Rezensionen

Zombies. Die illustrierte Geschichte der Untoten

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Cover Zombies – Die illustrierte Geschichte der UntotenUm eines gleich vorweg zu sagen: Zombies. Die illustrierte Geschichte der Untoten ist kein Comic, sondern ein reich bebildertes Sachbuch über das Phänomen der Untoten und wie es in den letzten Jahrzehnten in populären Medien aufzufinden war.

Die Rundreise reicht von den historischen Dimensionen und dem originalen Voodoo-Kult, über die ersten literarischen „Reise“berichte, welche schon die Zombies verfälschten und mythisierten, über frühe Pulp-Erzählungen bis hin zu den modernsten Inkarnationen des Zombies in PC-Spielen, Filmen und Comics. Illustrationen, Fotos und sonstige Abbildungen machen einen großen Teil des Buches aus.

Dabei hat es durchaus einige Mängel. Jovanka Vuckovic gilt, laut Pressemitteilung, als eine der wichtigsten Frauen in der Geschichte des Horrors. Sie arbeitete bei CBC Television an Visual Effects, als Redakteurin für das Rue Morgue Magazine und dreht gerade ihren ersten Film. Immerhin hat sie wohl in England und in den USA einen solch hohen Status, dass sie niemand geringeren als den Vater der modernen Zombies, nämlich George A. Romero (Die Nacht der lebenden Toten, Dawn of the Dead) höchstpersönlich, für das Vorwort
gewinnen konnte, der sich gleich über die moderne Zombiegeneration mokiert. Angesichts der (unterstellten) Stellung und Bedeutung von Vuckovic kommen gleich zwei unverständliche Fehler in der Grundkonzeption zum Tragen, die sich als schwerwiegend für den ganzen Band herausstellen.

Seite aus Zombies – Die illustrierte Geschichte der UntotenZum einen ist die Definition eines Zombies, mit der Frau Vuckovic arbeitet, viel zu breit gefasst. Für ihr Buch ist ein Zombie als ein reanimierter Toter zu verstehen. Das ist einleuchtend, reicht aber nicht, da darunter so gut wie alle Horrorgestalten, wie Vampire, Frankensteins Monster, Ghoule und Slasher (wie etwa Jason aus Freitag der 13.) fallen. Alle letztgenannten sind aber keine Zombies, wenngleich sich Vuckovich später schon sehr biegen muss, um darauf zu bestehen, dass Zombies dann willenlose, rein instinktgesteuerte Geschöpfe seien. Dann kann sie zwar die Vampire und Frankensteins Monster sowie die Slasher definitorisch eliminieren, widerspricht sich aber immer wieder selbst, wenn sie die obigen immer wieder mal erwähnt, und vor allem sind manche Zombies der neueren Generation eben nicht mehr willenlos, wie schon in Land of the Dead (auch von George A. Romero) oder 28 Weeks Later zu sehen war. Das ist ein großer Schwachpunkt des Buches. Zum anderen bleibt Vuckovivc häufig auf der Oberfläche stehen und scheint ein Unbehagen zu spüren, wenn man Zombies als etwas deuten will. Sie lehnt es offenbar ab, soziale, politische, kulturelle und moralische Themen in die Zombie-Mythen hinein zu interpretieren. Das aber ist falsch, denn die eindimensionalen Monster eignen sich eben hervorragend als Leinwand für die eben genannten Aspekte und besonders Romero hat das immer wieder thematisiert. Vuckovic vertraut dem nicht und verschenkt somit viel Potential. Und widerspricht sich selber später, indem sie dem europäischen Zombiefilm (stellenweise durchaus zu Recht) einen sadistischen Chauvinismus unterstellt. Auch das ist schon eine Interpretation abseits der Oberfläche, gute Frau!

Generell hinterlässt der Band einen etwas zwiespältigen Eindruck. Zum einen ist er als Einführung gedacht, was auch erklärt, warum einige Meilensteine des Genres wie Dawn of the Dead (Zombie) oder auch The Walking Dead so knapp abgehandelt werden. Da fallen dann auch so geniale Mini-TV-Serien wie die englische Serie Dead Set unter den Tisch, die auch eine Mediensatire ist, was Vuckovic mit ihrer Ablehnung von Interpretationen nicht erkennt. Sehr lobenswert ist hingegen, dass auch Filme besprochen werden, über die Kritiker und Filmhistoriker immer die Nase rümpfen (wie etwa der schon erwähnte äußerst brutale und sexistische Zombie- und Kannibalenfilm besonders der 1970er und 1980er). Außerdem zieht Vuckovic einige völlig vergessene Filme aus den untersten Schubladen hervor, welche nur einmal in den 1950ern in Drive-Ins gezeigt wurden und von denen bislang nicht mal Filmhistoriker und Cineasten etwas wissen konnten. Hierfür gebührt ihr großer Dank und Respekt. Auch dass neben dem Film auch andere Medien betrachtet werden, verdient Lob – und hier kommen wir wieder zu den Comics.

Vuckovic betrachtet hauptsächlich die EC-Comics der 1950er und das Auftreten der Zombies darin. Das ist zwar sehr knapp, aber auch sehr interessant und vor allem die Renaissance in späteren Gruselheften ist spannend zu lesen. Leider werden die neueren Generationen von Zombie-Comics weitgehend ignoriert. The Walking Dead und Zombieworld werden zwar erwähnt, aber man bekommt den Eindruck, dass sie nicht von der Autorin gelesen wurden. Von anderen Serien und Einzelbänden werden Abbildungen gezeigt, aber nicht im Text erwähnt. Für Comicfans ist der Band also eine große Enttäuschung, wer sich aber generell für die modernden Unholde interessiert und einen generellen, oberflächlichen Rundumblick haben möchte, ist hier gut bedient.

 

Wertung: 5 von 10 Punkten

Zwei kapitale Grundfehler schmälern leider das Vergnügen an diesem etwas oberflächlichen Rundumschlag-Band über Zombies.

 

Zombies. Die illustrierte Geschichte der Untoten
Knesebeck Verlag, April 2012
Autorin: Jovanka Vuckovic
Übersetzung: Ulrike Kretschmer
Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 24,95 Euro
ISBN: 978-3-86873-436-2
Leseprobe

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Abbildungen © der dt. Ausgabe: Knesebeck Verlag