Rezensionen

Da war mal was…

 2007 erschien im Berliner Tagesspiegel erstmals eine Episode mit dem Titel Da war mal was … Zeichner Flix gab darin eine persönliche Erinnerung an die Zeit zum Besten, in der es noch ein geteiltes Deutschland gab. Daraus wurde eine Serie, deren einzelne Folgen bis heute regelmäßig im Tagesspiegel erscheinen. In einer Buchausgabe vom Carlsen-Verlag kann man nun den Großteil davon auch gesammelt lesen.

Nur in der ersten Episode erzählt Flix eine eigene Anekdote, ansonsten lässt er Freunde und Bekannte zu Wort kommen und setzt deren „Erinnerungen an hier und drüben“ (so der Untertitel des Buchs) in Bilder um. Fast alle von ihnen sind heute wohl zwischen 30 und 40 Jahre alt, erlebten folglich die Zeit der deutschen Teilung als Kinder. Es sind also Kindheitserinnerungen: an die 80er Jahre, an die BRD, an die DDR und vor allem an die jeweilige persönliche Beziehung zu „drüben“. Das Verhältnis zwischen ehemaligen „Ost-Kindern“ und „West-Kindern“ hält sich dabei in etwa die Waage.

Die kurzen Episoden erzählen kleine Geschichten, manchmal harmlos, manchmal witzig, manchmal nett, zwischendurch aber auch mit sehr ernsthaften Untertönen. Auch Mauertote und Stasispitzel sind Thema, werden aber eher subtil behandelt. Im Vordergrund stehen alltägliche, private Erlebnisse, die Politik liefert nur den Hintergrund. Am Stück gelesen erlauben die Da war mal was-Comics einen guten Blick auf die Art, wie das deutsch-deutsche Verhältnis aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen aussah. Ein Blickwinkel, der in den üblichen medialen Erinnerungsformaten, wie sie jetzt wieder überall zu sehen und zu lesen sind, eher selten vorkommt.

 Die einzelnen Comics, die in der Zeitung beinahe eine ganze Seite einnehmen, sind im Carlsen-Sammelband auf jeweils drei Seiten umgebrochen, und statt Zeitungs- gibt es Hochglanzpapier. Das lässt die gelungene Farbgebung gut zur Geltung kommen, mit der Flix hier arbeitet: Jede Episode erhält ihren eigenen Farbton (mal gelb, mal rot, mal grün usw.), der dann in verschiedenen Abstufungen verwendet wird. Überhaupt spielt Flix hier auf originelle und interessante Art und Weise mit grafischen Ausdrucksmitteln: Während der Zeichenstil im Prinzip stets der gleiche bleibt (jener unverkennbare Strich mit den dicken eckigen Nasen), wird in den Details sehr viel variiert. Da gibt es als Hintergrund mal Karo- und mal Packpapier, da wird eine Geschichte in Form eines Memory-Spiels erzählt oder mit zahlreichen kleinen Panels, in der nur kleine Schattenrisse zu sehen sind.

Dieser Band (der natürlich nicht ganz zufällig passend zum 20jährigen Jubiläum des Mauerfalls erscheint) erweist sich nicht nur als kurzweilige und visuell äußerst vielseitige Lektüre, sondern bietet mit den ganz persönlichen, grafisch interpretierten Erinnerungen auch eine „Oral History“, einen originellen Beitrag zur deutsch-deutschen Geschichtsschreibung, der sich angenehm vom Guidoknopp'schen Erinnerungs-Einerlei abhebt.

Da war mal was … Erinnerungen an hier und drüben
Carlsen Comics,
August 2009
Text und Zeichnungen: Flix
Hardcover; 96 Seiten; farbig; 14,90 Euro
ISBN: 978-3-551-78968-6

Deutsch-deutsche Geschichte, grafisch toll umgesetzt

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Abbildungen: © Carlsen Verlag