Rezensionen

Dan Cooper Gesamtausgabe 3 – Gewagte Geheimnisse

Cover Dan Cooper Gesamtausgabe 3Dan Coopers Abenteuer, das sind Die großen Abenteuer unserer Zeit, das sind Die großen Flieger- und Rennfahrercomics. Dan Cooper, das ist MV-Comix und vor allem Zack. Dan Cooper, der Testpilot, ist nicht subversiv oder defätistisch. Er steht für die Werte des Westens, für den Sieg der Technik über die Natur und für die Segnungen des Fortschritts. Dan Cooper, das ist ist auch Kameradschaft und Treue, der Glaube ans Gute und das Vertrauen und Wissen darüber, auf der richtigen Seite zu stehen. Ist es naiv, an die gute starke Hand von Militär und Staat zu glauben, die die Dinge richten kann?

Albert Weinbergs Dan Cooper ist auch die Reihe, die gleich zweimal durch den französischen Starautor Jean Michel Charlier gerettet worden ist: Einmal, als dieser sich bereit erklärte, für Albert Weinberg die Szenarien zu schreiben und ein weiteres Mal, als er damit wieder aufhörte. Es war Charliers Beitrag, der Weinbergs anfänglich eher brave Ligne-Claire-Serie zum modernen Actionkracher verwandelte. Trotzdem verließ Charlier die Reihe noch rechtzeitig, bevor die Serie vollends vom Charlier-Touch umprogrammiert wurde.

Im vorliegenden Band, der zwar die Nummer 3 trägt, aber als erster in dieser Gesamtausgabe von Epsilon erschien, befinden sich die zweite und dritte von Charlier geschriebenen Geschichte, auch wenn dessen Name auf dem Cover nicht vermerkt ist. Seine Autorenschaft war lange Zeit nur Eingeweihten bekannt, bevor sie öffentlich wurde (siehe u.a. den Artikel von Bernd Weckwert in Sprechblase 225), doch spürt man seine Handschrift in jedem Panel. Die schon beinahe minutiös getaktete Verschwörung in der ersten Geschichte, „Ein Handstreich“, ist ebenso unverkennbar Charlier wie der typische Pilotenklamauk, der immerhin eine recht authentische Militäratmosphäre erzeugt und tatsächlich mitunter recht amüsant ist. Der Plot handelt davon, dass eine fremde Macht einen Prototypen entführen möchte, der während der Testphase spionagesicher im eisigen Nordkanada abgeschirmt ist. Dazu sprengen die Verschwörer kurzerhand ein Flugzeug mit Experten, das zum Testgebiet unterwegs ist, in die Luft und ersetzen es punktgenau mit einem identischen Zweitflugzeug mit eigenen Leuten. Dieses Husarenstück ist aber nur der Auftakt einer spannenden, wendungsreichen Geschichte in polarer Eiswüste, die Charlier ebenso routiniert wie geschickt von einem Höhepunkt zum nächsten treibt.

Seite aus Dan Cooper Gesamtausgabe 3Die zweite Geschichte, „Die Jaguarstaffel“, spielt in Lateinamerika: Banditen wollen mit gezielten Flugzeugattacken einen Konflikt zwischen Nicaragua und Honduras provozieren. Dan Cooper übernimmt die Leitung einer kleinen, internationalen Pilotengruppe, die mit Aufklärungsflügen eine kriegerische Eskalation verhindern soll. Die Geschichte ist psychologisch geraten. Zwar sind die Figuren, wie stets, feste Typen mit eingeschränktem Entwicklungspotenzial, doch sind sie keine strahlenden Helden mehr, dafür sind sie zu verstrickt in widersprüchliche Befehle, Gruppenprozesse und persönliche Abhängigkeiten. Die interessantere Figur ist der amerikanische Pilot Lang, der in seiner Karriere stets Pech hatte und deshalb den Grobian und Säufer gibt. Er wird von den Piloten des Teams angefeindet und die Gruppendynamik lässt Lang bis zuletzt keinen Platz in der Gesellschaft der Guten finden, zumal intrigante Verschwörer den Gruppenkonflikt zusätzlich anschüren. Dieses persönliche Drama ist das eigentliche Herz der Geschichte, die ich persönlich zu den besten mir bekannten Beiträgen zum Fliegergenre rechne.

Man merkt beiden Geschichten an, dass Charlier Dan Cooper in seiner erzählerisch wohl fruchtbarsten Phase schrieb. Vielleicht sind die Geschichten sogar deswegen so gut geraten, weil er sie nicht für seine Stammserien Mick Tanguy und Buck Danny entwarf, denn dies erlaubte ihm, neue Ideen und Ansätze auszuprobieren. Und dass er diese starken Plots damals ohne namentliche Erwähnung verfasste, zeugt von seiner damals wohl grenzenlosen Souveränität. Gute Geschichten, so scheint es, sind ihm nur so aus dem Handgelenk geflossen.

Die letzte Geschichte, „Gewagte Geheimnisse“, ist von Albert Weinberg selbst verfasst. Auch Weinberg baut reichlich Spannungsmomente und Drama in die Geschichte ein, doch erreicht diese nur ansatzweise die Dichte eines Charlier-Plots. Dennoch sollte sich der Autorenwechsel langfristig als wohltuend für die Reihe erweisen. Dass Albert Weinberg nicht die Popularität eines Charlier erreicht hat, liegt sicherlich an dem mitunter belehrenden Duktus seiner späteren Geschichten, die er oft mit technischen Daten und Zeichnungen überfrachtete. Davon war er in den Sechziger Jahren aber noch weit entfernt. In den Folgejahren sollte er noch viele unterhaltsame Geschichten kreieren, die es von einem Charlier nie gegeben hätte.

Dan Coopers Abenteuer, so dachte ich einmal, das wären im Zeitalter der Smartphones und Drohnen schon lange nicht mehr die Abenteuer unserer Zeit. Aber es scheint, dass man gerade im angehenden 21. Jahrhunderts wieder verstärkt von Provokateuren und Banditen lesen muss, die tatsächlich Kriege schüren wollen. Und auch als kürzlich Nachrichten über ein verschwundenes Flugzeug die Welt in Atem hielten, hatte man das Gefühl, dass die Welt manchmal einem Comic gleicht. Das hätte es nicht gebraucht.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Fliegergeschichten aus der goldenen Ära der europäischen Abenteuercomics. Mitreißend und unendlich nostalgisch.

 

Dan Cooper Gesamtausgabe 3 – Gewagte Geheimnisse
Epsilon, August 2013
Text: Jean Michel Charlier, Albert Weinberg
Zeichnungen: Albert Weinberg
Übersetzung: Klaus Jöken
200 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 35,00€
ISBN: 978-3-86693-059-9
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Epsilon