Rezensionen

Storm 1 und 23

Cover Storm 1Nach längerem Hickhack hinter den Kulissen war Ende des vergangenen Jahres der Weg frei für die deutsche Version einer Gesamtausgabe der Abenteuerserie Storm, die urspünglich aus den Niederlanden stammt. Die Albenreihe lief von den späten 70er Jahren bis weit in die 90er und lebte vor allem vom detailreichen Artwork des englischen Zeichners Don Lawrence. Gute vier Jahre nach dessen Tod erscheint nun eine edle Neuauflage und gleichzeitig ein neues Album mit einem neuen Zeichnerteam.

Die Aufmachung, in der der Splitter Verlag diese Reihe als „Collectors Edition“ präsentiert, ist der feuchte Traum eines jeden Comicsammlers: Zum Überformat und dem soliden Hochglanz-Hardcovereinband (beides ist bei Splitter ohnehin Standard) kommt noch eine exzellente Druck- und Farbqualität (sämtliche Vorlagen wurden neu bearbeitet), ein beiliegender Druck auf Schmuckpapier und in jedem Band ein 16-seitiger Anhang, der im Stil von DVD-Extras reichlich Hintergrundinformationen, Skizzen, Illustrationen und Fotos enthält. Mit dieser Ausstattung zu einem ordentlichen Preis setzt Splitter einen Maßstab für edle Alben-Veröffentlichungen.

Zum Auftakt der Storm-Edition, in der die komplette Serie neu aufgelegt werden soll, erschienen gleichzeitig der erste Band aus dem Jahr 1977 sowie ein völlig neues Abenteuer. Der erste Band „Die tiefe Welt“ erzählt davon, wie der Held Storm, eigentlich ein Astronaut, in die Fantasy-Welt gelangt, in der die Geschichten spielen. Offenbar ist Storm nach einem Trip zu einem kosmischen Wirbelsturm wieder auf der Erde gelandet, die sich aber viele Jahre in der Zukunft befindet. Seite aus Storm 1Es ist allerdings keine futuristische Hightech-Erde, sondern eher das Gegenteil, eine archaische Welt ohne Autos, Flugzeuge und Computer, bevölkert von Barbaren. Der Story ist deutlich anzumerken, dass sie vor mittlerweile knapp 30 Jahren entstanden ist. Inhalt und Erzähltechnik wirken inzwischen doch recht angestaubt. Vor allem die Tendenz, dass in Captions und Sprechblasen ständig erklärt wird, was man ohnehin in den Bildern sieht, lassen den Comic etwas altbacken wirken. Wer aber auf simple Pulp-Geschichten mit nostalgischem Charme steht, den wird das sicher nicht stören.

Das Hauptverkaufsargument für Storm sind ohnehin nicht so sehr die Geschichten, sondern das Artwork von Don Lawrence, der mit seinen Zeichnungen für die Serie Maßstäbe gesetzt hat. Seine Bilder, mit unheimlich feinen, farbigen Pinselstrichen gemalt, sind extrem detailreich und wirken sehr plastisch. Dass der Storm von 1977 mit seinem Felljäckchen und der Schmalzlocke aus heutiger Sicht nicht allzu cool wirkt, liegt in der Natur der Sache.

Cover Storm 23 Behutsam modernisiert findet man Storm und seine Mitstreiter dagegen im gleichzeitig erschienenen Band 23. Der entstand 2007, drei Jahre nach dem Tod des großen Don Lawrence. Die holländischen Verleger suchten ein neues Zeichnerteam, das den Mut hatte, in dessen Fußstapfen zu treten, und fanden Romano Molenaar, der bislang vor allem als Zeichner für TopCow-Serien wie Witchblade und The Darkness in Erscheinung getreten ist. Seine Bleistiftzeichnungen werden von Jorg de Vos koloriert. Vor allem de Vos bemüht sich dabei, dem Stil von Don Lawrence treu zu bleiben, was ihm auch bemerkenswert gut gelingt. In Sachen Panel-Layout und Figurendesign bleibt das neue Team zwar eng am klassischen Vorläufer, trotzdem wirkt ihr Artwork im direkten Vergleich mit dem 30 Jahre älteren Comic deutlich frischer und zeitgemäßer.

Seite aus Storm 23 Als Autor sorgt Storm-Erfinder Martin Lodewijk für Kontinuität. Wie man im Anhang erfährt, war die neue Geschichte „Der Nabel des doppelten Gottes“ explizit als „altmodisches“ Storm-Abenteuer geplant. Das ist sie auch geworden; neu erfunden wird hier gar nichts, stattdessen gibt es solide erzählte Unterhaltung in einer fantastischen Welt. Wie zu Don Lawrence' Zeiten setzt man eher auf grafische Opulenz und detailreiches Artwork als auf raffiniertes Storytelling und originelle Geschichten. Storm 23 ist keine Neuerfindung für ein neues Publikum, sondern die Fortführung einer Tradition, die sich an eine älter gewordene Leserschaft richtet, die den Helden seit ihrer Jugend liebt.

Dass dieses Konzept bei der Zielgruppe ankommt, zeigen die guten Absatzzahlen und die begeisterten Reaktionen, die der Splitter-Verlag in seinem Forum erntet. Der Doppelpack mit beiden Bänden, der vom Verlag zum Start der neuen Reihe angeboten wurde, war ruckzuck ausverkauft.

Was die Aufmachung angeht, gehört diese Albenreihe sicher zum Besten, was derzeit auf dem Markt ist. Auch zeichnerisch bekommt man hohe Qualität geboten. Ob die simplen Abenteuergeschichten dem äußeren Rahmen gerecht werden, muss jeder selbst beurteilen. Nostalgiker und Freunde des Barbaren-Genres werden sicherlich weit mehr Freude an Storm haben als Leser, die nach innovativen und originellen Stoffen suchen.

Storm 1: Die tiefe Welt
Splitter
, März 2008
Szenario: Philip „Saul“ Dunn
Zeichnungen: Don Lawrence
Hardcover; farbig; 64 Seiten; 15,80 Euro
ISBN: 978-3940864468

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Storm 23: Der Nabel des doppelten Gottes
Splitter
, März 2008
Szenario: Martin Lodewijk
Zeichnungen: Romano Molenaar, Jorg de Vos
Hardcover; farbig; 64 Seiten; 15,80 Euro
ISBN: 978-3940864741


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Bildquelle: splitter-verlag.de