Rezensionen

Daffodil – Die Vampiragentin

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daffodil coverWer erwartet, dass Monster Allergy-Zeichner Giovanni Rigano hier eine lustige Vampirgeschichte für jüngere Leser vorlegt, sei gewarnt: Der vorliegende Band, der die drei in Frankreich erschienenen Alben um die Vampirin Daffodil beinhaltet, trieft geradezu vor Blut! Der rote Lebenssaft wird hier so reichlich vergossen, dass er gefühlt fast schon über die Panels schwappt, und ist zudem mit unzähligen abgetrennten Köpfen und Gliedmaßen garniert.

In der ersten blutigen Geschichte werden die Titelheldin und ihre beiden Kolleginnen Globuline und Achilles, allesamt Agentinnen im Auftrag des „Parlaments der Vampire“, in die Hafenstadt Addio-Colonnello geschickt, wo der abtrünnige Vampirlord Nosferatu mit seinen Anhängern Amok läuft und Bevölkerung wie auch herbeigeeilte Schutztruppen zerfleischt. Vor Ort finden die drei Blutsaugeragentinnen jedoch bald heraus, dass Nosferatu den Vampirangriff nur als Ablenkung von seinem eigentlichen, natürlich viel größeren und übleren Vorhaben inszeniert und auch der Kommandant der menschlichen Verteidiger eine unerwartete Rolle bei dem Ganzen spielt.

Zeichnerisch ist das Ganze äußerst schick umgesetzt und koloriert, nur will der allzu niedliche italo-disneyeske Stil nicht so recht zum Geschehen passen. Der extreme Gegensatz von Form und Inhalt ist beileibe nicht uninteressant, irritiert aber letztendlich mehr als dass er Spaß macht. Dies gilt auch für die Darstellung der Vampiragentinnen Daffodil, Achilles und Globuline als Mischung aus süßen, großäugigen Disneyprinzessinen und aufgesexten, brutalen Super-Lolitas.

Offenbar war auch Giovanni Rigano, den die vorausgegangene Arbeit an kindertauglichen Stoffen wie Monster Allergy und Comics zu Lilo & Stitch und Die Unglaublichen sichtlich geprägt hat, nicht ganz zufrieden mit dieser Optik, denn im Laufe der drei Geschichten wandelte er seinen Stil immens. Während er für Teil 2, der inhaltlich direkt an die erste Episode anschließt, nur ein leicht verändertes Figurendesign und einen noch größeren Detailreichtum einbringt, hat sich Rigano in der dritten, für sich stehenden Geschichte, schon ein ganzes Stück vom Disneylook entfernt. Leider wirkt sein „erwachsenerer“ Zeichenstil im Vergleich zur sehr gekonnten Cartoonoptik um einiges ungelenker und die drei Vampirinnen stehen oft wie steife Schaufensterpuppen in einem Gothicladen in der Gegend herum. Die manchmal eh schon arg unübersichtlichen Panels werden zudem durch den Versuch von Kolorist Lamanna, hier mit düsteren, hauptsächlich grün-braunen Farben Atmosphäre zu erzeugen, teils schwer entzifferbar gemacht.

daffodil 01Storytechnisch ist der Band leider genauso uneben geraten. Es scheint, dass Szenarist Brrémaud (alias Frédéric Brémaud) sich nicht ganz klar war, was genau er eigentlich erzählen will – und in welchem Ton. In den ersten beiden, zusammenhängenden Episoden „Adio-Colonnello“ und „Nosferatu“ werden viele, teils interessant erscheinende Ideen aufgegriffen und dann schnell wieder fallengelassen, z.B. die Bomben, welche die Agentinnen zwecks Überwachung(?) in sich tragen. Figuren, wie der hünenhafte Gefangene Nosferatus, werden eingeführt und dann mit einem Schlag aus der Handlung genommen, ohne wirklich geglänzt zu haben. Zudem wirken Handlungselemente oft mühsam konstruiert. Zum Beispiel halsen sich die drei Vampirinnen früh in der ersten Episode zwei niedliche Kinder als gar nicht wirklich benötigte „Geiseln“ auf, die sie fortan mit sich rumschleppen müssen – und dass offensichtlich nur, weil der Autor hier eine Chance für „comic relief“ sah. Die drei Hauptfiguren selbst bleiben zudem – schnarchige Vampirwitze mal beiseite – reichlich blass und ihre so unterschiedlichen Charaktere, die Rigano im angehängten Interview erwähnt, kann man mehr erahnen als dass sie wirklich durchscheinen.

Die dritte, für sich stehende Episode „Das Monster“ hat einen merklich ernsteren und erwachseneren Ton und mit einigen wirklich gruseligen Szenen und Figuren durchaus Horrorpotenzial, frustriert jedoch neben dem manchmal schwer durchschaubaren Artwork mit einem furchtbar überhastet wirkenden und verwirrenden Finale und einem offenen Ende, das den Eindruck erweckt, der Autor sei selbst überrascht gewesen, dass die Geschichte plötzlich vorbei sei. Noch unbefriedigender erscheint dies angesichts der Tatsache, dass der letzte Daffodil-Band 2007 in Frankreich erschien und bis heute keine Fortsetzung geplant ist.

Der faire Preis und das Bonusmaterial, bestehend aus Zeichnerinterview und ausführlicher Künstlergalerie sowie die vorbildliche Verlagsprozedur, dem Käufer des Printcomics zugleich Anrecht auf eine digitale Kopie zu gewähren, können über all diese Kritikpunkte nur gelinde hinwegtrösten.


Wertung
: 4 von 10 Punkten

Die blutige „Drei Engel für Charlie“-Vampirvariante wird durch erzählerische Mankos leider ziemlich ausgebremst

 

Daffodil – Die Vampiragentin
dani books, Mai 2013
Text: Brrémaud
Zeichnungen: Giovanni Rigano
Übersetzung: Gerd Syllwasschy
192 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 14 Euro
ISBN: 978-3-944077-33-8
Leseprobe

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Abbildungen © Giovanni Rigano & Frédéric Brémaud, der dt. Ausgabe: dani books