Henry fährt mit einem gelben Pick-Up durch die Gegend und vernichtet Ungeziefer. Nicht gerade ein Traumjob. Der gelbe Pick-Up gehört seinem Stiefvater Nils, der Chef eines kleinen Ladens namens Bug-Bee-Gone ist (“Excellence in Terminating“). Bug-Bee-Gone ist ein Sammelbecken für alle möglichen Sorten von Sonderlingen. AJ, der neben Henry im Pick-Up sitzt, ist ein sexistisches Schwein und jagt sich gerne blaues Vertilgungsmittel in die Venen. Stretch trägt einen Cowboyhut und glaubt an Karma und die Wiedergeburt. Und Kevin, naja – ist eben Kevin …
Henry passt da gut rein, obwohl er es noch nicht so richtig wahrhaben will. Er ist ein Ex-Knacki -auf Bewährung draußen -, der versucht, mit dem Job sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Irgendwie glaubt der Leser von der ersten Seite an nicht, dass daraus tatsächlich etwas wird. Denn Bug-Bee-Gone ist nicht einfach nur ein Sammelbecken für soziale Außenseiter. Hinter den gelben Pick-Ups, den Vertilgungsmitteln und den Atemmasken schlummert die geistige Haltung, mehr zu sein als ein Team von Kammerjägern. Die Jungs von Bug-Bee-Gone sind die Elite im Überlebenskampf der Menschheit. Ihre Gegner: Ratten, Kakerlaken und Waschbären. Mensch gegen Natur, Ordnung gegen Chaos. Nicht grundlos wird gleich zu Beginn der Untergang des Römischen Reiches beschworen. Alles, was von dem Weltreich blieb, waren Ratten, denen die Pest im Fell saß.
Der erste Band von Exterminators fühlt sich an wie der Auftakt zu einer großen, wirklich guten Geschichte. Der Plot setzt sich aus verschiedenen kleinen Handlungen zusammen, bedächtig verbunden durch originelle Details wie einen Skarabäus oder eine Schatulle mit vier Schlüssellöchern. Immer wieder hat man das Gefühl, den ganz normalen Alltag von Kammerjägern mitzuerleben, immer wieder das Gefühl, als würde es um etwas ganz anderes gehen. Bemerkenswert ist, dass das Ungeziefer immer dort auf dem Vormarsch ist, wo der sozialen Verantwortung die Puste ausgeht: in verfallenen Mietshäusern, in den Ghettos oder in einer halb vergessenen Nervenklinik. Es ist eine liebevolle Geschichte über Außenseiter, folgerichtig ist der einzige wirkliche Bösewicht – neben den Kakerlaken – ein gewissenloser Großkonzern. Und dazu stimmt die Optik. Zeichner Tony Moore ist bekannt dafür, sich viel Zeit für seine Panels zu nehmen. Für die Zombies in The Walking Dead studierte er eigens den Verfallsprozess von menschlichen Leichen. Dieses Mal hat er bestimmt Käfer und Kakerlaken observiert.
Exterminators beeindruckt durch eine witzige Idee, gut ausgearbeitete Figuren und tolles Artwork. Die recht ungewöhnliche und unterhaltsame Geschichte über Kakerlaken und ihre Jäger geht hoffentlich bald weiter. Denn noch ist die Menschheit nicht aus dem Schneider. Der Kampf gegen das Chaos geht weiter.
Nachtrag: Die Serie erwartet ein frühzeitiges Ende. Ursprünglich von Autor Simon Oliver auf 50 Ausgaben angesetzt, ist sie nun nach 30 Folgen in den USA bereits zu Ende. Grund waren schwächere Verkaufszahlen als erwartet. Trotzdem ist Exterminators abgeschlossen, denn Oliver schrieb die letzten Ausgaben so um, dass alle offenen Fragen geklärt werden. Ein Interview mit Simon Oliver und seinem Vertigo-Redakteur Jonathan Vankin zum beschleunigten Abschluss ist hier zu finden (englisch).
Exterminators 1 – Käferkiller
Panini Comics, Mai 2008
Text: Simon Oliver
Zeichnungen: Tony Moore
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Originalausgabe: The Exterminators #1-5 (DC Vertigo 2006)
132 Seiten, vierfarbig, Softcover; 14,95 Euro
ISBN 9783866075931
Cover © Panini Comics, Tony Moore