Rezensionen

Metamorphosis

Cover MetamorphosisUm Punkt 8 Uhr beginnt das Leben eines nicht näher benannten Mannes im mittleren Alter. Die Körperpflege wird zelebriert, die Calvin-Klein-Unterwäsche wurde bereits am Vortag fein säuberlich bereitgelegt. Noch die Designerbrille von der Kommode genommen, dann geht’s stilgerecht im Porsche auf einen Kaffee ins Nobelrestaurant. Im edel eingerichteten Büro steht eine Zigarrenschachtel neben einem eingerahmten Diplom.

Keine Frage, der Protagonist in diesem Comic lebt für den Konsum und die schönen Dinge im Leben. Er scheint es sich ja zumindest leisten zu können. Doch ist er mit all dem Geld und den materiellen Gütern auch glücklich? Dank Daniel Bossharts wortloser Art des Erzählens kann man sich der Beantwortung dieser Frage im günstigsten Fall nur annähern. Die Hauptfigur zeigt keine Emotionen, nicht mal dann, als sie sich offenbar mit ihrer Freundin streitet. Der Mann, so will es uns Bosshart vermitteln, soll uns, den Lesern, als gefühlskalter, oberflächlicher Karrierist erscheinen.

metamorph2Die Verwandlung hin zu einem neuen Menschen, der seine Umwelt nunmehr empfindsam wahrnimmt und sein Leben umkrempelt, beginnt schließlich nach einem der Unfälle im eigenen Haushalt, vor denen man gerne warnt: Der Mann rutscht in der Badewanne aus und schlägt mit dem Kopf auf. Auf dem Krankenbett suchen ihn Visionen heim, sein Leben zieht an seinem inneren Auge vorbei. Am Ende steht die emotionale Metamorphose, die Bosshart parallel dazu als Verpuppung einer Raupe zum Schmetterling illustriert.

Eindrucksvoll ist das Buch weniger aufgrund seiner inhaltlichen Aussage, sondern wegen seiner fein gegliederten Bildsprache. Jedes Panel scheint für sich ein separates Bild darzustellen, das säuberlich abgegrenzt neben dem nächsten steht. Dennoch entsteht ein kohärenter Gesamteindruck, der trotz, oder vielleicht gerade wegen, der Sprachabstinenz brilliert.

Dass Bosshart Häuser, Inneneinrichtung und Kleidung bis ins Detail ausleuchtet und auch ganz gezielt mit Nah- und Weitwinkelaufnahmen spielt, kommt allerdings nicht ungefähr. Immerhin ist der Schweizer von Berufs wegen Architekt. Optisch ist Metamorphis also ein Kunstwerk. Die Banalität der inhärenten Moral lässt sich da geflissentlich übersehen.

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

Grafisch anspruchsvolles Album, das man allerdings schnell durchgelesen hat

 

Metamorphosis
Edition Moderne, Juni 2012
Text und Zeichnungen: Daniel Bosshart
80 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 24,80 Euro
ISBN: 978-3-03731-098-4
Leseprobe

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Abbildungen: © Daniel Bosshart/Edition Moderne