Schon der erste Band der neuen Westernserie Wanted suchte sich deutlich einen Weg durch die vielen Genrevorläufer und streifte dabei prominente Vertreter wie etwa Leutnant Blueberry und Durango. Inhaltlich blieb es zunächst überschaubar: Der Kopfgeldjäger Wanted verbündet sich mit dem Halbblut Yaqui Jed, um die Mörder von dessen Familie zu finden. Diese, die Brüder Bull, haben sich mittlerweile zerstreut und am Ende konnten die beiden Jäger nur zwei der Brüder stellen.
Die Suche nach den letzten zwei Brüdern dient nun Rocca (Vae Victis) und Girod (Durango) als Anhaltspunkt, eine epische Quest zu entwickeln und so ein breites Panorama des damaligen Westens zu entwerfen. Das ist dramaturgisch so einfach wie geschickt und ermöglicht es, viele Themen aufzugreifen. Da sich zudem Wanted und Jed zeitweise trennen, ergibt sich auch die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Wanted wird in den amerikanischen Bürgerkrieg verwickelt. Das passt ihm aber nicht, da er dabei nichts verdienen kann. Und Jed laviert sich zwischen den beiden, in ihm vereinten, Kulturen der Indianer und der Weißen hindurch, indem er sich zur Verfolgung seiner Ziele mal mit den einen und mal mit den anderen verbündet.
Fast schon als Konsequenz zerfasert dieser Band manchmal etwas und ist lange nicht so kompakt gestaltet wie noch der erste. Die viele, teils brutale, Action überdeckt diesen Mangel aber gut. So fällt es auch kaum auf, dass die erzählte Zeit in Bezug auf die beiden Hauptpersonen nicht immer deckungsgleich zu sein scheint. Wie kann Wanted etwa zwei Schlachten gegen die Konföderierten schlagen und in derselben Zeit Jed nur einige Stationen abreiten? Aber wie gesagt, Spannung und Action machen hier einiges wett. Auch ist der Charakter der Hauptfigur Wanted immer noch nicht richtig ausgearbeitet.
Graphisch ist die Schule von Durango-Schöpfer Yves Swolfs unübersehbar, aber auch leichte Anleihen bei Jean Giraud (Blueberry) kann man ausmachen. Mehr noch als im ersten Band spielt Thierry Girod mit der Seitenaufteilung und lässt auch häufig die Panelgrenzen fallen, um schöne Überblendungen zu schaffen. So etwa, wenn man eine Halbtotale sieht, im zweiten Panel frontal ein Fernglas und im dritten schließlich die Augen des Betrachters. Manchmal erinnert das entfernt an die Zeichnungen in Mac Coy von Palacios, zitiert also abermals eine klassische Westernserie. Referenzen, Zitate und Genreversatzstücke werden in der Serie gerne aufgenommen, wobei die Geschichte unbeschönigt und teils in drastischen Bildern erzählt wird (auch hier gibt es wieder eine Folterszene). Aber gerade diese Mischung macht den Reiz von Wanted aus. Auf das voraussichtliche Ende des ersten Zyklus im dritten Band darf man schon gespannt sein.
Wertung:
Nicht immer so kompakt wie der erste Band, aber immer noch ziemlich gut.
Wanted 2 – Der Todescanyon
Splitter Verlag, April 2011
Text: Simon Rocca
Zeichnungen: Thierry Girod
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
Leseprobe
Abbildungen © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag