Rezensionen

Wollodrin 1 – Der Morgen der Asche

Cover Wollodrin 1Die neue Serie Wollodrin wird im neu lancierten Format „Splitter Double“ veröffentlicht, was hier insofern passend ist, da mit den ersten zwei Teilen der Reihe ein erster Storybogen abgeschlossen wird. Es fängt trostlos an: Eine bunt zusammengewürfelte Schar sitzt im Kerker und wartet aus den unterschiedlichsten Gründen auf die Vollstreckung der Todesstrafe. Da kommt ihnen natürlich ein Angebot recht, das sie nicht ablehnen können: Ein Adliger verspricht ihnen nicht nur die Freiheit, sondern auch noch eine finanzielle Belohnung, wenn sie die entführte Erbin einer Dynastie wieder beschaffen können. Doch der Auftrag hat es in sich, denn die Entführer sind niemand geringeres als die Orks, die gerade wieder in den Krieg gegen die Menschen ziehen.

Wollodrin von David Chauvel und Jérome Lereculey ist eine überzeugende Fantasyserie, was durchaus überraschend ist, da dieses Genre in seinen Themen doch recht erstarrt und nur in einzelnen Elementen variabel ist. Dafür kamen seit dem großen Erfolg von Der Herr der Ringe schon fast zu viele neue Werke auf den Markt, so dass die Schemata inzwischen sattsam bekannt sind. Umso erfreulicher, wenn man trotzdem noch überrascht werden kann. Das beginnt bereits mit der typischen Queste, die sich hier nicht um einen Gegenstand, sondern um eine Person handelt. Das ist zwar nicht revolutionär, kann aber noch zu einigen Entwicklungen und Verwicklungen führen. Dabei sind die Suchenden zwar alles Helden wider Willen, was dem Genre konform läuft, aber im Grunde keiner von ihnen großes Interesse an der eigentlichen Suche hat, werden die Archetypen ausgehebelt.

Denn im Genre dient die Queste klassischerweise dazu, den Helden reifen zu lassen und ihm eine Entwicklung zu geben. Die Reise ist immer eine Erforschung des eigenen selbst, man findet zu sich und seiner Bestimmung, wobei die Gefährten oder diejenigen, denen man begegnet, immer für eine Wesensart stehen. Wie etwa der weise Mentor, der Vaterersatz und Lehrer. Solche Archetypen fehlen hier, wenngleich man manchmal meint, sie als Mitglieder in der Gruppe wieder zu erkennen. Doch der Umgang mit den Figuren ist neu, denn manche Vorgehensweise ist ungewöhnlich und nicht alle Figuren werden überleben. Dabei ist vor allem die Reihenfolge und um wen es sich handelt, sehr überraschend.

Seite aus Wollodrin 1Ist die Prämisse zunächst Das dreckige Dutzend im Fantasygewand, wird sehr schnell deutlich, dass es sich hier eigentlich um einen Western handelt, da typische Elemente enthalten sind. Die Strukturen und Konstellationen sind sehr deutlich auch dem anderen Genre entnommen. Die Orks sind hier mit den Indianern gleichzusetzen und das Ritterheer mit der US-Armee, welche die Indianer beziehungsweise die Orks aufs Grausamste massakrieren und einen Vernichtungsfeldzug starten. Es geht um Land und Rassismus und das Unverständnis gegenüber einer fremden Kultur. Ein mehr als überraschender Aspekt, denn die Orks waren bislang (fast) immer die Urschurken der Fantasy. Auch abseits dieser Prämissen ist die Reihe sehr abwechslungsreich, voller Wendungen, was die Spannung enorm erhöht. Jede Figur hat einen Hintergrund und ihre eigenen Motive.

Auch die grafische Gestaltung ist meisterhaft: Insbesondere der Panelaufbau erzeugt ein hohes Tempo und dient sich mit seinen doppelseitigen Panoramaansichten auch dem Cinemascope-Format der Westernfilme an. Atemberaubende Perspektiven und schnelle Blickwechsel mit nahezu filmischen Techniken lassen die Action lebendig wirken und man fühlt sich stellenweise wie im Kino. Stark.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Manche Klischees und Archetypen werden gekonnt ausgehebelt, was der Serie Frische verleiht und sie viel mehr in Richtung Western drängt.

 

Wollodrin 1 – Der Morgen der Asche
Splitter Verlag, Juli 2014
Text: David Chauvel
Zeichnungen: Jérome Lereculey
Übersetzung: Tanja Krämling
112 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 22,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-715-5
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag