Comicgate wagt sich momentan mit seinem ersten Printmagazin unter's Volk – da sind andere schon etwas weiter. Seit bereits unglaublichen 25 Jahren wird nämlich das Fanzine PLOP verlegt und ist damit das dienstälteste Comicfanzine Deutschlands. Gleichzeitig konnte es mit dem aktuellen Band seine 75. Ausgabe feiern! Ein beeindruckendes Doppeljubiläum, gerade in der nicht immer motivierenden deutschsprachigen Comicszene.
Wer mit dem Begriff Fanzine noch nicht so viel anfangen kann: aus dem Namen kann man bereits ableiten, dass dies Magazine sind, die von Fans gemacht werden. Sprich, es steht keine Gewinnabsicht dahinter, sondern reiner Spaß an der Freude. Dementsprechend ist die Aufmachung nicht unbedingt mit der professioneller Ausgaben zu vergleichen, und die Auflage bewegt sich meist in dreistelligen Bereichen (je nachdem, in welcher Szene das Fanzine agiert). Fanzines sind ein Zeichen für eine lebendige, interessierte Szene, sie unterliegen keinen Marktgesetzen und müssen sich keinen Trends anpassen.
Mitunter fördern sie auch vehement den Nachwuchs – wie es eben PLOP macht. Es sieht sich als Plattform für erste oder auch zweite Gehversuche von Zeichnern im Printbereich (z.B. war Walter Moers in seinen Anfangstagen Gast). Die Qualität der Comicbeiträge ist deshalb recht schwankend. Zwar behält sich Andreas Alt, der Herausgeber von PLOP, vor, Beiträge abzulehnen, er nimmt aber aus eben diesem Förderungsgedanken mitunter auch solche auf, die ihm persönlich nicht hundertprozentig gefallen oder die seiner Meinung nach noch Mängel haben.
Was PLOP ebenso interessant macht, sind die regelmäßigen redaktionellen Teile wie Interviews mit Comicmachern, viele Rezensionen innerhalb und außerhalb der Fanszene und die beliebte Leserbriefrubrik. Außerdem werden von Max Jähling Comics im Internet besprochen.
Mit insgesamt 64 Seiten also jede Menge Lesestoff.
Die aktuelle Jubiläumsausgabe bietet in der Beziehung sogar noch viel mehr: die Comicseiten wurden ausnahmsweise zurückgefahren, um Platz zu machen für eine besonders interessante Idee: Andreas Alt fragte bei Zeichnern nach, die er vor vielen Jahren interviewt hatte, wie es ihnen heute geht und welche Bedeutung Comics bzw. überhaupt Zeichnen an sich noch für sie haben. Wie zu erwarten sieht es bei manchen weniger rosig aus als bei anderen. Auf jeden Fall ergeben diese 26 Rückblicke sehr viele interessante Seiten, welche den Blick auf die deutschsprachige Comicszene und den Wunschtraum, professioneller (Comic-)Zeichner zu werden, doch um einiges erweitern.
Insgesamt macht PLOP einen engagierten und freimütigen Eindruck – Andreas plaudert recht frei von der Leber weg. Ein offenes Magazin, das genau das Richtige ist für solche, die mehr wissen wollen, was sich so alles tut im kleinen, quicklebendigen Comic-Underground und dazu noch passend mit redaktionellem Inhalt versorgt werden möchten.
Zu bestellen gibt es PLOP für läppische 3,- Euro bei Andreas Alt unter andreas_alt (at) t-online.de, ein Vierer-Abo kostet 10,- Euro. Auch beim ICOM Independent-Shop sind viele Ausgaben erhältlich. Und: Andreas wird mit PLOP auf dem Comic-Salon im Juni am Fanzine-Stand vertreten sein.
Auch wer Interesse an einer Mitarbeit hat, kann sich gerne unter der mail-Adresse oder persönlich auf dem Comic-Salon bei Andreas informieren.
PLOP 75
Herausgeber: Andreas Alt
64 Seiten, DIN A5-Format, schwarz-weiß; 3,- Euro
Website von Andy Konky Kru mit jeder Menge PLOP-Leseproben
PLOP-Diskussionsthread im Comicforum
Hier noch die Pressemitteilung zu PLOP 75, in der Ihr mehr über das Fanzine erfahrt:
Deutschlands dienstältestes Comicfanzine besteht ein Vierteljahrhundert!
Das dienstälteste deutsche Comicfanzine, PLOP, feiert im April ein Doppeljubiläum: Vor 25 Jahren erschien das erste Heft. Zugleich wird die Ausgabe # 75 erreicht. PLOP wurde vor 25 Jahren von Heike Anacker in Mönchengladbach gegründet. Die erste Ausgabe verschickte sie, um einen Leser- und Abonnentenstamm aufzubauen, kostenlos und verteilte sie beim Kölner Comictauschtag, der damals noch im Kolpinghaus im Stadtteil Ehrenfeld stattfand.
Andreas Alt, der vierte und derzeit aktuelle Herausgeber, blickt in der neuen Ausgabe auf die Publikationsgeschichte von PLOP zurück. 1986 begann er, Zeichner und andere Comicschaffende aus der Fanszene zu interviewen oder über seine Treffen mit ihnen zu berichten. In den vergangenen 20 Jahren sind auf diese Weise mehr als 30 Interviews und Porträts zusammengekommen. Er hat mit fast allen ehemaligen Gesprächspartnern Kontakt aufgenommen und sie nach ihrer heutigen Sicht der Dinge gefragt, was manche interessanten Perspektivwechsel zu Tage gefördert hat. Das Fanzine PLOP ist sich freilich nach ihrer Einschätzung +ber all die Jahre weitgehend treu geblieben.
Heike Anacker hatte ursprünglich das Bedürfnis, die Botschaft, dass Comics Kunst sind, unter die Leute zu bringen. Die erste Ausgabe, die nur zwölf Seiten hatte, gestaltete sie noch ganz allein. Sie sah sich aber eher als Organisatorin denn als Alleinunterhalterin und schrieb gleich im Vorwort: „Ihr seid herzlichst dazu aufgefordert, diese Amateur-Zeitschrift mit Euren Ideen zu bereichern. Vielleicht – und das fände ich eine tolle Sache – kann so durch PLOP so etwas wie ein Comic-Fans-Arbeitskreis entstehen.“ Dieser Vision kam sie schon bald ziemlich nahe. Comiczeichner aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland meldeten sich bei ihr. Durch ausführliche, von Heike liebevoll kommentierte Leserbriefseiten und ihren persönlichen Briefwechsel kam ein lebhafter Austausch zu Stande.
1987, nach 27 Ausgaben, beschloss Heike Anacker, die Plopperei dranzugeben, wie sie verkündete. In der Fangemeinde gab es einen Aufschrei, und Andreas Anger aus Kitzingen erklärte sich spontan bereit, eine Interims-Ausgabe zu übernehmen, bis ein neuer Herausgeber gefunden wäre. Ab PLOP # 29 stieg Bernhard Bollen aus Düsseldorf als Herausgeber ein. Er führte das Fanzine bis zur Doppelnummer 38/39 weiter, war allerdings weniger Moderator wie zuvor Heike, sondern gestaltete das Heft selbstbewusst nach seinen eigenen Vorstellungen und eckte damit bei der Lesergruppe an, die dem Heike-Flair nachtrauerte. Ende 1993 ließ sich Andreas Alt, der seit Ausgabe # 5 Mitarbeiter war, bei einer PLOP-Party in Düsseldorf dazu überreden, seine Nachfolge anzutreten.
Seitdem hat er es geschafft, relativ regelmäßig drei Ausgaben jährlich zu drucken. Die Auflage, die zu Heike Anackers Zeiten vorübergehend 300 Exemplare erreichte, liegt seitdem konstant bei 150 Sück. PLOP hat überraschend konstant etwa 70 Abonnenten, wobei die Fluktuation recht groß ist. Der Rest der Hefte dient als Belege oder wird im Einzelverkauf oder über Mailorders abgesetzt. Zu jeder Ausgabe gehen rund 10 bis 20 Leserbriefe ein, die sich teilweise eingehend mit den veröffentlichten Comics auseinandersetzen. Diskussionen können sich über mehrere Ausgaben hinziehen.
Pro Ausgabe werden normalerweise zwei bis drei Newcomer vorgestellt. Hier kommen auch neue Künstler zum Zug, die bestimmte Qualitätskriterien (noch) nicht erfüllen und teilweise von anderen Independent-Magazinen abgelehnt worden sind. In PLOP sollen sie durch eine Veröffentlichung ermutigt werden weiterzumachen. Die Leserbriefreaktionen geben ihnen einen Eindruck, wo Verbesserungsbedarf besteht. Allerdings bleibt nur ein Teil der Debütanten bei der Stange.
PLOP hat sich, vor allem zu Heike Anackers Zeiten, tatsächlich als Talentschmiede bewährt. Der wohl bekannteste Künstler, der seine ersten Comics in PLOP veröffentlicht hat, ist Walter Moers, der wie sie aus Mönchengladbach stammt. Vertreten waren zudem unter anderem Martin Frei, Kim Schmidt, Hartmut „Haggi“ Klotzbücher, die Dinter-Brüder, Wittek, Peter Schaaff und Dirk Tonn, die später als Comiczeichner in den Semiprofi- oder sogar Profi-Bereich vorstießen. Im Heft aufgetaucht sind zudem der Autor Bernd Frenz (“Maddrax“), „Perry-Rhodan“-Chefredakteur Klaus N. Frick, „Comixene“-Chefredakteur Martin Jurgeit, Künstleragent Hartmut Becker und Tokyopop-Verlagsleiter Joachim Kaps. Zur Zukunft von PLOP sagte Andreas Alt bei seinem Amtsantritt: „Ich möchte, soweit in der Fan-Szene weiter Bedarf dafür besteht, mal ganz unbescheiden die Ausgabe # 100 anpeilen.“ Die wird nach heutigem Stand der Dinge in acht bis neun Jahren erreicht sein.