Rezensionen

Der Feind 1: Die Fliegen

Yasmine Giggs ist eine aufstrebende Kriminologin, die zusammen mit einem angehenden Anthropologen und einer jungen Psychiaterin ein Expertenteam bildet, das Inspektor Lowry bei der Aufklärung einer bizarren Mordfallserie helfen soll, bei dem die Opfer gehäutet und ihnen Fliegenmaden in die Körperöffnungen gesteckt werden. Wenn die Polizei die Toten findet, werden diese immer bereits von Unmengen von Fliegen umschwärmt.
Die Ermittler finden schnell heraus, dass die Insekten eine symbolische Bedeutung haben. Und auch eine zur Aufklärung gern gesehene Gemeinsamkeit der Opfer kristallisiert sich heraus. Dies alles führt die Gruppe unerwarteterweise in klerikale Kreise.

Doch das ist nur die vordergründige Geschichte. Weitaus interessanter ist, dass Yasmines Vater einem Geheimbund anzugehören scheint, der in die Morde verstrickt ist… Und er ahnt eine Gefahr für seine Tochter, denn er hält sich nicht mehr an die Regeln dieser Gesellschaft. Wie ernst es wird, merkt Yasmine, als sie im Haus der eigenen Familie angegriffen wird und nur durch eine zunächst unbekannte dritte Person ihr Leben behält.

Immer mehr vermischen sich Berufs- und Privatleben. Yasmine verliert zunehmend die Kontrolle und sie kann nur noch hilflos zuschauen, wie ihr Fundament aus scheinbar sicheren Fixpunkten in ihrem Leben auseinanderbröselt.

Dies alles hört sich vermutlich einigermaßen spannend an – ist es aber leider nicht wirklich. Die interessante Grundidee, über den Serienmörderplot eine geheimnisvolle Familiengeschichte drüberzulegen, bei der Vater und Tochter zuerst anscheinend auf verschiedenen Seiten stehen, geht völlig unter in dem Chaos dieses Bandes. Die Geschichte drängt nach vorne, hat aber viel zu viele Handlungslücken, die mich mehr als einmal daran zweifeln ließen, dass ich hier wirklich den ersten Band einer Serie lese. Gerade bei einer Serienmörderjagd, wie sie hier auf den ersten Anschein im Mittelpunkt steht, sollten die Schlüsse, die die Protagonisten ziehen, zumindest einigermaßen nachvollziehbar sein. Hier geht alles hopplahopp, und man fühlt sich als Leser irgendwo zwischen überrumpelt bis bevormundet.
Ich weiß nicht, was der Autor Thierry Robberecht noch alles vorhat, dass er es in Die Fliegen so eilig hat, aber die Handlung hätte man guten Gewissens auf zwei Bände aufteilen und mit mehr Hintergrund erzählen können.

Die nicht sehr überzeugende Autorenleistung ist umso mehr zu bedauern, als dass der Zeichner Alberto Pagliaro und der Kolorist Cosimo Lorenzo Pancini eine wunderbare Arbeit abliefern. Die reizvollen, etwas kantigen Figuren haben mich des öfteren – positiv – an Powers von Mike Oeming erinnert, und die in großen Teilen monochromatische Farbgebung ist sehr stimmungsvoll. Etwas mehr Emotionen hätten den Figuren allerdings gut getan, in manchen Situationen wirken salzsäulenhafte Gesichtszüge und Körpersprache nicht so ganz überzeugend… Und Fliegen mit Saugrüssel verwirren mich. Die haben doch eher sowas zum Ausklappen?

Bei der deutschen Bearbeitung liegt einiges im Argen. Die Schriftart des Letterings ist meiner Meinung nach nicht so geschickt gewählt und die Rechtschreibfehler springen einem ins Auge. Die Übersetzung kommt an manchen Stellen recht verkrampft rüber und liefert eindeutig zu viele Ausrufezeichen mit.

Ich wünsche der Serie, dass der 2. Band nahbarer wirkt und sein Tempo etwas zügelt, damit wir hinterkommen. Der Ansatz ist an sich gut und spannend, wenn nicht… ja, es gibt viele wenns. Hoffen wir auf das Beste. Es wäre schade, wenn ein so schönes Artwork und eine vielversprechende, geheimnisvolle Idee weiterhin untergehen würde in einem Wust von hektischen, unverständlichen Vorkommnissen wie hier geschehen. Und etwas mehr Sorgfalt bei der Übersetzung und dem Lektorat würde dem Eindruck des 2. Bandes sicherlich auch gut tun.
Übrigens sei der sensible Leser gewarnt: in Der Feind 1 gibt es sowohl Nackt- als auch Leichendarstellungen.

Der Feind 1 – Die Fliegen
Epsilon Verlag
Text: Thierry Robberecht
Zeichnungen: Alberto Pagliaro
Farben: Cosimo Lorenzo Pancini
48 Seiten, farbig, Softcover; 10,- Euro
ISBN: 3937898166

nicht so doll

Bildquelle: Epsilon Verlag