Rezensionen

Manhole 1-3

Cover Manhole 1Eigentlich sollte man ja meinen, Horror und Manga, da kommen zwei Dinge zusammen, die viele lesenswerte Früchte tragen sollten. Tun sie ja auch. Nur irgendwie nicht in Deutschland. Hier war das Genre im Manga-Sektor vor Kurzem noch dermaßen rar vertreten, dass es einen wunderte. Seit einiger Zeit hat man zumindest bei Carlsen dauerhaft wenigstens einen ordentlichen Genre-Vertreter im Gepäck. Das fing an mit dem etwas zahnlosen vierbändigen Survival-Horror-Manga Doubt von Yoshiki Tonogai, der das Spielprinzip von Die Werwölfe von Düsterwald mit der zweifelhaften Ästhetik der Saw-Filme kurzschloss und aktuell noch als Judge fortgesetzt wird. Seit einigen Monaten hat Carlsen zudem die eigenwillige Zombie-Serie I Am a Hero von Kenzo Hanazawa im Programm. Bereits Anfang vergangenen Jahres erschien zudem der dreibändige Seuchenthriller Manhole von Tetsuya Tsutsui, der durchaus mal einen Blick wert ist.

In dem japanischen Städtchen Sasahara taumelt ein nackter, offensichtlich verwirrter Mann durch die Straßen, fällt einen Studenten an und bricht kurz darauf blutüberströmt tot zusammen. Der kaltschnäuzige Kriminalpolizist Mizoguchi steht vor einem Rätsel. Im Hirn des Toten scheint sich eine unbekannte Parasitenart eingenistet zu haben, eine außergewöhnlich aggressive und hochansteckende Bandwurminfektion, die ihrem Opfer auch einen Augapfel weggefressen hat. Mit der unerfahrenen jungen Polizistin Inoue an seiner Seite forscht Mizoguchi nach den Ursachen der Erkrankung. Schon bald treten weitere Fälle auf und alles deutet darauf hin, dass der Befall der Infizierten nicht wahllos erfolgt. Unter den Gullydeckeln Sasaharas lauert ein grauenhaftes Geheimnis …

Panel aus ManholeManhole kostet seinen Ekelfaktor zu Beginn exzessiv aus. Die anfänglichen Infektionsszenen gehen einem wortwörtlich unter die Haut, und ich glaube, kein Comic hat es jemals zuvor geschafft, Mückenstiche auf derart drastische Weise zu inszenieren. Heftiger Bodyhorror, von dem Zartbesaitete lieber Abstand nehmen sollten. Die Spannung ist zu Beginn immens. Tsutsui schafft es geschickt, ein beständig anschwellendes Gefühl von Bedrohung aufzubauen, das einen mit immer neuen Schocks an die Seiten fesselt. Leider kann der Manga diese Intensität nicht über die gesamte Länge aufrecht erhalten. Besonders der dritte Band enttäuscht mit reichlich redundanten und ausschweifenden Erklärungspassagen über die wahren Motivationen hinter der Seuche, verzichtet dafür aber fast völlig auf mitreißende Passagen. Das Ende ist schneller vorbeigezogen, als es gekommen ist, und zurück bleibt ein etwas unbefriedigender Eindruck, als hätte der Manga seine anfänglichen Versprechen nicht ganz einzuhalten gewusst.

Panel aus ManholeZu einem großen Teil liegt das auch daran, dass es Tsutsui nicht schafft, beim Leser eine wirkliche Bindung zu den Hauptfiguren aufzubauen. Sowohl Mizoguchi als auch Inoue bleiben dauerhaft auf Distanz. Ihre späteren Gefühle füreinander kommen wie aus dem Nichts und wirken daher wenig glaubwürdig. Auch Tsutsuis Zeichenstil gibt sich recht unterkühlt. Sein Mischstil, der anscheinend Federzeichnungen mit hart gescannten Bleistiftschraffuren und digitaler Nachbearbeitung kombiniert, ist zwar durchaus interessant und für Manga eher ungewöhnlich. So ganz ausgereift sind aber insbesondere seine Figurenzeichnungen noch nicht. Die intensive Ausdruckskraft, die man mit Manga häufig assoziiert, bleibt hier weitestgehend außen vor. Für Interessenten mit eher westlich geprägten Lesegewohnheiten könnte das aber auch durchaus wieder ein Vorteil sein.

Die Aufbereitung der Mangas durch Carlsen ist zweckmäßig, aber nicht sehr liebevoll. Der kühle Sprachstil dürfte im Original so angelegt sein, weswegen man der Übersetzung wohl keine Vorwürfe machen kann. Das recht sterile und viel zu kleine Lettering ist aber wirklich kein Hingucker, ebenso wenig wie die eher einfallslosen deutschen Soundwords. Die je zwei Farbseiten (davon immer eine als Inhaltsverzeichnis) machen den Kohl auch nicht wirklich fett, aber bei deutlich über 200 Seiten pro Band und den angenehm matten und schön designten Covern ist man für sein Geld trotzdem sehr gut bedient.

Panel aus ManholeManhole ist ein teils drastischer Horror-Manga, der durch einen mitreißenden Auftakt überzeugt, auch wenn ihm gegen Ende etwas die Luft ausgeht. Dank des übersichtlichen Umfangs sollten Freunde origineller Horror-Comics definitiv mal reinschnuppern.

 

Wertung: 7 von 10 Punten

Teils drastischer Horror-Manga, der durch einen mitreißenden Auftakt überzeugt, auch wenn ihm gegen Ende etwas die Luft ausgeht

 

Manhole, Band 1-3
Carlsen Manga, Januar-Juli 2012, abgeschlossen

Text und Zeichnungen: Tetsuya Tsutsui
Übersetzung: Claudia Peter
je 210-226 Seiten, schwarz-weiß mit je 2 Farbseiten , Softcover, japanische Leserichtung
Preis: je 7,95 Euro
ISBN: 978-3551730749 (Band 1)
978-3551730756 (Band 2)
978-3551730763 (Band 3)

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Carlsen Manga