Rezensionen

Der schreckliche Papst 2 – Julius II.

Cover Der schreckliche Papst 2Alexandro Jodorowsky schickt seinen schrecklichen Papst in die zweite Runde. Giuliano Della Rovere ist nun Papst geworden und nennt sich Julius II. Berauscht von seiner Macht und vor Liebe zu seinem Liebling Aldosi provoziert er seine Familie, die er selbst mit Ämtern und Schätzen ausgestattet hat. Nachdem diese aus Rache Aldosi ermordet, dreht Julius durch. Mit allen Mitteln und ohne Gnade will er Italien einigen. Natürlich unter seiner Herrschaft. Zugleich beauftragt er niemand geringeren als Michelangelo mit dem Bau eines kolossalen Grabmals.

Das ist aus historischer Perspektive interessant zu lesen und auch übersichtlich, da sich das Personal in Grenzen hält. Inwieweit es mit den Fakten übereinstimmt, kann hier nicht beurteilt werden. Bei manchen Übertreibungen und dem offenen Umgang mit Sexualität kommen aber Zweifel auf. Die Vergewaltigung Michelangelos kann man noch im Bereich des Glaubwürdigen einordnen. Aber dass die Schweizergarde gleichzeitig der Harem des Papstes ist? Das ist zwar eine nette satirische Idee, aber ob es sich hier um eine solche handelt, wird nicht so richtig klar. Gegenüber dem ersten Band, der im Grunde eine Krimistory um die Papstwahl erzählte, ist der zweite eher ein andauernder Wahn.

Seite aus Der schreckliche Papst 2Merkwürdigerweise gibt es keine einheitliche Erzählperspektive. Der erste Teil wird von Machiavelli himself erzählt, danach gibt es keinen identifizierbaren Erzähler mehr, was dem Band mehrere Brüche verleiht. Zudem existiert kein richtiger Spannungsbogen, weil dramaturgisch gesehen im Grunde kein Ziel verfolgt wird. Vielmehr jagt ein Exzess den anderen und ein Wahnsinn folgt dem nächsten. Anstatt durch eine raffinierte Story bleibt der Leser durch seine Sensationslust am Ball. Aber wo soll das hinführen? Ist das ein satirisches Portrait? Ist das eine Kritik an der dekadenten Kirche der damaligen Zeit? Ist das gar Kritik an Homosexualität und ein Plädoyer dafür, dass Homosexuelle keinen Einfluss haben sollen? Vielleicht wird das im dritten Band deutlicher. Jedenfalls besteht zwischen dem ersten und dem zweiten Teil der Serie ein erheblicher dramaturgischer Bruch.

Seite aus Der schreckliche Papst 2Zeichner Theo hingegen hat sich ganz schön gemausert. Während seine Zeichnungen in Der tönerne Thron (ebenfalls bei Splitter erschienen) noch sehr glatt und wenig differenziert gehalten sind, bannte er seine Illustrationen im ersten Band von Der schreckliche Papst bereits in große Panels, welche die ganze historische Wucht einzufangen vermochten – aber manche Hintergründe wurden nicht weiter ausgestaltet. Dieses kleine Manko wurde jetzt behoben und Theos Strich wird von Band zu Band sicherer. Leider neigt er zu Übertreibungen. Augen sind groß aufgerissen, glänzen vor Wahn und Verschlagenheit und neigen zu einer operettenhaften Stimmung. Subtilität in der Mimik wird man hier vergebens suchen. Die Hintergründe zwar sehr viel detaillierter, aber die Gesichter rutschen in eine persiflierende Richtung. War eine Satire auf Macht und Religion etwa wirklich das Ziel? Dafür sind die inhaltlichen Bezüge einfach zu undeutlich. Immerhin ist die Lichtgestaltung in der Kolorierung von Florent Bossard immer noch herausragend.

 

Wertung: 6 von 10 Punkten

Sensationslust treibt den Leser von einer Seite zur anderen, aber ansonsten ist der Band recht ziellos und uneindeutig.

Der schreckliche Papst 2 – Julius II.
Splitter Verlag, Oktober 2011
Text: Alexandro Jodorowsky
Zeichnungen: Theo
56 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-162-7
Leseprobe

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag