Rezensionen

Kommissar Eisele – Kripo Stuttgart

 

 Den Stuttgarter Martin Frei darf man mittlerweile schon fast zu den Veteranen unter den deutschen Comic-Zeichnern zählen. Seit bald 25 Jahren veröffentlicht er Comics und legt dabei eine erstaunliche stilistische und inhaltliche Palette an den Tag: Science Fiction (Gregor Ka), Horror (Kurzer Prozess), Fantasy (Asanghia), aber auch Krimi- (Tatort) und Funny-Comics (Superbabe) hat Frei bereits gezeichnet. Sein neuestes Werk ist eine Mischung aus den beiden letztgenannten.

Mit Kommissar Eisele – Kripo Stuttgart greifen Martin Frei und der Gringo-Verlag das Prinzip der im Buchmarkt höchst erfolgreichen Regional-Krimis auf: Krimigeschichten, die stark mit dem Ort der Handlung verknüpft sind und entsprechend auch vorwiegend ein Publikum ansprechen, das mit jenem Ort vertraut ist. In diesem Fall ist das natürlich Stuttgart – hier ist Martin Frei geboren, hier lebt und arbeitet er, und auch sein Verlag ist in der Region ansässig.

Dass Kommissar Eisele keinen allzu ernsthaften Ton anschlägt, sondern eher in Richtung Parodie geht, wird schon an den Einleitungsseiten klar: In einer kleinen Hommage an Asterix wird zuerst der Handlungsort vorgestellt („Ganz Baden-Württemberg?“), dann die Hauptpersonen („Unsere Stuttgarter“). Der Band enthält drei in sich abgeschlossene, relativ kurze Geschichten, in denen der leicht knorrige, schwäbelnde Kripo-Kommmissar Eisele je einen Mordfall aufklären muss. Dabei unterstützen ihn eine junge, aus Hamburg zugereiste Kollegin und der schwäbische Pathologe Nockel.

 Alle Fälle haben gemeinsam, dass sie zum Teil an bekannten Punkten der Landeshauptstadt spielen. Das gibt Martin Frei Gelegenheit, markante Hot Spots seiner Stadt (z.B. den Schlossplatz oder die Musikhochschule) in Szene zu setzen und sorgt bei Lesern, die Stuttgart kennen, für einen hohen Wiedererkennungswert. Lokalkolorit ist die große Stärke der Eisele-Comics: Frei erzählt Geschichten, die nicht nur zufällig in Stuttgart spielen, sondern gründlich mit dieser Stadt, mit ihrer Geschichte und mit der Mentalität ihrer Bewohner verknüpft sind. Zwei der drei Geschichten bauen auf historischen Fakten auf, die in einem informativen Anhang auch näher erläutert werden.

Zum Lokalkolorit gehört natürlich auch der Dialekt, der hier etwas inkonsequent zum Einsatz kommt. Zahlreiche Figuren im Comic sprechen  ein sanftes Schwäbisch, fallen aber zwischendurch immer wieder mal ins Hochdeutsche. Das macht die Lektüre für Nicht-Schwaben einfacher, lässt die Sprache aber ein bisschen inhomogen wirken.

Was die Krimihandlung angeht, sind die Geschichten recht simpel gestrickt. Aufgrund ihrer Kürze können und wollen sie keine ausgefeilten, cleveren Krimi-Plots erzählen, stattdessen geht es recht geradlinig zur Sache, die Fälle werden sehr schnell und nicht allzu originell gelöst. Ein packender Thriller will der Comic aber auch gar nicht sein, er will unterhalten und Spaß machen und enthält eine große Prise Humor. Wie man diesen beurteilt, ist Geschmackssache. Die meisten Gags sind eher brav und bieder und neigen bisweilen  zum Kalauer („Sieh es ei, dass wir dich überführt haben“). Ein gemütlicher, harmloser (vielleicht: schwäbischer?) Humor, dem ein bisschen mehr satirischer Biss gut getan hätte.

 Zeichnerisch gibt es dagegen gar nichts zu meckern. Freis Figuren sind in einem karikierenden Semi-Funny-Stil gehalten, während die Hintergründe, vor allem bei Außenszenen, sehr realistisch und detailreich gezeichnet sind. Mit seinen fast fotorealistischen Stuttgart-Ansichten lässt Frei keinen Zweifel daran, dass diese Geschichten wirklich dort spielen und nirgendwo sonst. Die Hintergründe wurden im Gegensatz zu den Figuren nicht getuscht, sondern als Bleistiftskizzen belassen – ein sehr gelungener grafischer Effekt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbindung zum Handlungsort Stuttgart hier ganz ausgezeichnet funktioniert. Der Comic atmet echtes Lokalkolorit und ist eine Empfehlung für alle, die im Raum Stuttgart leben oder eine Verbindung zu der Stadt haben. Der Krimi-Aspekt und der Humor funktionieren bei Kommissar Eisele leider weniger gut, so dass Nicht-Schwaben nicht ganz so viel Freude an dem Band haben dürften.

 

Kommissar Eisele – Kripo Stuttgart 1
Gringo Comics
, Dezember 2008
Text und Zeichnungen: Martin Frei
Softcover; schwarz-weiß; 118 Seiten; 9,80 Euro
ISBN: 978-3-940047-84-7

Vor allem für Stuttgarter zu empfehlen

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© der Abbildungen: Martin Frei / Gringo Comics