Rezensionen

Iakes

Cover IakesDas titelgebende Iakes ist eine fremde Welt, parallel zu der unseren, zu der die Lebenden keinen Zugang haben. Es ist die Welt der Toten, und sie ist recht traditionell aufgeteilt in eine Ebene für wahrhaft gute Menschen und eine Ebene für böse Menschen und Verbrecher. Die dritte und größte Ebene aber ist Naka, die Ebene der „Normalen“, über die noch kein endgültiges Urteil gefällt werden kann. Diese Ebene ist der Welt der Sterblichen sehr ähnlich. In Iakes existiert ein streng überwachtes Eisenbahnsystem, das die Ebenen verbindet, aber nur ausgewählte Personen, die Mitarbeiter der Verwaltungsebene, dürfen diese benutzen.

Hauptperson der Geschichte ist Rik Wigand, Dozent am Institut für Kriminologische Sozialforschung, ein Mann mit herausragender Intuition, der aber seit dem Tod seiner Partnerin Nang aus der Bahn geworfen ist und an der Flasche hängt. Rik hat die Gabe, Geister zu sehen. Es sind die Geister der gewaltsam aus dem Leben gerissenen, die den Weg zum Portal nach Iakes nicht finden, da sie den Tod nicht akzeptieren können.

Eines Tages erhält Rik Besuch von seiner verstobenen Partnerin. Sie hat sich von der mittleren Ebene Naka auf die Verwaltungsebene von Iakes hochgearbeitet und kann sich frei bewegen. Ihre Aufgabe ist es, eine Mordserie aufzuklären, und da sie sich nicht anders zu helfen weiß, bittet sie ihren noch lebenden Ex-Partner um Hilfe; der konnte schon immer mehr sehen als andere. Alsbald führt sie ihn als ersten Lebenden in die Welt der Toten ein, eine Welt, in der es bisher ohne Mord und Totschlag zuging und die deshalb nicht einmal eine Mordkommission hat.

Seite aus IakesSoweit die Grundprämisse dieses Deutschmangas. Zugegeben, ich bin kein großer Fan solcher zusammenfantasierten Jenseitsentwürfe, aber spätestens seit den Fernsehserien Buffy und Angel ist ja bewiesen, dass auch aus scheinbar hanebüchenen Rahmenerzählungen heraus originelle, witzige und zutiefst berührende Geschichten entwickelt werden können. Leider macht die Autorin Miriam Esdohr in ihrem ersten Iakes-Buch aber bisher wenig aus dem Potenzial ihres Entwurfs. Da der Geisterseher Rik sich recht schnell nur noch in der Totenwelt bewegt, bleibt seine Gabe ungenutzt, und die Totenwelt zwischen Gut und Böse ist der unseren zu ähnlich, als dass es hier erzählerisch Funken schlagen würden. Man benutzt auch dort Handys, fährt Autos, geht in Kneipen, zahlt mit Geld und geht in Burgerrestaurants – so richtig mag man sich nicht vorstellen, dass das Jenseits so profan und farblos ist. Wo kommt in dieser Welt denn eigentlich das Fleisch her, wo das Geld? Und gibt es denn keine Umweltverschmutzung oder Korruption?

Ich hätte mich wirklich über eine originellere Handlung gefreut, denn die Welt von Iakes hat ihren Reiz und allein deren Existenz, Verwaltungsstrukturen und Hierarchien bergen eine Menge erzählerisches Potenzial. Am stärksten ist die Erzählung in der ersten Hälfte, in der die Figuren und die Welt eingeführt werden und die Dinge noch geheimnisvoll sind. Sobald der Hauptplot allerdings greift, verpufft die Faszination und die Geschichte wird wie automatisiertes Malen nach Zahlen zu Ende erzählt. Das sieht man auch den Einzelbildern und Seitenkompositionen an, die in der ersten Hälfte um einiges inspirierter wirken. In der zweiten Hälfte dagegen sind die Panels zum Teil bemerkenswert detailarm. Trotzdem wäre es schön, wenn dies nicht der letzte Iakes-Band bleiben würde. Jetzt, wo die Figuren eingeführt sind, kann es ja mit der großen Erzählung losgehen.

 

Wertung: 6 von 10 Punkten

Interessantes Comic-Debut, das sein erzählerisches Potenzial leider nicht voll ausschöpft.

 

Iakes
Comic Culture Verlag, April 2014
Text und Zeichnungen: Miriam Esdohr
192 Seiten, schwarz-weiß, Softcover
Preis: 7,90 Euro
ISBN: 978-3941886186
Leseprobe

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Abbildungen: © Miriam Esdohr/Comic Culture Verlag