Rezensionen

Secret Warriors 1

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Secret Warriors 1Alles ändert sich, warum nicht du? − „Dafür bin ich zu lange dabei. Nach einer Weile ist man, was man ist …“

Dieser, beinahe auf Metaebene geführte, Dialog zwischen Nick Fury und seiner alten Flamme Contessa Allegra de Fontaine (deren Schöpfer Jim Steranko wirklich etwas von Agentennamen verstand) bringt auf den Punkt, was den Mann umtreibt. Jemand, der seit den 1960ern – dank einer den Altersprozess stoppenden Droge – ohne Atempause als weltrettender Agent im Einsatz ist, lässt sich nicht einfach in Rente schicken. Auch nachdem er von seinem Posten als Chef von SHIELD entbunden und die ganze Organisation schließlich durch Norman Osborns Geheimdienst H.A.M.M.E.R. ersetzt wurde, macht Fury einfach auf eigene Faust mit dem weiter, was er immer getan hat: die USA und den Rest der Welt kompromisslos vor sich zusammenbrauenden Bedrohungen schützen. Nun aber gemeinsam mit dem Nachwuchshelden-Team Secret Warriors, das er nach seinen knallharten Regeln trainiert.

Der alte, raubeinige Haudegen und ein Team hitzköpfiger Junghelden, von denen der jüngste ein zwölfjähriger griechischer Gott ist − das Konzept funktioniert ganz ordentlich, ist aber längst noch nicht alles, was diese neue Serie ausmacht. Die Autoren Jonathan Hickman und Brian Michael Bendis fahren mit Verschwörungen, Doppelagenten und einer wirklich dramatischen (wenn auch etwas sehr arg konstruiert wirkenden) großen Enthüllung, die weit in die Vergangenheit des Marveluniversums hineinreicht, alle Zutaten eines guten Thrillers auf und schaffen erfolgreich eine „Alles ist möglich“-Atmosphäre der ständigen Bedrohung. Mit der neu formierten Führungsriege der Terrororganisation Hydra gibt es dazu Gegenspieler, die auf eindrucksvoll unangenehme Art auch als solche überzeugen.

Beispielseite aus der US-AusgabeDie Autorenpaarung Hickman und Bendis (Story von beiden, Skript von Hickman) erweist sich als weise Entscheidung für die Serie. Denn eine vielgleisige Handlung mit großem Figurencast flott voranzutreiben gehört erwiesenermaßen nicht gerade zu Bendis‘ vielen Stärken als Autor, dem relativen Newcomer Hickman, der schon mit Fantastic Four: Dark Reign positiv auffiel, liegt es offenbar recht gut. So ergibt sich eine zwischen verschiedenen Schauplätzen, Figuren und Plots umher springende, dennoch kohärent wirkende Handlung, die im positiven Sinne an gute TV-Thrillerserien der neuen Generation erinnert. Nur ist das Budget comictypisch natürlich größer bzw. unbegrenzt und so kommen beeindruckende Unterwasserbasen und gigantische Flugzeug- beziehungsweise Helicarrierträger(!) zum Einsatz − sehr stylisch vom italienischen Zeichner Stefano Caselli umgesetzt, der trotz leichter Schwächen in Sachen Mimik mit einer lebendigen Mischung aus cartoonhaftem Stil und Realismus überzeugt, welche erstaunlich gut mit der Agentenkost funktioniert. Die schicke Digitalkolorierung von Daniel Rudoni, der atmosphärisch gedeckte Farben einer allzu bunten Comicoptik vorzieht, tut ihr übriges für eine angemessene Atmosphäre.

Der einzige, wirklich ins Gewicht fallende Wermutstropfen dieses Comics besteht darin, dass die Autoren dem Rampensau-Charme der Figur Nick Fury augenscheinlich etwas zu sehr erlegen sind − Fury dominiert die Handlung dermaßen, dass die titelstiftenden Secret Warriors selbst eher blass und unausgereift bleiben. Auch nach Lektüre der sechs Episoden in diesem Band, den man gut im Anschluss an Secret Invasion lesen  kann, weiß man immer noch nicht genau, wie Furys Zöglinge eigentlich ticken und welche Motivation sie überhaupt haben, bei diesem Himmelfahrtskommando mitzumachen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden − die Ansätze für interessante Figuren sind definitiv vorhanden.

Secret Warriors
Panini Comics, März 2010
Text: Jonathan Hickman, Brian Michael Bendis
Zeichnungen: Stefano Caselli
Softcover, 148 Seiten, 16,95 Euro


Gut

Gelungener, kurzweiliger Mix aus Big-Budget-Agententhriller und Superheldenaction

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Abbildungen © Marvel Comics, der dt. Ausgabe Panini Comics