Die in Erlangen lebende Comicbloggerin Lisa Neun veröffentlicht ihre autobiografischen Comicepisoden normalerweise regelmäßig in digitaler Form auf ihrem Blog. Daneben war sie u.a. bereits in den Anthologiereihen Panik Elektro und Jazam! vertreten. Im Dezember vergangenen Jahres publizierte sie schließlich in Eigenriege ihr erstes gedrucktes Buch. Fresh Fish heißt das Werk und beinhaltet laut seiner Schöpferin neben einem Best-of der Comics einen nicht unbeträchtlichen Anteil „Katzencontent“ sowie einen Hidden Track. Diese dreist lancierten Kaufsargumente sollte man allerdings nur insoweit wortwörtlich verstehen, als man der Aussage Glauben schenken darf, der Band würde exakt 9,99 Euro kosten, weil die Autorin eben Neun heißt.
Kurioserweise steckt der beste Gag des schmalen Büchleins bereits im Vorwort. Lisa Neun bildet darin mit ganz simplen Mitteln sich selbst ab, wie sie an einer Bar sitzt, daneben ein Goldfischglas und eine Uhr an der Wand, deren Zeiger auf 9 Uhr stehen (weil die gute Frau nun einmal Neun heißt). Weiter unten dann das gleiche Szenario als Dead-Fish-Version, Fisch und Mensch als Skelett). Fast schon philosophisch führt Lisa Neun dazu aus, dass sie hier die Dualität des Seins darstellen möchte und: „Die Fliegen symbolisieren den Teufel, der uns aber nicht holen wird. Weil rechts, da ist ein Spinnennetz, und da wird er sich früher oder später verfangen.“
Das ist absurder Humor, wie er im weiteren Verlauf des Bandes, wenn die eigentlichen Comicseiten anfangen, leider kaum mehr auftaucht. Überhaupt verbirgt sich in diesem Punkt das Dilemma der abgedruckten Stories: Lisa Neun berichtet aus ihrem Alltag. Wie in einem Tagebuch hält sie eher die kleinen Ereignisse und Begebenheiten ihres Lebens fest, sei es der Ärger mit ihrer Katze, der Mann-Frau-Konflikt zuhause oder Dinge, die ihr während der Arbeit als Ingenieurin auffallen. Einigen der zumeist ein- bis zweiseitigen Episoden fehlt durch diesen spontanen Charakter schlicht die Substanz. Nicht jede Alltagsbegebenheit ist am Ende auf dem Papier so spannend oder witzig für den Leser, wie man es sich als Künstler vorher im Kopf ausmalt. In einigen Comics gelingt ihr das sehr gut, in manchen wartet man auf die letzte Pointe, die Absurdität, die das gerade Geschilderte zum Schluss nochmal aufwertet. So wie es beispielsweise im Vorwort anklang (in etwa Richtung Nicolas Mahler).
Unterm Strich ist das Buch eine Zusammenstellung von sichtbar liebevoll gestalteten Comicgeschichten. Optisch fühle ich mich an die Strips von Leo Leowald erinnert. Auch in Fresh Fish sind die Zeichnungen nicht wahnsinnig aufwändig, dafür brilliert Lisa Neuns Stil mit einer variantenreichen und erklärenden Bildsprache abseits des eigentlichen Geschehens (Hinweispfeile, Gedankenblasen, Röntgenblicke). Das passt hervorragend zum Realitätsbezug, der dadurch spielerisch aufgelockert wird.
Wertung:
Unterhaltsam, lustig, aber manchmal springt der Funke nicht über
Fresh Fish
Eigenverlag, Dezember 2012
Text und Zeichnungen: Lisa Neun
68 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 9,99 Euro
ISBN: 978-300-040180-0
Direktbestellung (mit Signierwunsch!) per eMail: L9@lisaneun.com
Weitere Bezugsquellen stehen hier.
Abbildungen: © Lisa Neun