Rezensionen

Der Krieg der Orks 1 – Die Kunst des Krieges

Cover Krieg der OrksEine neue Serie mit Orks in der Rolle der Helden? Das verwundert einen natürlich ein bisschen, schließlich sind die garstigen Gesellen die hauptsächlichen Schurken im Fantasygenre. Vor allem nach ihrer Erfindung durch J.R.R. Tolkien für Der Hobbit und Der Herr der Ringe kennt man sie nur als Bedrohung und als Schlachtfutter. Geht es jetzt um eine Ehrenrettung der kriegerischen Menschen-, Hobbit- und Zwergenfresser?

Das haben zuvor schon Romanautoren wie Stan Nicholls versucht, aber das Image der Orks ist nach wie vor schlecht. So verzichtet Autor Olivier Peru darauf, dem Volk einen neuen Charakter zuzuschreiben. Die Orks sind weiterhin kriegerisch und wollen nur Zerstörung, Gemetzel und Fleisch. Doch Peru hat schon in seinen bisherigen Serien immer wieder bewiesen, dass er altbekannten Stoffen das gewisse Etwas verleihen kann, was seine Erzählungen innerhalb der Genres ganz besonders macht. Dabei verzichtet er darauf, alles neu erfinden zu wollen. Stattdessen fügt er einige neue Aspekte ein, die Altes ganz frisch aussehen lassen. So war das bei Nosferatu, Lancelot und vor allem bei Zombies, und auch hier ist das wieder der Fall.

Die Grundcharakteristika der Orks werden beibehalten. Somit werden Fans und Fantasyfreunde nicht verprellt, bekommen aber dennoch einen neuen Einblick. Ein Orkkrieger überlebt eine große Schlacht und muss feststellen, dass er der einzige Überlebende des Orkheeres ist. Er ist mit der Tradition unzufrieden und erkennt die Notwendigkeit, sich weiter zu entwickeln. Im Gegensatz zur traditionellen Taktik, drauflos zu stürmen und zu töten, entwickelt er Pläne und Strategien. Obwohl er sich damit Feinde zuzieht, kann er den König der Orks und dessen Sohn auf seine Seite ziehen. Und deren Unterstützung wird dringend benötigt, denn Menschen, Elfen und Zwerge rüsten zum finalen Schlag.

Seite aus Der Krieg der OrksDer Titel des ersten Bandes ist sehr passend: „Die Kunst des Krieges“, so heißt auch das zentrale Lehrbuch der japanischen Kriegsführung. Und so überschaubar die Handlung hier eigentlich ist, denn es geht eben um die Verfeinerung von Strategien, so spannend ist es doch zu lesen. Gut, im Grunde ist der Comic eine einzige Schlachtplatte und die Gegenwehr gegen die Neuerungen kommt etwas zu kurz. Interessant ist aber die Perspektivverschiebung, die Peru hier wieder einmal vornimmt. Die Orks sind die Hauptfiguren, werden aber dadurch nicht gerade sympathischer. Viel interessanter sind die anderen Völker, welche eher im Gegensatz zu dem stehen, wie Tolkien sie beschrieben hat. Nicht nur durch die neue Perspektive werden sie zu Schurken: Menschen sind gerissen und heuchlerisch, Zwerge sind demütig und charakterlos und die Elfen sind arrogant, herrisch und brutal. Es ist ein ganz einfacher Kniff, den Peru hier benutzt. Trotz leichter Verschiebungen werden die Schemata des Genres nicht zerstört und somit die Mythen nur noch bestätigt.

Da die einstigen Helden der Fantasyklassiker hier die Schurken sind, sitzt der Schock bei Fans womöglich tief und die neuen Helden sind gar keine. Hier wird deutlich, dass List durch Feigheit nötig wird, und auch so leistet sich Peru einen Schlag gegen Althergebrachtes. Dabei werden vor allem auf der graphischen Ebene viele Elemente des Reiches von Tolkien zitiert. Sowohl die monumentalen Schlachten als auch die Bauten sowie Fauna und Flora könnten genauso aus dem literarischen Klassiker stammen. Zeichner Daxiong kann alles gut übersetzen und liefert gute, übersichtliche, aber dennoch sehr realistisch gehaltene Zeichnungen ab. Kurz und gut: ein Band voller Action, der manchmal etwas brutal geraten ist, der aber Fans und Fantasyfreunde mit neuen Aspekten konfrontiert und mit so einigen Überraschungen aufwarten kann.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Gelungener Serienauftakt voller Action, der dem Genre durchaus neue und frische Aspekte abgewinnen kann, ohne von den Schemata abzuweichen.

 

Der Krieg der Orks 1 – Die Kunst des Krieges
Splitter Verlag, April 2013
Text: Olivier Peru
Zeichnungen: Daxiong
Übersetzung: Resel Rebiersch
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-581-6
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag