Rezensionen

Xoth! – Die unaussprechliche Stadt

Cover von XothNach einem trinkfreudigen Abend wird der jugendliche Loser Jacop O‘ Damsel in einer Hintergasse von einem Dimensionsschlürfer entführt. Wieder bei Sinnen, findet sich Jacop in der unaussprechlichen Stadt Xoth wieder, ein Ort voller unbekannter Wesen. Verfolgt vom monströsen Bürgermeister Cthulhu und verehrt von einer humanistischen Sekte bestehend aus kleinen Fischlein versucht er sich zurechtzufinden und Antworten zu bekommen. Die liefert ihm vornehmlich das freundliche Ziegenmädchen Yen-Niggurath, welches Jacop O‘ Damsel auf seiner Erkundungstour begleitet.

Seite aus XothXoth!-Die unaussprechliche Stadt ist ein fantasievoller Comic, der sich dem Werk von H.P. Lovecraft auf humoristische Weise nähert. Es ist Anna-Maria Jungs erste längere Comicgeschichte – dass die Österreicherin dabei ihrem Hang zu verschrobenen Inhalten weiterhin nachkommt, versteht sich von selbst. So ganz von einem Debut kann man hier aber nicht sprechen, immerhin hat sie bereits in einem One-Pager Kafkas „Das Schloss“ adaptiert (zu finden in der Anthologie „50-Literatur gezeichnet“), erzählte eine autobiografische Episode in Panik Elektro und beschäftigte sich mit Hitlers Genmaterial (in „Urbanity“). Aufmerksame Comicgate-Leser dürften sie zudem als Gewinner des Goldenen Spacken 2006 und aufgrund ihrer absurden Comicbeiträge für das Comicgate-Magazin 1 und 3 kennen. Mit Xoth! entstand nun also ein 74-seitiges Werk von ihr, das sich durchaus sehen lassen kann.

Seite aus XothAuf Basis des Cthulhu-Mythos, der von Lovecraft erschaffen wurde, und mithilfe der Beschäftigung mit dem Thema anhand ihrer Diplomarbeit entwickelte Anna-Maria Jung eine ganz eigene Welt; wenn man so will ihre eigene Interpretation der Lovecraftschen Horrorwelt. Ihre Stadt Xoth ist bevölkert von skurrilen, niedlichen, charmanten und vor allem lustigen Figuren Hier sind die Bösen auch noch nicht allzu böse, weswegen der Held Jacop O‘ Damsel auch nach tollpatschigem Durchstreifen der Story in der Lage ist, irgendwie über sich hinaus zu wachsen.

Seite aus XothJungs Comic verspricht in jedem Fall Kurzweile. Die Handlung versteht es auf clevere Weise mit Klischees und stereotypen Abläufen in der Mediendarstellung zu spielen und bewegt sich gekonnt in einem einfallsreichen Kosmos vielfältiger Wesen. Auch die zahlreichen, oft versteckten, kulturellen Anspielungen, vornehmlich auf Grant Morrisons Vertigo-Serie The Invisibles, machen Lust, einmal näher hinzusehen. Diese Liebe zu den Details tragen zu einer stimmigen, augenzwinkernden Gesamterscheinung bei, die Jungs Animations-Zeichenstil gelungen zu transportieren weiß. Der ist nämlich auch ohne großen Aufwand immer dann hervorragend, wenn kleine Momente in Szene gesetzt werden sollen. Lediglich eine phasenweise zu beobachtende Inkonsistenz im zeichnerischen Ausdruck, z.B. in der Darstellung der Gesichter in manchen Perspektiven, fällt weniger positiv auf.

Insgesamt ist dieser Comic aber wirklich lesens- und empfehlenswert, Xoth! ist mit einem Vorwort von Noah Berlatsky und ein paar Pin-Ups weiterer Künstler, z.B. von Christian Moser (Monster des Alltags) oder dem fantastischen Jörg Vogeltanz (Anger Diaries) versehen.

 

Xoth! – Die unaussprechliche Stadt
Zwerchfell, Oktober 2008
Text und Zeichungen: Anna-Maria Jung
84 Seiten, farbig, HC; 14,- Euro
ISBN: 978-3928387873

Website zum Comic mit Trailer, Galerie uvm.

witzige Lovecraft-Interpretation

 

einkaufswagen cc

nlintX

 

Xoth! – Die unaussprechliche Stadt © Anna-Maria Jung