Rezensionen

Durandal 1 – Die bretonische Mark

Cover Durandal 1Autor Nicolas Jarry bleibt seinen Lieblingsthemen treu. Da wäre auf der einen Seite der Historiencomic, für den er mit Der tönerne Thron eine exemplarische Serie geschaffen hat, in der reale Geschehnisse mit einigen fiktionalen Figuren erzählt werden. Zum anderen tummelte sich Jarry mit Götterdämmerung und Odin ja auch schon in der Sagenwelt. Götterdämmerung (Splitter Verlag) war eine Bearbeitung bzw. Interpretation der Nibelungensage und Odin (Ehapa) ist eine Comicbiographie, wenn man es denn bei einem Gott so nennen kann, des Gottvaters der Asen.

Nachdem der Autor bereits die Nibelungen für den Comic bearbeitet hat, macht er sich nun an das französische Äquivalent. Was für die Deutschen die Nibelungensage, nicht nur vom Schauplatz her gesehen, sondern auch als identitätsstiftende Erzählung zu Zeiten, als es keine deutsche Nation gab, ist für die Franzosen das Rolandslied. Allen Fans des Mittelalters dürfte das Rolandslied bekannt sein, da es quasi von einem mustergültigen Ritter und seinem magischen Schwert erzählt.

Im Jahre 772 ist der Krieg Karls des Großen gegen die Sachsen auf dem Höhepunkt. Während eines entscheidenden Gefechts starb der Markgraf der Bretagne. Sein Enkel Roland, der noch ein Junge ist, aber schon fleißig an den Waffen übt, sehnt sich nach Ruhm und Ehre und ist erpicht darauf, das legendäre Schwert seines Großvaters, Durandal, zu erhalten. Doch eine geheimnisvolle Frau aus dem Norden fordert es ein und bekommt es zu Rolands Leidwesen auch. Vier Jahre später ist Roland ausgewachsen und muss erkennen, dass die Bretagne vielen Gefahren ausgesetzt ist. Sein Vater droht Opfer einer Intrige zu werden, Aufstände erschüttern das Land und auch im hohen Norden wird die Ordnung gestürzt.

Seite aus Durandal 1Im Gegensatz zu anderen Sagen und Legenden, sind im Rolandslied, und damit auch in der Comicadaption, die starken historischen Einflüsse deutlich benennbar. Während man sich bei den Nibelungen schon etwas auf die Suche nach dem historischen Hintergrund machen muss, beziehen sich die geschichtlichen Ereignisse des Rolandsliedes eindeutig auf die Ära Karls des Großen. Es werden gar konkrete Jahreszahlen genannt.

Im ersten Band wird dieser historische Pfad kaum verlassen. Es gibt zwar einige leichte Fantasyeinflüsse wie zum Beispiel Seherinnen und Orakel, die aber nicht sonderlich relevant sind. Drachen, Monster und anderes Getier kommen nicht vor. Vielmehr geht es um reale Bedrohungen wie Aufständische und Verschwörer. Die verschiedenen, gegeneinander intrigierenden Seiten bleiben allerdings noch etwas unklar.

Der ganze Band ist sehr stimmungsvoll und realistisch gezeichnet mit einer gelungenen Farbgebung. Man wird förmlich in die Zeit gezogen. Ähnlichkeiten zur Artussage und dem Schwert Excalibur sind natürlich alles andere als zufällig. Das Rolandslied ist für die Franzosen ebenso identitätsstiftend wie die Artussage für die Engländer und das Nibelungenlied für die Deutschen, jedoch sehr viel realistischer. So hat das Schwert Durandal wohl vermeintlich magische Kräfte, dient aber, wie Excalibur, hauptsächlich als Symbol. Das wäre eine Erklärung, warum Schwerter überhaupt Namen hatten. Zum anderen waren sie aufgrund ihrer Materialien und der Notwendigkeit des Gebrauches sehr kostbar und immer schon ein Statusmerkmal.

Insgesamt kann dieser erste von insgesamt vier Bänden noch nicht absolut überzeugen, bietet aber sehr gelungene Unterhaltung für Geschichtsfreunde, Mittelalterfans und Fantasyanhänger.

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

Stimmungsvolle, spannende, bislang etwas unübersichtliche Adaption des Rolandsliedes.

 

Durandal – Buch 1: Die bretonische Mark 
Splitter Verlag, April 2012

Text: Nicolas Jarry

Zeichnungen: Gwendal Lemercier

Übersetzung: Tanja Krämling

56 Seiten, farbig, Hardcover

Preis: 13,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-427-7

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag