Rezensionen

John Lord 1&2

Cover John Lord 1Denis-Pierre Filippi und Patrick Laumond sind wahrlich keine Neulinge mehr. Zusammen haben sie einen Beitrag in der Vampire-Anthologie (Ehapa Comic Collection) abgeliefert und der Szenarist Filippi ist mit mehreren Alben auch auf Deutsch präsent, so etwa mit den Serien Ethan Ringler (Piredda) und Die Korsaren der Alkibiades (ECC). Jetzt haben sich beide für die Krimireihe John Lord wieder zusammengetan.

Die Grundidee ist dabei ziemlich einfach und nicht gerade neu, aber immer wieder interessant. Ein Einzelkämpfer mit anscheinend traumatischer Vergangenheit, John Lord, muss sich mit einem ungleichen Partner zusammenraufen und ein geheimnisvolles Verbrechen lösen. John Lord ist ein ehemaliger Beamter einer ungewöhnlichen Einrichtung: Unterstützt vom Bürgermeister gab es einst ein kleines Team, welches parallel zur Polizei Ermittlungen bei Verbrechen durchführte. Lord kommt nun, lange nach der Auflösung des Teams, zurück nach New York und leidet unter den Folgen des Ersten Weltkriegs. Doch sein ehemaliger Mentor und Freund wurde bestialisch ermordet und die Spuren des Täters sind sehr ungewöhnlich. Sie lassen nämlich eher auf ein Tier denn auf einen Menschen schließen. Zusammen mit einer jungen Frau macht er sich auf die Suche nach dem Mörder.

Wenn man den Inhalt so zusammenfasst, klingt es nach nichts und man mag sich fragen, warum man diesen Comic lesen sollte. Aber es lohnt sich, weil vor allem die Struktur sehr gelungen ist. Normalerweise nimmt es einem Krimi die Spannung, wenn der Leser mehr weiß als der Detektiv. Man sitzt dann da und möchte dem Ermittler zurufen: „Hey, sieh genau hin, da ist doch die Spur”, oder: „Das ist der Mörder, greif ihn!” Die eigenen grauen Zellen jedoch werden dann selten benutzt, weil man selber keine Überlegungen mehr anstellen muss, was wohin zu wem führen kann. So ist, wenn man als Leser mehr weiß, meistens der Weg das Ziel, was durchaus spannend sein kann, aber ebenso oft danebengeht.

Cover John Lord 2Hier allerdings erhöht es die Spannung, wobei der Leser zumindest im ersten Band eigentlich nicht behaupten kann, mehr zu wissen als die Ermittler. Es gibt nämlich einen parallelen Erzählstrang zu den eigentlichen Ermittlungen und die Spannung entsteht dadurch, dass der Leser nicht weiß, wie das alles zusammenhängt und ob es überhaupt eine Bedeutung hat. Man weiß noch nicht einmal, ob jene Geschehnisse vor dem Mord oder gleichzeitig stattfinden. Das ist schon sehr geschickt und man ertappt sich dabei, Verbindungen herzustellen, wo eventuell gar keine sind. Deutlicher wird das in Band 2, wo man diese Verknüpfungen vollzieht. Glücklicherweise gleichzeitig mit dem Detektiv, so dass man dann auf ein und demselben Level ist. Dabei entstehen sowohl beim Leser als auch bei den Figuren neue Fragen, die gelöst werden wollen und die einen den abschließenden dritten Teil sehnsüchtig erwarten lassen.

In obiger Hinsicht ist John Lord also sehr spannend und es ist eine ziemlich entidealisierte Tarzan-Stimmung auszumachen. Alles im zweiten Erzählstrang wirkt wie eine erneute Variation des Tarzan-Themas, verweigert sich aber jeglichen Anspielungen auf den edlen Wilden und negiert somit das, wofür der Dschungelheld steht. So ist die zeitliche Ansiedlung der Geschichte in die 1930er Jahre doppelt bedeutsam. Nicht nur trifft das mit dem Tarzan-Boom zusammen – vor allem die ersten Filme stammen ja aus diesen Jahren – sie liefern auch ein schönes Dekor. Vor allem wirft es vor dem Hintergrund der damaligen politischen Entwicklungen die Frage auf, was den Menschen eigentlich zivilisiert macht.

Allerdings ist der Held etwas zu undurchsichtig und nicht gerade sehr sympathisch ausgefallen. Man wollte wohl einen Hard-Boiled-Detective kreieren, vergaß aber die sympathischen Facetten. Lord ist etwas zu zynisch ausgefallen und alle Projektions- und Identifikationsversuche prallen an seiner harten Schale ab. Dafür sind Laumonds fotorealistische Zeichnungen aber sehr gelungen und haben eine sehr schöne Farbgebung.

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

Vor allem die geschickt aufgebaute Struktur macht die Serie spannend

 

John Lord
Epsilon Verlag, 2013
Text: Denis-Pierre Filippi
Zeichnungen: Patrick Laumond
Übersetzung: Johanna Stehr
je 56 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: je 12,50 Euro

Band 1: Wilde Tiere
ISBN: 978-3-86693-055-1
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Band 2: Wilde Menschen
ISBN: 978-3-86693-056-8
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Epsilon