13 Jahre nach seinem Erscheinen in den USA hat es Craig Thompsons Erstlingswerk Good-bye, Chunky Rice auch endlich nach Deutschland geschafft, Thompson hat hierfür sogar den Titelschriftzug neu gelettert. Dabei ist höchstens die lange Wartezeit auf den Band verblüffend, nicht aber die Tatsache, dass er hierzulande überhaupt veröffentlicht wird. Immerhin ist der amerikanische Künstler spätestens seit seinem umfangreichen Liebescomic Blankets (Carlsen) und allerspätestens seit seinem aufsehenerregenden Mammutwerk Habibi (Reprodukt) ein von hiesigen Feuilletons (zum Großteil zu Recht) hofierter Zeichner.
Thompsons frühe Arbeit besitzt nicht die ganz große thematische Schwere, die seine späteren Comics kennzeichnet. Trotz kindlich-naiver Optik und vermenschlichter Tierfiguren darf man Mach’s gut, Chunky Rice allerdings nicht vorschnell als reine Kindergeschichte abtun. Thompson brachte vielmehr eine aus Metaphern und Allegorien bestehende Fabel zu Papier, die mit schwungreichem Erzählstil Emotionen transportiert.
Diese Emotionen erschließen sich einem aber nicht sofort. Das könnte an der unrealistischen Darstellung liegen oder an der teils verworrenen Charakterisierung der Figuren. Die Geschichte hallt emotional eher nach und lässt den Leser mit einem nachdenklichen Gefühl zurück. Das ist nicht verkehrt, aber in einer ganz anderen Stilistik, als man es von Craig Thompson gewohnt ist.
Die Handlung kreist um den kleinen Schildkröterich namens Chunky Rice, der aus Freiheitsgedanken heraus kurzerhand beschließt, übers große Meer zu den Kahootney-Inseln zu reisen. Dazu heuert er den schrägen Kapitän Chuck mitsamt dessen Kutter an. Zurück bleibt Dandele, eine Maus und ihres Zeichens beste Freundin von Chunky Rice.
So entspinnt sich eine, nicht nur wegen des Wellengangs, schaukelnde Story, in deren Zentrum Trennung und Aufbruch stehen. Craig Thompson legt hier nicht das ganz große Epos vor, aber eine illustre und anrührende Episode über die Schwierigkeiten der Freundschaft, die Sehnsucht nach neuen Abenteuern und die Angst vor dem Alleinsein.
Interessant ist, dass Thompson, obwohl es sich bei aller grafischen Fabulierfreude angeboten hätte, auf Farbe verzichtet hat. Vielleicht um das Ganze nicht zu kitschig oder kindlich wirken zu lassen, vielleicht aber auch, um bewusst einen Kontrast zu setzen zwischen der Gefühls- und der Grafikebene. Zumindest sind die Bilder dadurch sehr ausdrucksstark und heben Thompsons verspielte Panelanordnungen hervor.
Wertung:
Schöne Fabel für alle Altersklassen
Mach’s gut, Chunky Rice
Reprodukt, Juni 2012
Text und Zeichnungen: Craig Thompson
Übersetzung: Matthias Wieland
128 Seiten, s/w, Softcover
Preis: 16 Euro
ISBN: 978-3-943143-07-2
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Reprodukt