Unübersehbar erleben die Piraten nicht nur auf den realen Meeren eine Renaissance, sondern auch im Comic. Beschränken sie sich auf der großen Leinwand auf die Fluch der Karibik-Filme, so kamen im Comicbereich allein in den letzten Monaten gleich mehrere neue Serien auf den deutschen Markt, welche die Segel setzen. Barracuda und Das Testament des Captain Crown sind nur die neuesten. Mit Isaak der Pirat oder An Bord der Morgenstern gab es auch schon einige Monate vorher Comics, welche einen neuen Blickwinkel auf die Piraten suchten. Das macht Unter Schwarzer Flagge ebenso und auf ganz eigene Weise.
Der Piratenkapitän Dan Dark zwingt die Sklavin Mahalia auf sein Schiff, da er ihren Großvater dazu bringen will, eine geheimnisvolle Schatzkarte zu übersetzen. Zusammen mit seinen Begleitern Bonnie und Killing Howie will er den Schatz um jeden Preis. Doch nicht nur Mahalias Bedingungen lassen die Piraten verzweifeln, sondern auch deren Großvater, der noch eine Rechnung mit Dark offen hat.
Schon das erste Panel gibt vor, dass das alles nicht allzu ernst gemeint ist. Schließlich heißt die Taverne, der erste Schauplatz, „Die furzende Ratte“. Rechnet man nun mit einigen satirischen oder parodistischen Hieben, wird man schnell eines Besseren belehrt. Hier werden zwar Hiebe ausgeteilt, aber nur mit dem Säbel, der auch Glieder abtrennt. Es geht also stellenweise sehr blutig zu unter der schwarzen Flagge. Aber inkonsequenterweise auch recht humorvoll. Ein um das andere Mal drängt sich Dialogwitz in den Vordergrund. Der ist zwar sehr gelungen, wenngleich ein stark moralisierender Dialog über das Piratentum extrem unglaubwürdig und störend auffällt.
Die neuen Aspekte, welche die Serie sucht, um einen erweiterten Blick auf das Genre zu ermöglichen, finden Autor Eric Corbeyran und Zeichner Brice Bingono wohl im Fantasybereich. Denn im Laufe der Geschichte tauchen immer mehr dieser Aspekte auf. Das mag Puristen abschrecken, ist aber in diesem Auftaktband noch relativ dezent ausgearbeitet.
Selten wurde es allerdings so deutlich gemacht, dass eine Schatzkarte für das Genre im Grunde nur als McGuffin dient. Also als etwas, was völlig irrelevant ist, aber die Handlung erst in Gang bringt. Es dreht sich schließlich alles um die Suche an sich, um die Kämpfe und Bedrohungen auf dem Weg. So auch hier, denn die Suchenden wissen ja nicht einmal, woraus der Schatz eigentlich besteht. Sie haben nur eine unlesbare Karte. Und da es eben eine Karte ist, die chiffriert worden war, muss sie einfach zu etwas Wertvollem hinführen. Das ist die Logik der Piraten, und geschickterweise auch die des gesamten Genres.
Generell ist dieser Auftakt noch etwas zwiespältig und ausbaufähig. Mal sehen, wohin es in den Folgebänden der Albentrilogie geht. Auch die starke Konzentration auf die Hauptfiguren ist manchmal etwas merkwürdig. Man hat schon bisweilen den Eindruck, dass das Schiff von alleine segelt, da nur die relevanten Figuren zu sehen sind, aber nicht die Mannschaft.
Wertung:
Mit kleinen Fantasyelementen angereichertes Piratenabenteuer, das zwar das Genre gewissermaßen reflektiert, aber noch etwas zwiespältig ist.
Unter Schwarzer Flagge 1 – Gischt und Blut
Splitter Verlag, Januar 2012
Text: Eric Corbeyran
Zeichnungen: Brice Bingono
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-400-0
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag