland, wo er mit Hilfe eines Übersetzers die Originalschauplätze ausfindig macht. Er begibt sich buchstäblich auf die Spuren seines Großvaters, immer Land und Leute so authentisch wie möglich skizzierend.

Seite aus Auf den Spuren RogersDer Comic selbst spielt dabei auf zwei Zeitebenen, die sich gegenseitig abwechseln: Im Jahr 2003 kann man die Recherche Sillorays mitverfolgen. In realistischen Bildern dokumentiert der Zeichner sein Vorgehen möglichst präzise und erzählt, wie er den Weg der französischen Kriegsgefangenen, darunter sein Großvater, verfolgt. Im Jahr 1939 erleben wir Rogers Gefangennahme und hartes Leben im Arbeitslager. Diese Passagen setzen sich ab, da sie allein von den wortwörtlich abgedruckten Notizen Rogers leben und die Panels eher aneinandergereihten Fotos ähneln, die versuchen, die Augenzeugenberichte bildhaft zu unterfüttern.

Seite aus Auf den Spuren RogersSillorays Großvater war zum Zeitpunkt der Entstehung des Comics bereits tot, so dass er nicht mehr persönlich befragt werden konnte. Die Zeichnungen wirken dennoch äußerst authentisch und vermitteln in Kombination mit den realen Tagebucheinträgen eine ziemlich gute Vorstellung von den damaligen Verhältnissen. Passend zu den Rückblenden ist auch die Farbgestaltung gewählt. Mit kräftigem Braun als Grundfarbe ergibt sich für den Leser ein nostalgisches Ambiente. Und nebenbei hat Silloray damit die richtige Kulisse für die Trübheit und die Abgründe des Zweiten Weltkriegs beziehungsweise. für die Zeit der Kriegsgefangenschaft gefunden.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Ein persönliches Buch über das selten im Comic behandelte Thema Kriegsgefangenenschaft

 

Auf den Spuren Rogers
Verlag: Avant-Verlag, August 2013
Text/Zeichnungen: Florent Silloray
Übersetzung: Volker Zimmermann
112 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 24,95 Euro
ISBN: 978-3-939080-85-5
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Avant-Verlag